Rezension: Vierzehn

Vierzehn - Tamara Bach

Beschreibung des Verlages:
Nominiert für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2017! (Kritikerjury und Jugendjury)
Der erste Schultag. Zwei Wochen vor den Sommerferien ist Beh krank geworden und konnte nicht mit den anderen in den Urlaub fahren. Als das neue Schuljahr anfängt, hat sie alle acht Wochen lang nicht gesehen. Viel ist passiert, ihre Freundinnen haben neue Leute kennengelernt und Geschichten zu erzählen. Beh dagegen war nur zu Hause. Aber eigentlich war da mehr, von dem ihre Freundinnen nichts wissen. Zu Hause liegt eine Postkarte für sie im Briefkasten, in der Stadt gibt es ein Zimmer mit blauen Wänden, da ist ein Hund, ein Mädchen mit Schwimmflügeln und lauter Orte, die Beh bis zum Abend noch fotografieren wird, weil ihnen etwas fehlt. Und als Beh am Ende des Tages ihre Zimmertür schließt, hat sie auch jemand bei ihrem vollen Namen genannt.

Meine Meinung:
Ich bin sehr froh, dass das liebe Bröselchen noch einmal auf den Deutschen Jugendliteraturpreis 2017 aufmerksam gemacht und die nominierten Bücher in diesem Post erwähnt hat. Grün ist eine meiner absoluten Lieblingsfarben, das Cover, die ganze Aufmachung und der wundervolle Klappentext von "Vierzehn" sind mir deshalb gleich ins Auge gestochen und haben mich überzeugt. Ich habe mir das Buch sofort bestellt und innerhalb von nur einem Tag gelesen. Das kleine Büchlein ist ein wahrer Schatz, der sagenhafte Schreibstil hat mich umgehauen, die Tragik und der Schmerz aber auch Hoffnung haben mich überrollt und die Handlung mit den vielen Leerstellen hat mich restlos begeistert. Schon lange habe ich kein so dichtes und fesselndes Buch, mit so wenig Text aber mit so viel Gefühl gelesen. Und als ich dann das Buch noch aus seinem Schutzumschlag gepackt habe, damit beim Lesen nichts zerknittert, habe ich gesehen, wie schön es daherkommt. Weil einfach alles passt.
Ich frage mich gerade, warum "Vierzehn" nicht wesentlich mehr verdiente Aufmerksamkeit bekommen hat, warum es mir bis vor wenigen Tagen komplett unbekannt war und warum ich vorher noch kein anderes Buch der Autorin gelesen habe. Es ist wirklich eine Schande.

Schreibstil und Handlung:
Ein einziger Tag. Ein Tag, der Behs Leben umkrempelt und der eine Achterbahn der Gefühle beinhaltet. Der erste Tag nach den Sommerferien, sieben Stunden Unterricht, ein Hundespaziergang, ein Besuch im Freibad, ein Abendessen. Alles wäre so normal, wenn es nicht dieses Ding gäbe, wenn da nicht eine Leere wäre. Und dieses Zimmer.
Im Kunstunterricht wird von der Lehrerin ein neues Schulprojekt vorgestellt. Die Schülerinnen und Schüler sollen verlassene Orte und Gebiete fotografieren und später zeichnen. Leerstellen. Dieses wunderschöne Handlungsdetail passt einfach so gut zum Schreibstil, weil die Autorin um die Ereignisse herum erzählt. Weil sie auslässt, weil erst am Ende klar wird, was es mit all den Dingen, Menschen und Orten auf sich hat, die Beh an diesem Tag angetroffen hat. Weil sich erst da alles zusammenfügt, Handlung und Sprache, Beh und ihre Sommerferien, Beh und ihr erster Schultag.
Vom allwissenden Erzähler, der manchmal vorgreift, manchmal zurückschaut und auch erzählt, was gewisse Ereignisse für Folgen haben, die Beh gar nicht wahrnimmt, wird Beh immer direkt in der zweiten Person Singular angesprochen. Und so wird im "Du-Stil" en Detail beschrieben wie sie diesen ersten Schultag erlebt. Und weil dies so wunderbar aussergewöhnlich und auch komplett konsequent geschieht, habe ich euch hier ein herrlich poetisch-amüsantes Beispiel herausgesucht:

Fill in the gaps.
Na gut.
Du kennst das Lied.
Jeder kennt das Lied.
Die ganze Menschheit kennt das Lied.
Instructions sind wie folgt: Listen closely, what do you think this song ist about? Well, duh, America!
Du hörst zu, du fillst in the gaps, du vergleichst mit deinen peers und korrigierst everything Falsches. Du lernst bestimmt sehr viel heute.
Vierzehn, S.39

Und genau so wird die ganze Geschichte von Beh erzählt und wie sie selber ihren Platz in dieser Geschichte findet oder vielleicht mit der Zeit finden wird. Und wie in ganz viel Leere auch neue Hoffnung wachsen kann.

Meine Empfehlung:
"Vierzehn" von Tamara Bach ist poetisch und traurig, unterhaltsam und voller Gefühl und es fesselt vom ersten bis zum letzten Satz. Obwohl ich dieses Buch so geliebt habe und einige Seiten mehrmals gelesen habe, weil sie mir einfach so gut gefallen haben, kann ich noch immer nicht in Worte fassen, was "Vierzehn" mir bedeutet und in mir ausgelöst hat. Ich empfehle es euch auf jeden Fall ohen Wenn und Aber weiter und lege es euch direkt ans Herz, damit es dort einen guten Platz finden kann.

Zusätzliche Infos:
Titel: Vierzehn
Autorin: Tamara Bach, 1976 in Limburg an der Lahn geboren, studierte in Berlin Englisch und Deutsch für das Lehramt. Ihr erstes Buch, "Marsmädchen", wurde als noch unveröffentlichtes Manuskript mit dem Oldenburger Kinder- und Jugendbuchpreis ausgezeichnet und erhielt außerdem den Deutschen Jugendliteraturpreis. Weitere Bücher und Auszeichnungen folgten, u.a. der Katholische Kinder- und Jugendbuchpreis 2013 für "Was vom Sommer übrig ist". 2014 stand "Marienbilder" auf der internationalen Auswahlliste White Ravens. Heute lebt und schreibt Tamara Bach in Berlin. Ihr neuestes Buch heißt "Vierzehn" und ist ebenfalls bei Carlsen erschienen.
Sprache: Deutsch
Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen: 112 Seiten 
Verlag: Carlsen
Erschienen am: September 2016
ISBN: 978-3-551-58359-8

8 Kommentare:

  1. Hallo Livia,

    da ist die Rezension ja schon.
    Ich bin jetzt irgendwie überrascht, dass es ein Jugendbuch ist :D Ich hab mir den Inhalt ja gar nicht weiter angeschaut, sondern nur das Bild bei Insta betrachtet. Sah für mich aus wie ein Roman... :D

    Das sieht ja ohne Schutzumschlag noch besser aus. Richtig klasse.

    Es freut mich, dass du so ein tolles Leseerlebnis hattest. Ich bin noch nicht so hundertprozentig überzeugt, aber notiere es mal auf meiner Vielleicht-Liste.

    Liebe Grüße
    Julia

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    1. Liebe Julia

      Stimmt, das habe ich wahrscheinlich gar nicht erwähnt vorher. Das ist mir ja eigentlich auch immer ziemlich egal, weil ich Bücher einfach lese und dabei total vergesse, ob ich gerade ein Jugendbuch in der Hand halte oder nicht :-)

      Klar, notiere es dir. Mich hat "Vierzehn" wirklich restlos begeistert und ich denke, dass es dir auch gefallen könnte.

      Alles Liebe
      Livia

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    2. Im Grunde ist das ja auch egal welches Genre es ist. Nur wenn man das Buch in Erwartung eines Erwachsenenromans aufschlägt und dann ist der Protagonist 14 oder so, kann das natürlich sehr überraschend sein.

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    3. Genau, da hast du recht. Das hätte ich dann wahrscheinlich noch deutlicher erwähnen sollen.

      Ganz liebe Grüsse und einen guten Tag dir
      Livia

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  2. Hallöchen Livia!

    Toll, dass du etwas von Tamara Bach gelesen hast :) Ich liebe ihren Schreibstil sehr, bin aber schon länger nicht mehr dazu gekommen etwas von ihr zu lesen. Aber in meiner Schulzeit habe ich "Marsmädchen" von ihr ungefähr fünf oder sechs Mal gelesen so gut hat es mir gefallen! Vielleicht sollte ich also auch dieses Buch auf meiner Wunschliste weiter nach oben setzen, damit ich es "ganz bald in Buchbloggerzeit" lesen kann :)

    Schöne Grüße aus Salzburg!

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    1. Hallo liebe Misty

      Ich muss "Marsmädchen" auch unbedingt bald einmal lesen. Der Name war mir ja schon immer bekannt, die Bücher haben es aber leider bis jetzt nicht bis zu mir geschafft.

      Sehr gut, du wirst das schaffen :-)
      Alles Liebe dir
      Livia

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  3. Huhu!

    Eine ganz wunderbare Rezension! Das Buch klingt großartig.

    Ich habe deinen Beitrag HIER für meine Kreuzfahrt durchs Meer der Buchblogs verlinkt!

    LG,
    Mikka

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    1. Liebe Mikka

      Das freut mich sehr, ich schaue gleich vorbei :-)

      Alles Liebe
      Livia

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