Rezension: Ein wenig Leben

 
Ein wenig Leben - Hanya Yanagihara

Beschreibung des Verlages:
Jude, JB, Willem und Malcolm: vier Männer in New York, die sich am College kennengelernt haben. Jude St. Francis, brillant und enigmatisch, ist die charismatische Figur im Zentrum der Gruppe – ein aufopfernd liebender und zugleich innerlich zerbrochener Mensch. Immer tiefer werden die Freunde in Judes dunkle, schmerzhafte Welt hineingesogen, deren Ungeheuer nach und nach hervortreten. “Ein wenig Leben” ist ein rauschhaftes, mit kaum fasslicher Dringlichkeit erzähltes Epos über Trauma, menschliche Güte und Freundschaft als wahre Liebe. Es begibt sich an die dunkelsten Orte, an die Literatur sich wagen kann, und bricht dabei immer wieder zum hellen Licht durch.

Wie tippt man eine Rezension zu diesem Buch?
"Ein wenig Leben" habe ich gemeinsam mit Daniela vom Blog Livricieux in einer Blogleserunde gelesen und diskutiert. Nachem sie das Buch vor einigen Tagen beendet und auch bereits die Rezension getippt hat, habe ich nun auch endlich die letzte Seite umgeblättert, obwohl ich mich wirklich durch dieses Buch gequält habe...
Und ich habe mir sooo viele verschiedene Anfänge für diese Rezension überlegt und immer wieder verworfen. Beispielsweise "Dieses Buch ist eine Verschwendung von schriftstellerischem Potenzial, von sprachlicher Finesse und einer fantastischen Plotidee..." oder "Mit mindestens 400 Seiten zu viel kommt 'Ein wenig Leben' daher und durch die vielen Längen wird fast alles an Inhalt und Spannung verwässert..." oder "Hanya Yanagihara schreibt über Freundschaft, Liebe, Schmerz, Verlust und Sex. Und vor allem Letzteres tut sie mit einer Prüderie und Fantasielosigkeit, die ihresgleichen sucht. Insbesondere der Sex zwischen zwei Männern besteht für Hanya Yanagihara scheinbar ausschliesslich aus der Penetration des einen durch den andern. Findet diese nicht statt, ist es keine gelebte Sexualität..." oder auch einfach "Dieses Buch hat mich fast 940 Seiten lang wütend gemacht und auf den letzten knapp zwanzig Seiten - zumindest teilweise - mit sich versöhnt." 

Aber ganz von vorne:
Vier Freunde, Jude, JB, Willem und Malcolm, Freundschaft, Vertrauen und eine starke Gemeinschaft. Jeder von ihnen hat sein Päckchen zu tragen und immer wieder geben sie sich gegenseitig Halt. Während Willem, JB und Malcolm eine eher künstlerische Laufbahn anstreben, beschäftigt sich Jude mit einer Karriere als Anwalt. Und schnell wird klar, dass Jude von der Autorin ins Zentrum gestellt wird, sich selber sogar - aber eher unbewusst - immer wieder als Mittelpunkt der Gruppe zeigt. Er ist es nämlich, der krampfhaft ein Geheimnis um seine Kindheit und Jugend macht, er ist es, der nach einem rätselhaften "Unfall" hinkt, der manchmal vor Schmerzen nicht mehr gehen kann, der immer wieder auf Hilfe angewiesen ist und diese eigentlich gar nicht in Anspruch nehmen will und durch die Ignoranz gegenüber seiner eigenen gesundheitlichen Situation und den daraus resultierenden Problemen erst recht auffällt.
So weit, so gut. Bis hier macht das Sinn, bis hier ist das stimmig, bis hier ist für eine vielversprechende Ausgangslage gesorgt.

Und dann....:
... entwickelt sich alles anders. Was mit wundervoll recherchierten Berichten über die verschiedenen Berufsfelder und Kunstrichtungen der vier Freunde, mit eindringlichen Beschreibungen, spannenden Andeutungen und intensiven Emotionen zwischen dem Kleeblatt beginnt, entwickelt sich zu einer Farce.
Wie ihr sicher bereits erfahren habt, geht es in diesem Buch um viele menschliche Abgründe, um Missbrauch, Gewalt, um selbstverletzendes Verhalten und um Menschen, die andere Menschen wissentlich und voller Vergnügen quälen, physisch und psychisch. Und ebenfalls wisst ihr, dass es ausgerechnet Jude ist, der in seiner Vergangenheit unendliche Schmerzen erlitten hat und die Folgen davon immer noch täglich zu tragen hat.
Was er erleben musste, wird nach und nach detailliert geschildert und wo vorher so viele Emotionen waren und ein einfacher Zugang zu den Figuren, wird nun dieser Vergangenheitsstrang plötzlich mit einer kalten Nüchternheit abgehakt, als ginge es einfach nur darum, so viel Grauen wie möglich auf so wenige Seiten wie nötig zu verpacken. Warum? Wenn man sich als Autorin nicht wirklich mit diesen doch potenziell belastenden Inhalten auseinandersetzen will, dann soll man es lassen. Yanagihara hat sich aber eher für eine halbpatzige Verarbeitung der Themen entschieden. Nicht nur haben Judes Peiniger nämlich keine Konsequenzen für ihr Handeln zu erwarten, sondern es werden auch jegliche Instanzen, die eigentlich in einem Rechtsstaat zuständig sein müssten, wie Gerichte, Polizei, Behörden und vor allem auch Jugendpsychologen, ausgeblendet und somit gehen der Realitätsbezug und auch die Logik gänzlich verloren. Die Geschichte muss aber tragischerweise so unlogisch sein, weil die Autorin ihr Fantasiegeflecht sonst gar nicht erst hätte weiterspinnen können.
Ausserdem werden - und das hat mich besonders gestört - andere Menschen, die ebenfalls Leid, Schmerz und Verlust erfahren haben, zusätzlich verhöhnt, indem immer wieder angedeutet wird, dass nur jemand, der ALLES erlebt und die Hölle gesehen hat (wie Jude) auch wirklich leiden darf und soll.

Das Abdriften in eine Scheinwelt:
Und leider ist es damit noch nicht genug. Hanya Yanagihara baut mit jeder weiteren Entwicklung eine unrealistische und immer unrealistischere Scheinwelt auf, die dazu geführt hat, dass ich ihr gar nichts mehr glauben konnte. Alle vier Freunde machen grandiose Karrieren, werden unendlich reich und nur JB erlebt kleinere Rückschläge, die er aber problemlos überwindet und dann noch gestärkt daraus hervorgeht. Keiner von ihnen aber scheitert, keiner hadert, keiner macht - abgesehen vom Anfang - magere Zeiten durch. Wie kann das sein? Wie passt das zusammen?
Ausserdem wird Malcolm während ca. 500 Seiten komplett ignoriert, er kommt nicht einmal in der Nebenhandlung vor, und JB wird zum Idioten gestempelt, der immer wieder ins Fettnäpfchen tritt, Jude verärgert und scheinbar - abgesehen von seiner Karriere - gar nichts auf die Reihe kriegt. Aber auch er darf nicht wirklich mitspielen in diesem Drama.
Lediglich Willem schafft es, neben Jude erwähnt zu werden und obwohl die Protagonisten immer älter werden und Jude auch noch andere liebevolle Menschen, wie seinen Mentor Harold und dessen zauberhafte Frau Julia, kennenlernt, scheint Jude keinerlei persönliche Entwicklung mitzumachen. Wie kann ein Staranwalt, der für seine gnadenlose Konsequenz bekannt ist, seinem eigenen Schicksal gegenüber so blind sein und sich selber die Schuld am erlittenen Leid geben? Wie kann vor allem ein eigentlich herzlicher und einfühlsamer Mensch auf den Gefühlen seiner Mitmenschen herumtrampeln und die Menschen, die ihn am meisten lieben, verletzen, indem er sich permanent selber abwertet und quält? Ausserdem fehlt von Judes Seite her jegliche Selbstreflektion, was zusätzlich wütend macht.

Es wird lang und länger:
Wenn man eine Geschichte nicht glauben, nicht mehr mitfühlen, nicht mehr mitfiebern kann, dann sind 960 Seiten wirklich sehr, sehr viel. Tatsächlich passiert auf vielen Seiten nichts. Also wirklich nichts, keine Handlung, keine Dialoge, nur endlose Beschreibungen und trotzdem fällt auf: nach all diesen Seiten weiss ich immer noch nicht, wie die Figuren aussehen. Ich sehe sie nicht vor mir, kann sie mir nicht vorstellen. Sie bleiben flach und sie bleiben von einigen Lichtblicken abgesehen auch pubertär (vor allem Jude).
Dennoch wollte ich wissen, wie es weitergeht. Ich wollte erkennen, ob da nicht doch eine Botschaft, ein Sinn dahinterstecken. Ob ich fündig geworden bin? Das weiss ich selber noch nicht.

Harold:
Harold, Mentor, ein Sinnbild für Gerechtigkeit und Liebe, Familiensinn und Fürsorge, bekommt in "Ein wenig Leben" ein paar eigene Kapitel. Diese Kapitel sind mit das Schönste, was ich je in einem Buch gefunden habe. Sie brechen die Strukturen auf, sorgen für eine andere Erzählperspektive (direkte Rede), verarbeiten in einem Monolog einzelne Situationen und Gedanken und sind von einer magischen, zerbrechlichen Zärtlichkeit und Liebe geprägt. Diese Kapitel sind es, die mich gerettet haben, die mich mit der Geschichte und vielleicht auch ein wenig mit Jude versöhnt haben und die mich nach wirklich viel Wut und Ungläubigkeit über so viel verschwendetes Potenzial wieder beruhigt haben. 

Warum man dieses Buch NICHT lesen sollte:
Ihr Lieben, dieses Buch hat mich (abgesehen von Harolds Kapiteln) nicht berührt. Dieses Buch hat mich nicht geschockt und keine Bauchschmerzen hervorgerufen. Eine Ausnahme gab es aber: das Auftauchen und vor allem einige Handlungen von Caleb (ich sage nicht mehr dazu), haben mich wirklich traurig gemacht.
Aber weil ich diesem Buch fast nichts geglaubt, der Autorin ihre Geschichte nicht abgenommen habe, bin ich kein Massstab, was Schock und Schmerz anbelangt. Ich bin mir sicher, dass jemand, der selber Missbrauchserfahrungen gemacht hat, psychisch labil ist und sehr schnell den Boden unter den Füssen verliert, dieses Buch wirklich NICHT lesen sollte.

Warum man dieses Buch DOCH lesen sollte:
Bitte lest dieses Buch, wenn ihr euch selber ein Bild machen und mitdiskutieren wollt. Lest dieses Buch, wenn ihr wissen wollt, wie Jude sich entwickelt (oder eben nicht entwickelt hat) und lest dieses Buch, wenn ihr mit vielen Längen im Erzählstrang umgehen könnt (aber ich habe euch gewarnt), ihr werdet mit einigen wundervollen Momenten belohnt, wenn ihr Geduld habt.

Und zum Schluss:
Leider hat Hanya Yanagihara mit "Ein wenig Leben" ein Buch geschrieben, das meiner Meinung nach aus den falschen Gründen bewegt. Viele Leserinnen und Leser empfinden die Schilderungen von Missbrauch und Gewalt, Judes persönliche Abgründe und sein selbstverletzendes Verhalten als bewegend, schockierend und fast unerträglich qualvoll. Dies liegt aber nicht am Erzählstil und dem gelungenen Handlungsaufbau, sondern lediglich am Inhalt. Gewalt und vor allem auch sexuelle Gewalt gehen halt immer, egal wie schlecht, nüchtern, billig und austauschbar diese "Effekte" erzählt werden (und das war leider in diesem Buch genau so der Fall). Ein Mensch, der sich selber die Schuld für sein Schicksal gibt und seine Mitmenschen damit egoistisch quält und verängstigt, das zieht beim Publikum. Es ist dabei wohl für viele ganz egal, dass der Handlungsaufbau komplett unlogisch ist, ganz egal, wie sehr sich die anderen - anfangs so beleuchteten - Figuren zu blossen Statisten entwickeln und ganz egal, dass die grandiose Recherchearbeit der Autorin durch blosse Längen und Wiederholungen überdeckt und zunichte gemacht wird.
Das hat mich unendlich wütend gemacht. Ich habe nämlich sehr viel Potenzial gesehen, die Plotidee hat mich überzeugt, manchmal gab es sprachlich magische Momente, ab und an wollte ich Willem und sogar Jude einfach nur umarmen und mit ihnen ein Glas Wein trinken und Harolds Worte, die haben mich tatsächlich bewegt. Das alles hätte meiner Meinung nach viel eher für Aufschreie, Diskussionen, Lob und auch Kritik sorgen sollen.

Zusätzliche Infos:
Titel: Ein wenig Leben
Originaltitel: A Little Life
Autorin: Hanya Yanagihara, 1974 geboren, ist eine US-amerikanische Schriftstellerin und Journalistin. Mit ihrem Roman Ein wenig Leben gewann sie den Kirkus Award und stand auf der Shortlist des Man Booker Prize, des National Book Award und des Baileys Prize. Ein wenig Leben ist eines der bestverkauften und meistdiskutierten literarischen Werke der vergangenen Jahre. Eine TV-Serie, produziert von Scott Rudin (The Social Network, No Country for Old Men, Frances Ha, Grand Budapest Hotel), ist in Vorbereitung.
Fester Einband mit Schutzumschlag und Lesebändchen: 960 Seiten 
Sprache: Deutsch
Originalsprache: Englisch
Übersetzt von: Stephan Kleiner
Verlag: Hanser Berlin
Erschienen: 2017
ISBN: 978-3-446-25471-8

Rezension: Tschick

 
Tschick - Wolfgang Herrndorf

Beschreibung des Verlages:
"Ein klappriges Auto kam die Straße runtergefahren. Es fuhr langsam auf unser Haus zu und bog in die Garagenauffahrt ein. Eine Minute stand der hellblaue Lada Niva mit laufendem Motor vor unserer Garage, dann wurde der Motor abgestellt. Die Fahrertür ging auf, Tschick stieg aus. Er legte beide Ellenbogen aufs Autodach und sah zu, wie ich den Rasen sprengte. ‹Ah›, sagte er, und dann sagte er lange nichts mehr. ‹Macht das Spaß?›"
Mutter in der Entzugsklinik, Vater mit Assistentin auf Geschäftsreise: Maik Klingenberg wird die großen Ferien allein am Pool der elterlichen Villa verbringen. Doch dann kreuzt Tschick auf. Tschick, eigentlich Andrej Tschichatschow, kommt aus einem der Asi-Hochhäuser in Hellersdorf, hat es von der Förderschule irgendwie bis aufs Gymnasium geschafft und wirkt doch nicht gerade wie das Musterbeispiel der Integration. Außerdem hat er einen geklauten Wagen zur Hand. Und damit beginnt eine Reise ohne Karte und Kompass durch die sommerglühende deutsche Provinz, unvergesslich wie die Flussfahrt von Tom Sawyer und Huck Finn.

Meine Meinung:
Endlich, endlich habe ich gestern Abend zu diesem Buch gegriffen und es innerhalb von wenigen Stunden beendet. Wenn ich in diesem Tempo weiterlese, werden meine SuB-Ziele 2018 doch noch erfüllt. Aber zurück zu "Tschick" und der grandiosen Geschichte, die sich auf so wenigen Seiten verbirgt. Ich kann kaum in Worte fassen, was "Tschick" alles ist, denn nur schon vom Genre her lässt sich das Buch kaum verordnen. Ja, es ist ein Jugendbuch, aber ja, alle Menschen können es lesen. Vor allem auch Erwachsene. Und ja, eigentlich dreht sich alles um einen Roadtrip. Aber "Tschick" handelt vom Erwachsenwerden, von einer grossen Freundschaft, von zerrütteten Familien, Liebe und einem Sommer, der nicht nur in Maik Klingenbergs Erinnerung bleiben wird, sondern  uns alle, die wir Maik und Tschick auf ihre abenteuerliche Reise begleiten, nicht mehr loslässt.
Wie kann man Tschick nicht lieben? Wie kann man nicht mitträumen, mitleiden und den Kopf über die nur angedeuteten schwierigen Verhältnisse seiner (und Maiks) Familie schütteln? Dieses Buch ist so traurig und zugleich so lebensfroh und echt und es thematisiert den Wunsch, Fühlen, Leben und Lieben zu wollen und dies wenn nötig auch durch Schmerz und Angst. Denn was ist schlimmer als die eigene Realität, das Langweilerdasein oder die Eltern, die gerade wirklich nur mit ihren eigenen Sorgen beschäftigt sind? Das Unbekannte ist ein Versprechen, die Gefahr eine Herausforderung und dieser Sommer verspricht, der beste Sommer in ihrem jungen Leben zu werden, also machen sich Maik und Tschick auf eine abenteuerliche Reise, die vor allem zu einem führt: dass ihre Freundschaft unzerbrechlich wird.

Schreibstil und Handlung:
Am liebsten wäre ich noch viel länger durch eine Wirklichkeit gereist, die sämtliche Alltagssorgen wie Eltern, die Schule und Herzschmerz ganz klein werden lässt und die von der Suche nach der richtigen Himmelsrichtung, einer eher unbefahrenen Kleinstrasse und etwas Essbarem dominiert wird. Eine heilige Scheinwelt also, die unseren Protagonisten ein wenig Aufschub vor unangenehmen Realitäten und dem endgültigen Schritt ins Erwachsenenleben bietet.
Wolfgang Herrndorf ist dabei vor allem sprachlich gelungen, dass Maik nicht einfach nur spricht, sondern direkt zu uns spricht, mitten in unser Herz. Dies liegt selbstverständlich nicht nur an der Ich-Erzählung, sondern vor allem an den typischen Sorgen, Ängsten und verrückten Ideen, welche Maik und Tschick so typisch pubertär und gleichzeitig bereits sehr reif und erwachsen wirken lassen. Und das sind sie ja eigentlich auch und auch wenn Maik und Tschick auf den ersten Blick sehr verschieden wirken - Maik aus reichem Hause, ein guter Schüler, still und unauffällig und Tschick aus einer "Asi-Familie", betrunken im Unterricht, was sich natürlich auf seine Schulleistungen auswirkt, eingewandert und scheinbar älter, als sein Jahrgang - gleichen sich die beiden Jungs doch eigentlich sehr stark. Verwahrlosung und Armut äussern sich nämlich nicht nur finanziell und indem man die Wohnhäuser und das familiäre Umfeld vergleicht. Auch hat Intelligenz weder zwingend etwas mit Schulleistungen zu tun, noch zeigt sich Einsamkeit bei allen gleich. Und so erstaunt es nicht, dass Maik zwar anfangs zögert, aber dann über sich selber hinauswächst, als Tschick plötzlich mit einem "geliehenen" Lada vor seiner Haustür steht. Und was dann geschieht wirkt so erfunden, dass es sich eigentlich nur so zugetragen haben kann.

Meine Empfehlung:
Wird aus dieser Rezension ersichtlich, wie sehr ich "Tschick" geliebt habe? Ich bin mir nicht sicher, da nach wie vor Worte fehlen... Aber deshalb: lest bitte dieses Buch. Verschenkt es euren Kindern, Nichten und Neffen, Enkeln, Patenkindern und auch allen Erwachsenen, die gerne wieder ein wenig mehr Zeit mit ihren Träumen und Wünschen, ihren besten Freunden und ihrem inneren Kind verbringen dürfen.

Zusätzliche Infos:
Titel: Tschick
Autor: Wolfgang Herrndorf, 1965 in Hamburg geboren und 2013 in Berlin gestorben, hat ursprünglich Malerei studiert. 2002 erschien sein Debütroman "In Plüschgewittern", 2007 der Erzählband "Diesseits des Van-Allen-Gürtels". Es folgten die Romane "Tschick" (2010), mittlerweile in sechsunddreißig Sprachen übersetzt, "Sand" (2011), ausgezeichnet mit dem Preis der Leipziger Buchmesse, sowie posthum das Tagebuch "Arbeit und Struktur" (2013) und der unvollendete Roman "Bilder deiner großen Liebe" (2014).
Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen: 256 Seiten
Sprache: Deutsch
Erscheinungstermin: 17.09.2010
ISBN: 978-3-87134-710-8

Rezension: Das rote Adressbuch

Das rote Adressbuch - Sofia Lundberg

Beschreibung des Verlages:
Doris wächst in einfachen Verhältnissen im Stockholm der Zwanzigerjahre auf. Als sie zehn Jahre alt wird, macht ihr Vater ihr ein besonderes Geschenk: ein rotes Adressbuch, in dem sie all die Menschen verewigen soll, die ihr etwas bedeuten. Jahrzehnte später hütet Doris das kleine Buch noch immer wie einen Schatz. Und eines Tages beschließt sie, anhand der Einträge ihre Geschichte niederzuschreiben. So reist sie zurück in ihr bewegtes Leben, quer über Ozeane und Kontinente, vom mondänen Paris der Dreißigerjahre nach New York und England – zurück nach Schweden und zu dem Mann, den sie einst verlor, aber nie vergessen konnte.

Meine Meinung:
Eigentlich wollte ich heute nur kurz in dieses Buch hineinschnuppern und stand ein wenig mehr als fünf Stunden später in Tränen aufgelöst von meinem Leseplatz auf und musste mich zuerst einmal ordnen. Wow, dieses Buch hat definitiv einen Nerv getroffen bei mir.
Gleich zu Beginn erfahren wir, wie Doris, eine am Ende ihres Lebens stehende Frau, ihren Tag verbringt. Nahezu blind und bewegungsunfähig ist sie auf Betreuung angewiesen und neben ihrem Laptop, dank dem sie via Skype Kontakt zu ihren einzigen Verwandten halten und Texte tippen kann, ist ihr Tag sehr eintönig und einsam. Sie hat mich dabei immer wieder an meine Grossmutter erinnert, die zwar eine sehr grosse Familie und viel Besuch hat, aber ansonsten auch ein wenig gefangen in ihrem Haus ist, was mich natürlich besonders berührt hat.
Gemeinsam mit Doris blättern wir also ihr rotes Adressbuch durch und erfahren dabei ganz viele Geschichten aus ihrer Kindheit und Jugend und begegnen auch den verschiedenen Menschen, die ihr Leben geprägt haben. Die meisten im Adressbuch notierten Kontakte sind bereits verstorben, was Doris festhällt, indem sie den Namen der jeweiligen Person durchstreicht und dahinter in grossen Lettern "TOT" vermerkt, was ihrem Leben eine besonders einsame und tragische Komponente gibt.
Und als sie ins Krankenhaus kommt und merkt, dass ihr nicht mehr viel Zeit bleibt, begleiten wir ihre Grossnichte Jenny bei einer spannenden und tragischen Reise in die Vergangenheit und einem emotionalen Wettkampf gegen die Zeit auf der Suche nach den letzten offenen Fragen und Geheimnissen in Doris Leben.

Schreibstil und Handlung:
Ich kann noch immer fast gar nicht glauben, wie viel authentisch und mitreissend erzählte Handlung auf knapp 350 Buchseiten Platz hat. Doris muss ihre Familie nach dem tragischen Tod ihres Vaters bereits als Jugendliche verlassen und kommt dabei unter die Fittiche der legendären und berüchtigten Madame Serafin, bei der sie als Haushälterin arbeiten darf. Nach einem Umzug ins schillernde Paris der Dreissigerjahre wird sie als Manequin gebucht und verdient von da an ihren Lebensunterhalt mit Modeverträgen. Sie ist aber gezwungen, vor den Schrecken des Zweiten Weltkriegs aus dieser rauschenden Modestadt nach New York zu flüchten.
Aber es geschieht noch viel mehr und die Reise geht noch ganz anders weiter. Vor allem begegnet sie nicht nur dem Kubisten Gösta Adrian-Nilsson, einer historischen Figur dieser Zeit, sondern auch der ersten und einzigen grossen Liebe ihres Lebens. Und wie wir alle wissen, ist es die erste grosse Liebe, die man nie wieder vergisst... Natürlich wird es nicht nur romantisch, vielmehr nimmt auch Doris und Jennys Familiengeschichte stets einen grossen Platz in der Erzählung ein und es hat mich begeistert, dass dieses Buch trotz den vielen Stationen in Doris Leben, trotz  so vielen Figuren, Familienmitgliedern, Lebenssituationen und den historischen Hintergründen, nie überladen wirkt.
Und dies liegt vor allem an der zarten Erzählsprache, die einfühlsam auf Doris und ihre Grossnichte Jenny eingeht und die Realität und Fiktion, historische Figuren und Romanhelden gekonnt zu einer stimmigen Geschichte verknüpft. Dabei dominieren viel Schmerz, Leid, Verlust, Einsamkeit, Hunger und Angst. Vor allem die würdelose Behandlung von alten Menschen, die zuhause oder in Spitälern gepflegt werden, hat mich sehr berührt und es war für mich manchmal wirklich sehr belastend, weiterzulesen. Dennoch keimt aber immer wieder Hoffnung auf und Doris erlebt Freundschaft, Hilfe im richtigen Moment und Liebe. Und so hinterlässt mich "Das rote Adressbuch" am Ende zwar aufgewühlt, aber mit der Geschichte versöhnt.

Meine Empfehlung:
Ich empfehle euch dieses wunderschöne, berührende und zart erzählte Buch von Herzen weiter und möchte dabei vor allem noch einmal diese gelungene Verknüpfung so verschiedener Elemente, wie eben historische Ereignisse und Figuren, Familiengeschichte, Beziehungsdrama und einer ganz bewegten und mitreissenden Lebens- und Liebesgeschichte hervorheben. 

Zusätzliche Infos:
Titel: Das rote Adressbuch
Originaltitel: Den röda Adressboken
Autorin: Sofia Lundberg wurde 1974 geboren und arbeitet als Journalistin in Stockholm. Mit ihrem Debütroman »Das rote Adressbuch« eroberte sie die schwedische Literatur- und Bloggerszene im Sturm.
Gebundenes Buch mit Schutzumschlag: 352 Seiten
Sprache: Deutsch
Originalsprache: Schwedisch
Übersetzt von: Kerstin Schöps
Verlag: Goldmann
Erschienen: 20.08.2018
ISBN: 978-3-442-31499-7 

Rezension: Guten Morgen, Genosse Elefant

 
Guten Morgen, Genosse Elefant - Christopher Wilson

Beschreibung des Verlages:
Der rührendste Romanheld aller Zeiten.
Die lustige, traurige, spannende, lehrreiche, herzzerreißende Geschichte von Juri Zipit, der ein paar Wochen in Stalins Datscha verbringt und sein Vorkoster Erster Klasse wird.
»Mein Name ist Juri Zipit. Ich bin zwölfeinhalb Jahre alt und lebe in einer Personalwohnung im Hauptstadtzoo gleich gegenüber vom Seelöwenteich hinter der Bisonweide, direkt neben dem Elefantengehege. Mein Papa ist Doktor Roman Alexandrowitsch Zipit, Professor für Veterinärmedizin, Fachgebiet Neurologie der Großhirnrinde, also ein Spezialist für alles, was im Kopf der Tiere schiefgehen kann. Als ich sechseinviertel Jahre alt war, passierte mir das größte Pech. Ein Milchwagen ist von hinten in mich reingerumst. Hat mich durch die Luft gepfeffert, bis ich auf den Boden geknallt bin, kopfvoran aufs Kopfsteinpflaster. Dann kam hinterrücks die Straßenbahn und ist über mich rüber. So was hinterlässt einen bleibenden Eindruck.
Ich möchte Ihnen erzählen, wie ich einmal ein paar Wochen im Zentrum der Macht verbracht habe. Es waren höchst vertrauliche Angelegenheiten und dubiose Ereignisse, die zu düsteren Geschehnissen führten. Geheimnisse versteckt in der Geschichte. Ich baue auf Ihr Schweigen. Außerdem will ich Sie beschützen. Zu Ihrer eigenen Sicherheit. Also, psssst.«
»Lust und Vergnügen wuchsen, je länger und enger ich mit Juri zu tun hatte. Ein großartiger Roman.« Der Übersetzer Bernhard Robben

Meine Meinung:
Der KiWi-Verlag hat mich mit diesem Rezensionsexemplar überrascht und dabei komplett ins Schwarze getroffen. Wer hier schon länger mitliest weiss ja, dass mir die damalige Sowjetunion literarisch und vor allem musikalisch sehr am Herzen liegt und ich mich sehr für deren Geschichte natürlich auch für Bücher, die dort spielen, interessiere.
Mir wurde "KEIN Wohlfühlbuch" versprochen, aber ein Buch, das zum Nachdenken und Schmunzeln einlädt, eines, das niemanden kalt lässt und viel Diskussionsstoff bietet. Genau dies und noch viel mehr habe ich auch bekommen. Besonders gut gefallen hat mir der wundervolle Protagonist und der Schreibstil, der es geschafft hat, authentisch, intelligent und spannend aus der Sicht eines Zwölfjährigen zu erzählen.
Selbstverständlich geht es in diesem Buch aber nicht nur um Juri, sondern auch um ein System, das mit Doppelgängern, Manipulation, Vertuschung, Saufgelagen und Intrigen arbeitet, mit Machtmissbrauch, Gewalt, Folter und der Auslöschung unerwünschter Stimmen. Was ist wahr? Was ist real? Historische Ereignisse vermischen sich mit Fiktion, Namen werden geändert und als Leser kann man munter miträtseln, wer sich hinter welchem Pseudonym versteckt und wie die Fäden der Geschichte zusammenlaufen (könnten).

"Dieser Patient hat keine Vorgeschichte"
"Aber jeder Mensch hat eine Vorgeschichte", protestiert Papa, "Allein schon, weil er geboren wurde."
"Der Genosse ist ein Elefant, der eine äusserst hohe Stellung einnimmt. Besässe er eine medizinische Vorgeschichte, wäre er krank gewesen, und das könnte ihm als Schwäche ausgelegt werden, als ein Versagen seiner Macht und Vitalität, eine Begrenzung seiner Fähigkeiten."
S. 44


Schreibstil und Handlung:
Juri ist zwölf Jahre alt, leidet nach mehreren schweren Unfällen an Epilepsie, hat ständig ein Grinsen in seinem Gesicht und wirkt auf seine Mitmenschen ein wenig debil. Er ist aber alles andere als das. Vielmehr hat er von seinem Vater sehr viel über das Gehirn von Säugetieren gelernt, denkt logisch und verfügt über eine sehr charmante, kluge und gewinnende Art. Alle Menschen wollen sich ihm anvertrauen und schnell wird dem Leser klar, dass Juri ein kleines Rädchen im grossen Getriebe ist und in dem komplexen und totalitären System verschwinden und eingespannt werden soll.

"Wie es der Zufall will, habe ich eine kleine Aufgabe für dich. Du errätst bestimmt nicht, worum ich dich bitten will."
"Soll ich Augen und Ohren offen halten und Ihnen Bericht erstatten?"
"Gut gebrüllt..." Er blinzelt und runzelt überrascht die Stirn. "Wie um alles in der Welt bist du nur darauf gekommen?"
Ich zucke die Achseln. "Ich bin zwar noch neu im Geschäft der Politik", gestehe ich, "aber ich lerne dazu."
S. 114

Juri erzählt in Ich-Form aus seiner Sicht und schildert interessante, humorvolle und tragische Ereignisse aus seinem Alltag. Dabei hat mich begeistert, wie wunderbar es dem Autoren immer wieder gelingt, Juri im Dunkeln zu lassen, was um ihn herum geschieht. Aufgrund der Andeutungen und dem Wissen, das wir erwachsenen Leser natürlich im Nachhinein von der russischen Geschichte haben, erkennen wir viel schneller, was es mit einigen Begebenheiten auf sich hat, und sehen viel schneller die Gefahren, in die Juri hineinschlittert. Dies ist vom Autor wirklich grandios gelöst und sorgt für uns Leser natürlich auch für eine gewisse Beklemmung, weil wir viel mehr Zusammenhänge erkennen und schneller sehen, was Juri leider auch noch alles erdulden muss.
Ja, es wird traurig, auch brutal und ungemütlich. Und trotzdem hat der KiWi-Verlag recht mit jedem seiner Versprechen: dieses Buch macht auch glücklich. Es regt zum Nachdenken an und lässt zwar tief in ein brutales System blicken (was für fundierteste Recherchen des Autors spricht), es sorgt aber vor allem für ganz viel Liebe zu diesem herzerweichenden Protagonisten und dessen Geschichte, für ganz viel Dankbarkeit, dass man in einer Demokratie leben darf und für immer mehr Lust auf (russische) Geschichte, auf historische Hintergründe und weitere spannende Bücher des Autors.

"Ideen sind mächtiger als Waffen. Wir lassen nicht jeden eine Waffe tragen, warum sollten wir sie also Ideen haben lassen?"
S. 148

Meine Empfehlung:
Dieses berührende, beklemmende und trotzdem immer wieder von einem kindlichen Optimismus geprägte Buch möchte ich euch besonders ans Herz legen. Äusserst fundierte Recherchen des Autors, eine gelungene Verknüpfung historischer Fakten mit Fiktion, viel Humor, der herrlich naive und zugleich kluge und menschenfreundliche Protagonist und ein Schreibstil, der in seiner Finesse und Authentizität seinesgleichen sucht, machen "Guten Morgen, Genosse Elefant" mit jeder Seite zu einem zum Nachdenken anregenden Stück Literatur, das im wahrsten Sinne des Wortes nach den Sternen greift.

Zusätzliche Infos:
Titel: Guten Morgen, Genosse Elefant
Originaltitel: The Zoo
Autor: Christopher Wilson studierte und erforschte die Psychologie des Humors und lehrte zehn Jahre lang an der Goldsmiths Universität in London. Er unterrichtet kreatives Schreiben in Gefängnissen, an der Universität und für die Arvon Foundation. Christopher Wilson lebt in London.
Sprache: Deutsch
Originalsprache: Englisch
Übersetzt von: Bernhard Robben
Fester Einband mit Schutzumschlag und Lesebändchen: 272 Seiten
Erschienen am: 16.08.2018
ISBN: 978-3-462-05076-9

Kurzrezension: Monsieuer Ibrahim und die Blumen des Koran

 
Monsieuer Ibrahim und die Blumen des Koran - Eric-Emmanuel Schmitt

Beschreibung des Verlages:
»Die Erzählung gehört zu den wenigen Büchern, die glücklich machen – auch über die letzte Seite hinaus.« Brigitte
Gar nicht schlecht, einen erwachsenen Freund zu haben, der einem mit Rat und Tat zur Seite steht, wenn die Dinge im Leben mal nicht so laufen, wie man sich das vorstellt. Und noch dazu, wenn er Araber ist und wie Monsieur Ibrahim, der Kolonialwarenhändler in der Rue Bleue, in jeder Lebenslage etwas Passendes in seinem Koran zu finden weiß.
Der zwölfjährige Moses lernt schnell, dass »Araber« zu sein keineswegs allein mit der Herkunft zu tun hat, es bedeutet in der Branche nichts weiter als: nachts und auch am Sonntag geöffnet. Und er weiß, auf Monsieur Ibrahim, der Tag für Tag unverrückbar in seinem Laden sitzt, ist Verlass, denn er kennt die Geheimnisse des Glücks und des Lächelns. Das hilft selbst in den aussichtslosesten Situationen: im Männerhaushalt mit dem schwermütigen Vater wie bei den Mädchen in der Rue de Paradis, beim Konservenklau wie beim Fahren ohne Führerschein. Aber nie sind die Dinge bloß so, wie sie scheinen: Monsieur Ibrahim, der Krämer, ist kein Araber, genauso wenig, wie die Rue Bleue blau ist.

Meine Meinung:
Nach einem langen Tag habe ich diese Buch gestern Abend aus dem Regal genommen und eine Stunde später wieder mit Tränen in den Augen und total aufgewühlt aus der Hand gelegt. Es gibt sie wirklich: diese Bücher, die mit jedem Satz, mit jeder Seite, die man umblättert, nichts anderes sind als Poesie und Schönheit.
Von einer feinsinnigen Melancholie und zugleich intelligentem Witz durchzogen erfahren wir von Moses, der weiss, was es bedeutet, zurückgelassen zu werden, zu stehlen und auf Abweisung zu stossen. Moses, der den Sufismus zuerst für eine Krankheit hält, der ab und an sein Schwein schlachtet um sich die Liebe zu kaufen und der in Monsieur Ibrahim einen Freund findet, der ihn über alle Religionen, Vorurteile und alles Gerede hinweg so nimmt, wie er ist. Der ihm Lebensweisheiten verrät, ihn aufbaut und immer mehr weiss, als er zugibt. Der in den richtigen Momenten schweigt und abwartet und nur dann, wenn es nötig ist, handelt, statt zuzusehen.
Jeder Satz in diesem Buch ist eine Offenbarung, jede Aussage von Monsieur Ibrahim ist es wert, notiert und an die Wand gehängt zu werden und was diese zarte Geschichte noch schöner macht, ist die wunderschöne Aufmachung dieser Ausgabe.

Durch Monsieur Ibrahim begriff ich, dass die Juden, die Muselmanen und sogar die Christen sich einen Haufen bedeutender Männer teilten, bevor sie damit begannen, sich gegenseitig die Schädel einzuschlagen. Was mich zwar nichts anging, aber mir irgendwie gut tat.
S. 59

Meine Empfehlung:
In diesem Buch geht es um die ganz grossen Fragen des Lebens und um Liebe, Familie, den eigenen Glauben und das Bild, das andere davon haben und um eine starke Freundschaft, die Religionen und Generationen verbindet. Lest es!

Zusätzliche Infos:
Titel: Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran
Originaltitel: Monsieur Ibrahim et les fleurs du Coran
Autor: Éric-Emmanuel Schmitt, geboren 1960 in Sainte-Foy-lès-Lyon, studierte Klavier in Lyon und Philosophie in Paris. Mit seinen Erzählungen wie »Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran« wurde er international berühmt und gehört heute zu den erfolgreichsten Gegenwartsautoren in Frankreich. Seine Werke wurden in 40 Sprachen übersetzt und haben sich mehr als zehn Millionen Mal verkauft. Schmitt lebt in Brüssel.
Fester Einband mit Schutzumschlag: 112 Seiten
Sprache: Deutsch
Originalsprache: Französisch
Übersetzt von: Annette und Paul Bäcker
Verlag: Ammann
Erschienen: 2003
ISBN: 9783250600558

Rezension: Meine wundervolle Buchhandlung

 
Meine wundervolle Buchhandlung - Petra Hartlieb
 
Beschreibung des Verlages:
Eine Frau, eine Familie und ein gelebter Traum
Petra Hartlieb lebt gemeinsam mit ihrer Familie in und über einer Buchhandlung. Ihrer eigenen. Aus einer Schnapsidee heraus bemühte sie sich im Urlaub gemeinsam mit ihrem Mann um eine gerade geschlossene Traditionsbuchhandlung in Wien. Von einem auf den anderen Tag kündigte sie ihren Job und begann mit ihrer Familie ein neues Leben in einer neuen Stadt, ohne zu wissen, worauf sie sich einlässt. Im Herzen ist Petra Hartlieb noch immer Hippie geblieben, auf dem Papier ist sie aber nun schon seit zehn Jahren Unternehmerin.
In diesem Buch erzählt sie ihre eigene Geschichte und die ihrer Buchhandlung. Einer Buchhandlung, die zum Wohnzimmer für die eigene Familie wird, und zum Treffpunkt für die Nachbarschaft. Mit Stammkunden, die zu Freunden werden, und Freunden, die Stammkunden sind. Petra Hartlieb erzählt in einem schlagfertigen und humorvollen Ton, der jede Zeile zu einem großen Vergnügen macht und jedes Kapitel zu einer Liebeserklärung an die Welt der Bücher.

Meine Meinung:
Ich habe dieses Buch im Juli auf einem Weg bekommen, wie er wohl Petra Hartlieb sehr gut entsprechen würde. Wer die Geschichte noch nicht kennt, kann sie HIER nachlesen. Weil "Meine wundervolle Buchhandlung" schon länger auf meiner Wunschliste stand, habe ich mich sehr darüber gefreut und das Buch direkt in meinen Urlaub nach Bosnien mitgenommen und innerhalb von zwei Tagen verschlungen.
Besonders gut gefallen hat mir dabei die Sprache, die sehr leicht und flüssig erzählt, wie Petra Hartlieb mit ihrem Mann zusammen eine Buchhandlung gekauft und dann mit ihrer Familie nach Wien gezogen ist und die gekaufte Buchhandlung innerhalb von kürzester Zeit umgebaut und eröffnet hat. Als würde die Autorin uns diese fast unglaubliche, von Liebe zum Buch, Mut (oder auch ein wenig Naivität) und ganz viel harter Arbeit geprägte Geschichte aus ihrem Leben von Angesicht zu Angesicht bei einer guten Tasse Kaffe erzählen. 

Die Liebe zum Buch und Buchhandel:
Alle Sicherheiten und alles Vertraute aufgeben, in ein anderes Land ziehen, die Kinder neu einschulen, den gut bezahlten Job künden und zuerst einmal bei Freunden leben, bevor die Wohnung fertiggestellt ist...läuft bei Familie Hartlieb. Und aus welchem Grund macht man dies alles normalerweise und ignoriert dabei sämtliche Warnungen und Ratschäge des Umfelds? Aus Liebe. Genau so ist es auch bei Hartliebs. Aus Liebe zum Buch nehmen sie dies alles auf sich und plötzlich wird klar, dass es nicht reicht, Bücher zu lieben, um eine Buchhandlung am Laufen halten zu können. Da sehe ich aber genau auch den einzigen Kritikpunkt, den ich zu diesem Buch doch noch äussern muss: Petra Hartlieb jammert mir ein wenig zu viel auf sehr hohem Niveau. Sie hat sich ihren Lebenstraum erfüllt, wie dies nur wenigen gelingt und muss dabei natürlich einige Abstriche in Kauf nehmen und rund um die Uhr arbeiten. Obwohl es in ihren Erzählungen sehr viel Dankbarkeit gibt (beispielsweise für die Nachtschichten ihres Mannes oder die lieben Stammkunden, die zur stressigen Weihnachtszeit auch einmal ein Brot oder eine Suppe vorbeibringen), scheint manchmal das Negative zu überwiegen, was ich schade finde. Ansonsten aber gefällt es mir wirklich gut, wie Petra Hartlieb ihren Alltag schildert, ihre Entscheidung begründet und uns alle einfach teilhaben lässt an diesem Leben, von dem wir - sind wir alle ehrlich - doch ab und an einmal träumen.
Meine Empfehlung:
Dieses Buch ist wohl ein Muss für jeden Büchermenschen. Und man muss gar nicht gut finden, wie Petra Hartlieb ihr Leben und ihre Buchhandlung(en) führt, aber auch wenn man dieses Leben mit all seinen Herausforderungen vielleicht gar nicht wünschen würde, so kann man doch ein wenig Buchhandlungsluft schnuppern, bekommt ein wenig Weihnachtsstress und Weihnachtsglitzern mit und kann hinter die Kulissen einer Buchhandlung sehen. So kann man nämlich vor allem auch den Beruf der Liebslingsbuchhändlerin/des Lieblingsbuchhändlers noch mehr schätzen und überlegt sich vielleicht einmal mehr, ob man wirklich ein Buch bei einem online-Riesen oder nicht doch lieber bei der Buchhandlung des Vertrauens bestellen möchte.

Zusätzliche Infos:
Titel: Meine wundervolle Buchhandlung
Autorin: Petra Hartlieb wurde 1967 in München geboren und ist in Oberösterreich aufgewachsen. Sie studierte Psychologie und Geschichte und arbeitete danach als Pressereferentin und Literaturkritikerin in Wien und Hamburg. 2004 übernahm sie mit ihrem Mann eine Wiener Traditionsbuchhandlung im Stadtteil Währing, heute »Hartliebs Bücher«. Davon erzählt ihr Bestseller ›Meine wundervolle Buchhandlung‹ (DuMont 2014). Petra Hartlieb ist außerdem Autorin mehrerer Romane, zuletzt erschien ›Wenn es Frühling wird in Wien‹ (DuMont 2018).
Taschenbuch: 208 Seiten
Sprache: Deutsch
Erscheinungstag: 10.09.2014
ISBN: 978-3-8321-9743-8

Lese-Statistik Juli 2018

 
Es ist Mitte August und höchste Zeit für meine bescheidene Lese-Statistik aus dem Juli. Tatsächlich habe ich im Juli sehr viel gelesen (zumindest viele Seiten), aber ich habe nur drei Bücher beendet. Viele Bücher wurden angelesen und viele sind einfach ein wenig umfangreicher oder benötigen ein wenig mehr Zeit, weshalb ich die noch nicht beenden konnte.

Unsere traumhaft schönen Ferientage in Bosnien habe ich aber auch zum Lesen nutzen können und auch wenn ich die letzten Tage zu gar keinem Buch gegriffen habe, weil in der Wohnung einiges umgestellt und ausgeräumt werden musste, so wird es hier hoffentlich schon bald Rezensionen regnen :-)


Und dies sind also meine im Juli gelesenen Bücher (für mehr Infos, klickt aufs Bild):
 https://www.randomhouse.de/Verlag/Blanvalet/1000.rhd 
https://www.randomhouse.de/Taschenbuch/Der-fremde-Gast/Charlotte-Link/Blanvalet-Taschenbuch/e393967.rhd
https://www.randomhouse.de/Buch/Der-Ruf-des-Kuckucks/Robert-Galbraith/Blanvalet-Hardcover/e454939.rhd#info

Meine Rezensionen im Überblick:
Der zauberhafte Trödelladen - Manuela Inusa   (336 Seiten)
Der fremde Gast - Charlotte Link   (480 Seiten)
Der Ruf des Kuckucks - Robert Galbraith   (656 Seiten)

Alle Zahlen auf einen Blick:
Gelesene Bücher: 3
Somit in die Leseeule: 6 Franken (aussortierte Bücher zählen auch)
Gelesene Seiten: 1472 Seiten
Durchschnittliche Seitenzahl pro Tag: 47.48.63 Seiten
SuB am Monatsbeginn: 151
Aktueller SuB: 148
Differenz: -3

Neuzugänge Juli 2018

Hallo ihr Lieben

Selbstverständlich möchte ich euch meine Neuzugänge aus dem Monat Juli zeigen, bevor es hier hoffentlich bald Rezensionen aus dem Monat August regnet.

Habt ihr die Geschichte gelesen, wie "Meine wundervolle Buchhandlung" von Petra Hartlieb zu mir gefunden hat? HIER könnt ihr diese schöne Geschichte um einen selbstlosen Ladenbesitzer und sein gutes Auge für bibliophile Menschen nachlesen und hier kommt ihr noch zur Beschreibung des Verlages.

"Pinocchio" von Carlo Collodi lese ich gerade für ein Projekt und erarbeite mir den Text ganz anders als damals als Kind. Ich wähle Passagen aus, welche sich musikalisch umrahmen und darstellen lassen, welche sich eher für darstellerische und bildnerische Künste eignen und wie man alle diese Konzepte vereinen könnte. Es bleibt also spannend und alle Infos zum Buch könnt ihr hier nachlesen.

"Monsieuer Ibrahim und die Blumen des Koran" von Eric-Emmanuel Schmitt habe ich mir aus einem öffentlichen Bücherschrank geschnappt, weil ich das Cover und einfach die ganze Aufmachung so wunderschön finde und das Buch vor allem schon so lange einmal lesen wollte. Ich hoffe, das Buch ganz bald lesen zu können, ich habe nämlich richtig Lust darauf. Hier kommt ihr zur Verlagsseite.

Trotz drei Neuzugängen (und vor allem auch nur drei gelesenen Büchern im Monat Juli), ist mein SuB geschrumpft und zwar aufgrund einiger aussortierter Bücher, die bereits weggegeben sind und Platz für neue Bücher geschaffen haben. Ausserdem ist es mein Ziel, dass mein SuB bald wirklich nur noch ein Stapel und nicht mehr ein ganzes Regal mit sieben komplett gefüllten Regalbrettern voller Bücher ist...

Habt ihr die Bücher gelesen, welche im Juli zu mir gefunden haben? Wie haben sie euch gefallen?

Die Zahlen im Überblick:
Geschenkt bekommene Bücher: 1
Rezensionsexemplare: -
Gekaufte Bücher: 1
Eingesammelte Bücher: 1
Gesamte Neuzugänge: 3
SuB am Monatsbeginn: 151
Aktueller SuB: 148

Wieder zuhause

 
Hallo ihr Lieben

Wie schnell doch die Zeit vergangen ist. Habt ihr überhaupt bemerkt, dass es hier plötzlich ruhig war? Der Liebste und ich waren zehn Tage in Bosnien bei der Schwiegerfamilie und ich habe mich einfach ausgeklinkt. Neudeutsch wäre das dann wohl eine "Digitale Auszeit" gewesen, aber eigentlich waren es einfach nur ein paar gute alte Urlaubstage, in denen fast kein Internet und dafür um so mehr Familienzeit, Lesezeit und ganz viel Ruhe auf dem Programm standen. Hier und hier habe ich ganz kurz davon berichtet und das war es auch schon und es war perfekt.

Und nun freue ich mich darauf...
  • einen Post über die Neuzugänge aus dem Juli
  • eine Lese-Statistik aus dem Juli
  • eine Rezension zum ersten gelesenen Buch im August
...zu tippen. Bald auch schon werde ich mit frischer Energie ins neue Schuljahr starten, ins neue-alte Büro/Musikzimmer einziehen, die restliche Wäsche im Schrank verstauen (ich habe heute vier Maschinen Wäsche gewaschen), die Wohnung auf Vordermann bringen und vor allem freue ich mich auch darauf, bei euch allen zu erstöbern, was in den letzten Tagen in der Bücherwelt alles geschehen ist.

Habt noch einen wunderschönen Abend und wir lesen uns
Livia