Rezension: Lichtungen

Lichtungen - Iris Wolff

Beschreibung des Verlages:

Als der elfjährige Lev über Wochen ans Bett gefesselt ist, wird ausgerechnet die gescheite, aber von allen gemiedene Kato zu ihm ans Krankenbett geschickt, um ihm die Hausaufgaben zu bringen. Zwischen dem ungleichen Paar entsteht eine unverbrüchliche Verbindung, die Lev aus seiner Versteinerung löst und den beiden Heranwachsenden im kommunistischen Vielvölkerstaat Rumänien einen Halt bietet. Ein halbes Leben später läuft Lev noch immer die Pfade ihrer Kindheit ab, während Kato schon vor Jahren in den Westen aufgebrochen ist. Geblieben sind Lev nur ihre gezeichneten Postkarten aus ganz Europa. Bis ihn eines Tages eine Karte aus Zürich erreicht, darauf nur ein einziger Satz: »Wann kommst du?« Kunstvoll und poetisch verwandelt Iris Wolff jenen Moment in Sprache, wenn ein Leben ans andere rührt, und zeichnet in ihrem großen europäischen Roman das Porträt einer berührenden Freundschaft, die sich als Reise in die Vergangenheit offenbart und deren Leuchten noch lange nachklingt.

Inhalt:
In diesem für den Deutschen Buchpreis 2024 nominierten Roman zäumt Iris Wolff ein Leben von hinten auf. Sie beginnt in der Gegenwart mit Kapitel neun und der gemeinsamen Heimreise von Kato und Lev, welche aus dem rumänischen Siebenbürgen stammen und seit ihrer Kindheit befreundet sind. Dann reist sie Kapitel für Kapitel der Geschichte Rumäniens entlang zurück in die Vergangenheit und in verschiedene Episoden aus Levs Leben und seiner Freundschaft mit Kato.

Meine Meinung:
Schon "Die Unschärfe der Welt" hat mich begeistert, was vor allem an Wolffs einzigartigem Schreibstil liegt, auf den man sich aber einlassen muss. Auch bei "Lichtungen" habe ich ein wenig Zeit gebraucht, um im Roman und bei den Figuren anzukommen, habe mich dann aber in einer beeindruckenden und spannenden Geschichte wiedergefunden. Dennoch hat mir "Die Unschärfe der Welt" fast noch ein wenig besser gefallen, weil es mich emotional einfach besser abholen konnte, während "Lichtungen" - vielleicht gewollt, vielleicht auch nicht - diesbezüglich eher ein wenig kühl bleibt.

Schreibstil und Aufbau:
Eine von hinten nach vorne erzählte Geschichte ist definitiv eine aussergewöhnliche Idee und von Wolff sehr geschickt umgesetzt. Sie springt zwar - auch wenn sie grundsätzlich chronologisch erzählt - trotzdem immer wieder umher, flicht Rückblenden ein und hinterlässt kleine Hinweise auf Ereignisse, die noch kommen könnten oder bereits geschehen sind, dies geschieht aber alles mit einer enormen Leichtigkeit und Finesse. Dadurch wirkt die Geschichte, als würde sie an einem grossen Tisch bei einem Familientreffen erzählt. Alle steuern noch ihre Erinnerungen und Anekdoten bei und unterbrechen sich gegenseitig mit ihren Einwürfen.

Meine Empfehlung:
Wolffs Schreibstil, die geschickte und kluge Verknüpfung ihrer Figuren mit der Geschichte Rumäniens und ganz Europa sowie ihre schriftstellerischen Kniffe und Ideen haben es in sich. Ich freue mich auf weitere Bücher dieser beeindruckenden Autorin.

Zusätzliche Infos:
Titel:
Lichtungen
Autorin: Iris Wolff, geboren in Hermannstadt, Siebenbürgen. Die Autorin wurde für ihr literarisches Schaffen mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt, darunter mit dem Marieluise-Fleißer-Preis und dem Marie Luise Kaschnitz-Preis für ihr Gesamtwerk. Zuletzt erschien 2020 der Roman »Die Unschärfe der Welt«, der mit dem Evangelischen Buchpreis, dem Eichendorff-Literaturpreis, dem Preis der LiteraTour Nord und dem Solothurner Literaturpreis ausgezeichnet sowie unter die fünf Lieblingsbücher des Deutschen als auch des Deutschschweizer Buchhandels gewählt wurde. Die Autorin lebt in Freiburg im Breisgau.
Sprache: Deutsch
Gebunden mit Schutzumschlag: 256 Seiten
Verlag: Klett-Cotta
Erscheinungstermin: 13.01.2024
ISBN: 978-3-608-98770-6

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