Wovon wir träumten - Julie Otsuka
Beschreibung des Verlages:
Mit vielen Fragen, leichter Wehmut und grossen Hoffnungen im Gepäck
überqueren sie den Ozean: junge Japanerinnen, die Anfang des 20.
Jahrhunderts ihre Heimat verlassen, um in Amerika zu heiraten. Doch
bisher kennen sie ihre künftigen Ehemänner nur von den strahlenden
Fotos der Heiratsvermittler...
Meine Meinung:
"Wovon wir träumten" ist ein Buch, das wohl niemanden kalt lässt und darum bin ich nach der Lektüre sehr erstaunt, dass ich noch nie zuvor von diesem Buch gehört habe. Das Schicksal der teilweise sehr jungen, unerfahrenen und hoffnungsvollen Japanerinnen hat mich berührt, erschüttert und sehr nachdenklich gemacht. Ich war froh, in der heutigen Zeit und unter heutigen Bedingungen zu leben, die es einer Frau ermöglichen, selber zu wählen, wen sie heiraten und in der es Gewerkschaften gibt, die sich für uns Angestellten einsetzen und die menschliche Bedingungen für jede noch so anstrengende und schlecht bezahlte Arbeit schaffen oder dabei sind, zu schaffen.
Ich kann, auch nach fast einer Woche, noch kaum in Worte fassen, was dieses Buch in mir ausgelöst hat und was dieses Buch mir bedeutet. Ich habe etwas anderes erwartet und viel mehr bekommen. Viel mehr Weisheit und Schönheit, aber auch mehr Schmerz, Verzweiflung und zerstörte Träume.
Handlung und Schreibstil:
In Amerika angekommen werden die jungen Japanerinnen erst einmal vor eine grausame Wahrheit gestellt. Keiner ihrer Männer sieht aus wie auf der Fotografie, die sie vom Heiratsvermittler bekommen haben. Eine weitere Station auf ihrer Reise ist die meistens ziemlich unangenehme Hochzeitsnacht (zum Zitat) und als die Frauen dann erfahren, dass ihre Männer in den meisten Fällen keine reichen Besitzer grosser Firmen oder Güter sind und das grosse Schuften auf den Feldern beginnt und als dann die japanische Grossmacht im zweiten Weltkrieg Pearl Harbor bombardiert, ist es plötzlich die Weltgeschichte, die den Japanerinnen erneut die Heimat raubt.
Mehr verrate ich jetzt nicht dazu. Wichtig zu wissen ist aber, dass fast alle Kapitel in "wir-Form" geschrieben sind. Der Leser begleitet also nicht einzelne Frauen durch ihr Schicksal, sondern erfährt immer viele Geschichten von fast allen Frauen. Es geht um den harten Arbeitsalltag, die Kinder, die sie bekommen, ihre Freundschaften und die Beziehungen zu ihren Männern.
Dieser Stil hat mich total gefesselt und ich denke, dass es wahrscheinlich deshalb eindrücklicher war, als von einzelnen Frauen und Männern zu lesen. So wird nämlich auch gleich aufgezeigt, dass das japanische Viertel der Stadt für die Amerikaner aus einer grosse Anzahl nicht voneinander zu unterscheidenden Menschen bestand und dass diese Menschen somit auch weder Rechte, noch Schutz hatten.
Was ich ein wenig schade gefunden habe, ist das fehlende Nachwort. Ein offenes Ende stört mich überhaupt nicht, aber wenn für mich bis zum Ende nicht wirklich klar wird, auf welchen Quellen genau ein Buch basiert und was nun historisch belegt und was der Fantasie des Autors entsprungen ist, macht mich dies immer ein wenig unruhig. Aber vielleicht ist es genau dies. Eine wunderschön geschriebene und sehr tragische Geschichte, die berühren und aufrütteln will ohne dabei immer historisch belegt zu sein.
Meine Empfehlung:
Dieses Buch empfehle ich euch wärmstens. Ihr solltet für die Lektüre genügend Zeit mitbringen, um euch dabei einiges durch den Kopf gehen zu lassen und vielleicht eine gute Freundin, mit der ihr das Buch und dessen Inhalt besprechen könnt.
Zusätzliche Infos:
Autorin: Julie Otsuka
Fester Einband: 160 Seiten
Sprache: Deutsch
Originalsprache: Amerikanisch
Übersetzt von: Katja Scholtz
Verlag: mare
ISBN 978-3-86648-179-4
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