Rezension: Das Schlimmste kommt noch (oder Fast eine Jugend)

Das Schlimmste kommt noch oder Fast eine Jugend - Charles Bukowsky
 

Beschreibung des Verlages:
Charles Bukowskis Jugend im Amerika der 20er und 30er Jahre.

Henry Chinasky (alias Bukowski) gehört nicht zu den Privilegierten Amerikas. Sein Vater verlässt jeden Morgen pünktlich das Haus, damit die Nachbarn nicht merken, daß er arbeitslos ist. In der Schule ist Henry Chinaski der »Sauerkrautfresser«. Dort lernt er rasch, die Fäuste oben zu halten, wenn die anderen über ihn herfallen. Er darf nicht zurückstehen, wenn die anderen prahlen, sie hätten »es« schon mit Weibern gemacht, und er weiß, daß er sich sein Leben lang als Außenseiter durchschlagen muss ...
Inhalt:
Henry Chinasky ist still, einsam und lässt sich von niemandem etwas sagen. Seine Eltern sind arm, wollen aber gerne reich sein und benehmen sich deshalb so, wie sie denken, dass sich reiche Menschen benehmen sollten. Kinder sind da, um den Mund zu halten und später eine gute Ausbildung zu machen und arbeiten zu gehen. Also bleibt Henry still, lässt aber auf dem Schulhof seine Fäuste sprechen. Er scheint komische Kauze anzuziehen und umgibt sich aus Mitleid mit dem einarmigen Red oder dem bald kahlen Baldy. Mit Red wird er besser im Football, mit Baldy schafft er es bis ins Studium und die Kämpfe seiner Freunde ficht er auch gleich noch für sie mit aus.
Meine Meinung:
Heute vor hundert Jahren wurde Charles Bukowski geboren und nach einigen Seiten in "Das Schlimmste kommt noch", die ich ihm zu Ehren heute lesen wollte, inhalierte ich das Buch in wenigen Stunden komplett. Die rauhe, derbe, aber auch urkomische Sprache kannte ich schon von "Den Göttern kommt das grosse Kotzen" und "Opfer der Telefonitis", die Fixiertheit auf den jugendlichen Sexualtrieb, die Probleme mit extremster Akne und die Gewalterfahrungen innerhalb der Familie, aber auch die unendlich schrägen Situationen mit dem Vater und Chinaskys Mitschülern, machen dieses Buch zu einer unterhaltsamen, kritischen und fesselnden Erzählung.

Sprache:
Gewohnt ungeschönt - direkt aus der Gosse und mitten ins Herz - beschreibt Bukowski die Kindheit und Jugend seines Ich-Erzählers und alter Ego Chinasky und spart dabei nicht an detaillierten Beschreibungen der Ausschweifungen, Exzesse, des Scheiterns und Suchens seines Anti-Helden. Nur gegen Ende wird die Erzählung ein wenig zäh, bevor sie am Schluss noch einmal gewaltig aufrüttelt und leider kommen die Szenen rund um das Schreiben ein wenig zu kurz. Nichtsdestotrotz rast die Handlung, die eigentlich wie eine atemlose Aneinanderreihung von Ereignissen scheint, nur so dahin und macht Lust auf mehr.
Besonders spannend: die Sprache hat mich sehr stark an eine derbere Form von Hemingway erinnert, was sicher damit zusammenhängen könnte, dass Hemingway eines von Bukowskis grössten Vorbildern war, wie sich im Verlauf der Lektüre herausstellt.

Meine Empfehlung:
Greift doch wieder einmal zu einem guten alten Bukowski, gönnt euch ein Weinchen dazu und erfreut euch eures täglichen Glücks, das anderen ein Leben lang verwehrt bleibt.

Zusätzliche Infos:
Titel:
Das Schlimmste kommt noch oder Fast eine Jugend
Originaltitel: Ham on Rye
Autor: Charles Bukowski, am 16. August 1920 in Andernach geboren, seit dem zweiten Lebensjahr Einwohner von Los Angeles, begann nach wechselnden Jobs als Tankwart, Schlachthof- und Hafenarbeiter (und natürlich als Postmann) zu schreiben. Er starb am 9. März 1994 in San Pedro/LA.
Sprache: Deutsch
Aus dem amerikanischen Englisch von: Carl Weissner
Taschenbuch: 352 Seiten
Verlag: dtvErschienen am:

4 Kommentare:

  1. Liebe Livia,

    das klingt so gut! Von Bukowski habe ich leider noch nichts gelesen, aber dieses Buch landet gleich auf meiner Wunschliste. :D

    Auf Instagram meinte ich noch, ich hätte von ihm "Der Stotterer" im Regal stehen, da habe ich mich allerdings ein bisschen vertan. Tatsächlich ist das nämlich von einem anderen Charles, Charles Lewinsky. :)

    Ganz liebe Grüße,
    Kathi

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  2. Hallo liebe Kathi

    Hach und ich dachte mir noch, dass der Titel viel zu nett klingt ;-) Von Charles Lewinsky steht hier noch "Melnitz", aber die vielen Seiten schrecken mich ab. Hast du es schon gelesen?

    Alles Liebe
    Livia

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    1. Hallihallo!

      Nein, leider noch nicht, weil ich es in Ruhe mit viel Zeit lesen möchte (das sage ich schon seit Monaten). Vor ein paar Tagen ist sein neuestes "Der Halbbart" bei mir eingezogen, das ist auch ein ganz schöner Wälzer, den ich definitiv zeitnah lesen werde, weil er für den Deutschen Buchpreis nominiert ist. :D

      Allerliebste Grüße,
      Kathi

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    2. Hach, diese dicken Bücher immer... Aber klar, Buchpreis geht erst einmal vor und dann schauen wir weiter. Ich bin schon ganz gespannt auf deine Meinung.

      Alles Liebe und mach dir eine gute Woche
      Livia

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