Mein SuB kommt zu Wort, 20.05.25

Alle Informationen zur Aktion findet ihr bei Melli

Hallo ihr Lieben

Mellis Aktion kommt gerade wie gerufen. Seit der Aktion im Februar habe ich nämlich meine SuBrina nicht an die Tastatur gelassen und dabei beschäftige ich mich doch gerade so intensiv mit ihr, wie schon lange nicht mehr. Wie so viele von euch baue ich seit Jahren ab und seit dem absoluten Höchststand im Januar 2017 (247 Bücher) und einem ersten richtig grossen Entrümpeln im Mai 2017 geht es hier auch in eine gute Richtung. Aber leider zu langsam. Zu viele tolle Neuerscheinungen und Bücherschrankfunde locken und sooo schnell wie früher lese ich halt wirklich auch nicht mehr. Ausserdem ist meine SuBrina hoffnungslos überaltert (sorry, du Liebe...) und ich würde ihr gerne einen schönen Platz im Regal geben und sie noch viel mehr schätzen. Ich dachte immer, dass ein SuB-Stand zwischen 30 und 50 Büchern mich sehr glücklich machen würde. Aber seit einigen Wochen bin ich überzeugt, dass hier maximal 5 bis 10 ungelesene Bücher herumstehen sollten. Ich möchte nämlich jederzeit in der Lage sein, ein Buch zu kaufen/aus dem Bücherschrank oder der Bibliothek zu holen und direkt zu lesen, wenn ich Lust darauf habe. Und ich möchte gleichzeitig weniger und weniger Dinge besitzen, die keinen Zweck erfüllen und die mich nicht glücklich machen. Es ist natürlich ein enormer Unterschied auf 30 bis 50 oder auf 5 bis 10 Bücher zu kommen und mit dem aktuellen Abbau-Tempo würde ich ein solches Ziel wohl erst in Jaaaahren erreichen, was ich aber nicht will. Also wird jetzt abgebaut und aussortiert. Ohne klar definierte Regeln und ohne Zeitrahmen, weil das nur Druck erzeugt, aber mit dem Willen, bald mehr Leichtigkeit zu haben.
Und wie es der Zufall will - manchmal sind wir wirklich Seelenschwestern - hat Melli vor einigen Tagen einen Post veröffentlicht, der mir direkt aus dem Herz spricht und hat mich damit noch einmal mehr dazu angespornt, meine SuBrina sanft aber bestimmt in ihre Schranken zu weisen.

1. Wie groß bist du aktuell (Du darfst entscheiden, ob du nur Print oder eBook & Print zählst)?
Hallo ihr Lieben
Es freut mich, dass Frauchen mich mal wieder an die Tastatur lässt und obwohl mich ihre Pläne zuerst nicht wirklich begeistert haben (I mean....5-10 Bücher???!!!), kann ich ihr in einem Punkt schon zustimmen: es ist wirklich schön, mehr Platz im Regal zu haben. Und ja, ich muss ehrlich zugeben, dass ich es auch mag, wenn ich viel Aufmerksamkeit bekomme und gerne gehegt und gepflegt werde und nicht einfach nur ein schlechtes Gewissen verursache :-D
Aktuell wiege ich 77 Bücher und nun schauen wir, wie lange es dauert, bis ich im einstelligen Bereich bin. Wow, einstellig....mal sehen, ob sie das überhaupt jemals hinkriegt ;-)

Die SuB-Entwicklung in der Übersicht:
20.05.2016: 222 Bücher (allererste Teilnahme bei dieser Aktion)
20.02.2017: 243 Bücher (absoluter SuB-Höchststand war im Januar 2017 mit 247 Büchern)
20.05.2017: 184 Bücher (nach der grossen Entrümpelung)
20.01.2018: 166 Bücher
20.12.2018: 145 Bücher (es geht voran)
20.01.2020: 132 Bücher (laaaaangsam, aber stetig)
20.01.2021: 116 Bücher
20.01.2022: 101 Bücher (uHu-Bereich in greifbarer Nähe...)
20.08.2022: 96 Bücher (definitiv im uHu-Bereich angekommen)
20.12.2022: 77 Bücher
2. Wie ist die SuB-Pflege bisher gelaufen – zeig mir deine drei neuesten Schätze auf deinem Stapel!
Vor einigen Tagen ist "A Year at Castle Court" von Holly Hepburn hier angekommen. Das hat Livia im April bestellt, aber bei englischen Büchern dauert die Lieferung halt manchmal länger.
Ausserdem hat Katy uns mit einem Paket überrascht und den SuB grosszügig mit zwei Büchern gefüttert. Das waren:
"Stromlinien" von Rebekka Frank und "Über den Wolken wohnen die Träume" von Meike Werkmeister.

3. Welches Buch hat dich als letztes verlassen, weil es gelesen wurde? War es eine SuB-Leiche, ein Reihen-Teil, ein neues Buch oder ein Rezi-Exemplar und wie hat es deiner Besitzerin gefallen (gerne mit Rezensionslink)?
Gestern hat Livia "Ich, Eleanor Oliphant" von Gail Honeyman beendet. Das Buch hat sie nach Weihnachten von einer Tante bekommen, die ihre gelesenen Bücher gerne weitergibt. Mein Frauchen war begeistert und berührt. Hier kommt ihr zur REZENSION

4.
Liebe:r SuB, gibt es Buchtitel auf Deinen Stapeln, die (teilweise) auf Englisch sind (unabhängig von der Sprache, in der das Buch verfasst wurde)?
Englische Titel und englische Bücher liegen einige hier. Aktuell liest Frauchen "Haha Heartbreak" (Deutsch) von Olivia Kuderewski und "The Mothers" (Englisch) von Brit Bennet. Die beiden Bücher sollte sie bis zur nächsten Aktion schon gelesen haben, denke ich :-D

Und nun wünschen wir euch ganz eine gute Zeit und ein frohes Stöbern. Hinterlasst doch gerne den Link zu eurem Beitrag in den Kommentaren, dann kommen wir auf einen Gegenbesuch vorbei.

Alles Liebe
SuBrina (und Livia)

Rezension: Ich, Eleanor Oliphant

Ich, Eleanor Oliphant - Gail Honeyman

Beschreibung des Verlages (der Link führt zur Taschenbuchausgabe):

Ich wusste nicht, wann ich mich zuletzt so gut gefühlt hatte - so leicht, so wach, so lebendig. Vielleicht fühlte Glück sich so an?
Eleanor Oliphant ist anders als andere Menschen. Auf Äußerlichkeiten legt sie wenig Wert, erledigt seit Jahren klaglos einen einfachen Verwaltungsjob und verbringt ihre Freizeit grundsätzlich allein. Ein Leben ohne soziale Kontakte oder nennenswerte Höhepunkte - Eleanor kennt es nicht anders.
Doch das ändert sich schlagartig, als Eleanor sich verliebt. Veränderungen müssen her! Nur wie? Der neue Kollege Raymond erweist sich als unerwartete Hilfe ... und plötzlich findet sich Eleanor mittendrin im Leben.

TW: Alkohol/Alkoholmissbrauch/Sucht, Kindeswohlgefährdung/Gewalt an Kindern, Mord, Suizidversuch, Depression

Inhalt:
Eleanor Oliphant geht einer geregelten Arbeit in einem Grossraumbüro nach. Abends isst sie jeden Tag Pasta mit Pesto, kauft einmal in der Woche ein und verbringt das Wochenende mit zwei Flaschen Wodka auf dem Sofa. Sie ist einsam, weiss aber gar nicht, was es bedeutet, gerne unter Menschen zu sein. Eines Tages aber weckt ein Mann ihr Interesse und sie nimmt sich vor, ihr Leben umzukrempeln, nichtsahnend, was schon kleinste Veränderungen für riesige Auswirkungen haben können...

Meine Meinung:
Von der ersten Seite an habe ich Eleanor Oliphant in mein Herz geschlossen. Sie hat mich von der Art her ein wenig an die Protagonistin aus "Seltsame Sally Diamond" von Liz Nugent erinnert, sind doch beide Frauen so aufgewachsen, dass sie viele soziale Gepflogenheiten nicht verstehen können, dafür aber besondere Interessen haben. Eleanor Oliphant beispielsweise spricht Latein und löst gerne komplexe Kreuzworträtsel. Bei ihrer Arbeit wird sie ignoriert oder belächelt und aller Ablehnung zum Trotz geht sie immer ihren eigenen Weg. Eine grosse Hilfe ist ihr Arbeitskollege Raymond, der ihr nach einem Zwischenfall, bei dem sie beide erste Hilfe geleistet haben, stets zur Seite steht.

Schreibstil und Aufbau:
Das Buch ist in die drei Abschnitte "Gute Tage", "Schlechte Tage" und "Bessere Tage" eingeteilt und wie diese Titel bereits suggerieren, erleben wir mit unserer Protagonistin eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Viele Missverständnisse, die aufgrund von Oliphants sehr wortwörtlicher Auslegung von Redewendungen oder anderen Aussagen entstehen, sind zum Schreien komisch. Die Geschichten aus ihrer Kindheit aber haben mich sehr bewegt und die Hindernisse, die sie dadurch in ihrem Alltag zu überwinden hat, haben mich daran erinnert, dass wir oft nicht wissen, welche Päckchen unsere Mitmenschen zu tragen haben.
Allem Schweren zum Trotz konzentriert sich dieses grossartig geschriebene Buch auf die schönen Kleinigkeiten, an denen Eleanor Oliphant sich erfreut und auf die Entwicklung, welche sie zurücklegt.

Meine Empfehlung:
Dieses einzigartige Buch hat mich tief berührt und wird noch lange nachhallen. Es beinhaltet nicht ganz einfache Themen, geht aber sehr einfühlsam und mit einer beeindruckenden Leichtigkeit damit um. Von mir gibt es eine sehr herzliche Leseempfehlung.

Zusätzliche Infos:
Titel:
Ich, Eleanor Oliphant
Originaltitel: Eleanor Oliphant is completely fine
Autorin: Gail Honeyman lebt und arbeitet in Glasgow. Sie bekam bereits mehrere Preise für ihr Schreiben. Ich, Eleanor Oliphant ist ihr erster Roman.
Sprache: Deutsch
Aus dem Englischen von: Alexandra Kranefeld
Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen: 528 Seiten
Verlag: Bastei Lübbe (Ehrenwirth)
Ersterscheinung: 24.04.2017
ISBN: 9783431039788

Rezension: Ungezähmt

Ungezähmt - Glennon Doyle

Beschreibung des Verlages:

Hör auf, gefallen zu wollen, und fang an zu leben.
Seit ihrem zehnten Lebensjahr strebt Glennon Doyle danach, gut zu sein: eine gute Tochter, eine gute Freundin, eine gute Ehefrau - so wie die meisten Frauen schon als Mädchen lernen, sich anzupassen. Doch statt sie glücklich zu machen, hinterlässt dieses Streben zunehmend ein Gefühl von Müdigkeit, Über- und Unterforderung. Glennon - erfolgreiche Bestsellerautorin, verheiratet, Mutter von drei Kindern - droht, sich selbst zu verlieren. Bis sie sich eines Tages Hals über Kopf in eine Frau verliebt - und endlich beschließt, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. 
Glennon Doyle zeigt uns, was Großes geschieht, wenn Frauen aufhören, sich selbst zu vernachlässigen, um den an sie gestellten Erwartungen gerecht zu werden, und anfangen, auf sich selbst zu vertrauen. Wenn sie auf ihr Leben schauen und erkennen: Das bin ich. Ungezähmt.

"Vielleicht war Eva uns niemals zur Warnung gedacht. Vielleicht war sie uns zum Vorbild gedacht.
Gesteh dir dein Verlangen ein.
Iss den Apfel.
Lass es brennen."
(S. 136)

Meine Meinung:
Die Tatsache, dass dies meine erste Rezension im Mai ist, weil ich so lange gebraucht habe, um dieses Buch zu lesen und dass ich mich auch so lange vor dem Schreiben der Rezension gedrückt habe, sagt eigentlich schon alles...
Das Buch wollte ich unbedingt lesen, weil Maria Christina Piwowarski in der Corona-Zeit oft empfohlen hat und weil ich es mir deshalb vor bald fünf Jahren auf die Wunschliste gepackt habe. Ein feministisches Buch einer Autorin, die selber hart mit sich ins Gericht geht, kritisch mit eigenen Glaubenssätzen umgeht und auch klar benennt, welche strukturellen Probleme oft zu Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten führen? Klingt super. Und der Anfang hat mich auch ehrlich begeistert. Leider folgt nun ein Aber (oder zwei): erstens hat mich gestört, wie repetitiv und abgedroschen viele Überlegungen und Phrasen sind. Vielleicht habe ich auch einfach schon so viele gute, differenzierte, kluge und ehrliche feministische Literatur gelesen, dass mich die "Erkenntnisse", welche Doyle hier präsentiert, nicht vom Hocker gehauen haben. Zweitens stört mich auch, wie sich Doyle oft hinter ihrer Spiritualität versteckt. Nicht, weil mich solche Themen in Büchern stören, sondern weil diese Stellen im Buch so aufgesetzt und pathetisch wirken, dass ich mich beim Lesen unwohl gefühlt habe. Doyle ist sich ihrer Massenwirksamkeit sehr bewusst, sie weiss, dass sie vor allem von (sehr, sehr vielen) weissen, christlichen, mit Männern verheirateten und kinderreichen Amerikanerinnen gelesen wird und diese Zielgruppe spricht sie auch sehr gezielt an. Besonders irritiert haben mich ihre ach so neuen Selbsterkenntnisse in Bezug auf ihre eigenen Privilegien. Ich muss leider zugeben, dass es echt nicht immer einfach war, Empathie für diese Frau zu empfinden, die in der Mitte ihres Lebens plötzlich bemerkt hat, dass beispielsweise Schwarzen Menschen, respektive natürlich allen BiPoC (und auch hier vor allem Frauen) andere Steine in den Weg gelegt werden, als einer weissen Frau...
Ich ziehe aber ehrlich meinen Hut vor der Offenheit, mit der Doyle über ihre Fehler und ihr eigenes Lernen berichtet und mir ist bewusst, dass die Bubble, in der sie aufgewachsen ist, dazu geführt hat, dass sie sich ihrer eigenen Position nicht bewusst war. Auch finde ich es beeindruckend, dass sie ihre Wut und ihre aus ihrem neuen Lebensentwurf gewonnene Kraft dazu genutzt hat, ein grosses gemeinnütziges Netzwerk ins Leben zu rufen, das jährlich unzähligen Menschen, mir Rat, Tat und grossen finanziellen Beträgen unter die Arme greift.

Meine Empfehlung/Fazit:
Ich denke, dass dieses Buch ein sehr guter Einstieg ins Thema sein und vielen Menschen Gedankenanstösse, Hilfestellungen und Hoffnung schenken kann. Mir persönlich ging das Buch zu wenig weit und vor allem habe ich mich mit dem aufgesetzten Pathos sehr schwer getan. Das Buch kommt in einen Bücherschrank und wird hoffentlich in die richtigen Hände fallen, damit es noch viel Gutes bewirken kann.

Zusätzliche Infos:
Titel:
Ungezähmt
Originaltitel: Untamed
Autorin: Glennon Doyle ist Bestsellerautorin, renommierte Aktivistin sowie Gründerin und Präsidentin von Together Rising, einer von Frauen geführten gemeinnützigen Organisation. Oprah Winfrey gehört zu ihren Unterstützerinnen, genau so wie Elizabeth Gilbert und Reese Witherspoon. Glennon Doyle lebt mit ihrer Familie in Florida.
Sprache: Deutsch
Übersetzt von: Sabine Längsfeld
Paperback: 352 Seiten
Verlag: Rowohlt Taschenbuch
Erscheinungstermin: 17.11.2020
ISBN: 978-3-499-00621-0

Lese-Statistik April 2025

Hallo ihr Lieben

Was für ein Monat, der April hatte es richtig in sich und hat mir so viele wundervolle Momente mitgebracht. Direkt am Anfang des Monats hatte ich noch zwei Konzerte und eine ziemlich volle Woche, dann aber standen zwei Wochen Schulferien an, die ich richtig gut nutzen, ein wenig Pause machen und liebe Menschen treffen, aber auch viel arbeiten konnte. In der ersten unterrichtsfreien Woche habe ich nämlich meine ganzen Vorbereitungen erledigt, die für die Musikschule für die Monate April und Mai anstanden, setzte meinen Computer neu auf und kümmerte mich um die Planung einiger Projekte. In der zweiten Woche habe ich dann wie wahnsinnig für ein grosses Projekt geübt, im Rahmen dessen ich im Mai fünf grosse Konzerte in Lausanne und Luzern spiele (respektive spielte, Lausanne liegt schon hinter mir). Ostern verbrachten wir mit ganz vielen lieben Menschen, enorm viel Schokolade und wunderschönem Frühlingswetter. Ende April bis Anfang Mai reiste ich dann für ein paar Tage nach Luzern, um für die Mai-Konzerte zu proben.
Wie immer zeigt sich: wenn ich viel arbeite, sitze ich viel im Zug und entsprechend lese ich mehr, als sonst. Das zeigte sich auch im April und die meisten Bücher waren auch noch grandios. Nur "Was wiegt ein Schatten" hat mich ein wenig ausgebremst, am Ende des Monats habe ich dann aber noch einmal so richtig viele Seiten inhaliert. Und jetzt genug geplaudert, die Bücher zeige ich euch natürlich auch noch alle im Detail.

Gelesen im April

Sommer, Sonne, Portugal, Romanze, Freundschaft und ganz viel Meer, amüsant, aber nicht so realistisch erzählt


Brutalie Geschichte vom Aufwachsen eines Jugendlichen aus dem Iran in einem Quartier in Deutschland


Spannendes Lesevergnügen aus Japan mit eher offenem Ende, das ganz viel Lust nach mehr geweckt hat


Meine Begeisterung für die Reihe ist ungebrochen, ein weiteres spannendes Abenteuer mit Matilda und Rory


Das Buch hat mich begeistert und tief berührt sowie immer wieder zum Lachen und Nachdenken gebracht


Ein Buch der leisen Töne, das doch so eine grosse Geschichte erzählt, ein riesiges Lesevergnügen


Ihr benötigt Sitzfleisch, bekommt aber eine berührende Familiengeschichte und eine abenteuerliche Romanze


Eine von hinten nach vorne erzählte Geschichte über Rumänien, das Leben, die Liebe und Freundschaft


Mein vielleicht bisher liebster Band der Reihe, extrem unterhaltsam und sehr, sehr klug und spannend erzählt


Alle Rezensionen und Seitenzahlen

Tödliches Vermächtnis - Linda Fairstein   (abgebrochen nach 46 Seiten)
Am Horizont wartet die Sonne - Meike Werkmeister   (432 Seiten)
Als wir Schwäne waren - Behzad Karim Khani   (192 Seiten)
Die Frau im lila Rock - Natsuko Imamura   (128 Seiten)
Die Erpressung des Soßen-Königs (Rory Shy 6) - Oliver Schlick   (320 Seiten)
Man kann auch in die Höhe fallen - Joachim Meyerhoff   (368 Seiten)
Prima Aussicht - Judith Poznan   (192 Seiten)
Wie schwer wiegt ein Schatten - Christiane Wirtz   (288 Seiten)
Lichtungen - Iris Wolff   (256 Seiten)
Der verratene Ganove (Rory Shy 7) - Oliver Schlick   (308 Seiten)

Neuzugänge

Tödliches Vermächtnis - Linda Fairstein   (Bücherschrankfund)
Sonntags in Trondheim - Anne B. Ragde   (neu gekauft)
I Capture the Castle - Dodie Smith   (neu gekauft)
Ungezähmt - Glennon Doyle   (neu gekauft)
Die Anatomie der Einsamkeit - Louise Pelt (Buchprämie aus der Lesejury)

Alle Zahlen in der Übersicht:

Gelesene Bücher: 9
Abgebrochene Bücher: 1
Ungelesen aussortierte Bücher: -

Gelesene Seiten: 2'530 Seiten
Durchschnittliche Seitenzahl pro Tag: 84.33 Seiten
Bücher von Autorinnen: 5
Bücher von Autoren: 4
Autor*innenduos (oder Gruppen): -
Geschenkt bekommene Bücher: -
Ausgeliehen: -
Buchgewinn: -
Buchprämien: 1
Rezensionsexemplare: -
Neu gekaufte Bücher: 3
Secondhand gekaufte Bücher: -
Eingesammelte Bücher: 1
Bibliotheksbücher: -
Gesamte Neuzugänge: 5
SuB am Monatsbeginn:
80
Aktueller SuB: 75
Differenz: - 5

Rezension: Der verratene Ganove (Rory Shy, der schüchterne Detektiv, Bd. 7)

Der verratene Ganove - Oliver Schlick

Beschreibung des Verlages:

Ein neuer Fall für den berühmten schüchternen Detektiv und seine 13-jährige Assistentin Matilda: Diesmal braucht Polizeiwachtmeister Schnitzel die Hilfe des Ermittler-Duos. Ein Unbekannter hat unter falschem Namen im Gasthaus des Ortes eingecheckt und ist kurz darauf spurlos verschwunden. Die Indizien führen zu einem Juwelenraub vor fünf Jahren, bei dem ein Dieb geschnappt wurde und zwei Mittätern mitsamt der Beute die Flucht gelang! Stecken die beiden hinter der Entführung? Und unter welcher geheimen Identität haben sich die Komplizen im Auental versteckt? Rory Shy muss alles geben und dafür sogar in einem Lifecoaching-Seminar über seinen Schatten sprinen.

Inhalt:
In der schönen Region Auental verschwindet ein Mann spurlos und Polizeiwachtmeister Schnitzel benötigt definitiv Unterstützung bei den Ermittlungen, die alles andere als ungefährlich sind. Ausserdem werden ihnen einige Steine in den Weg gelegt und vor allem Rory wird bei den Ermittlungen nicht wenige Male so richtig auf die Probe gestellt. Stromschnellen, starker Kaffee mit überraschenden Folgen, ein Seminar und ganz viele Lügen halten ihn so gut beschäftigt, dass er vor lauter Verdächtigen den Wald kaum noch sieht. Zum Glück bringt ihn Matilda ihn aber immer wieder auf Kurs.

Meine Meinung:
Was für ein würdiger Abschluss für diesen schönen Lesemonat: ein weiterer Band der Rory Shy-Reihe, mit einem Ermittlerduo, das zwar eigentlich einen Fall aufklären soll, aber gleich so vielen Geheimnissen und Geheimniskrämereien auf die Schliche kommt (oder zu kommen glaubt...). Es wird geschossen, geraubt und betrogen, dass man sich in einem Actionfilm wähnen könnte, aber Matilda und Rory Shy können noch viel mehr, als tief ins Gaunermilieu abtauchen und sich rechtzeitig aus der Schusslinie zu bringen (in diesem Band wortwörtlich). Sie verfügen nämlich über eine geheime Ermittlungsmethode sowie einen (hasenfüssigen) Spürhund und überzeugen mit ihrem Grips und Humor.

Schreibstil und Aufbau:
Was habe ich mich mit diesem wunderbaren Buch amüsiert und nach zwei Dritteln wusste ich immer noch nicht, worauf alles hinauslaufen würde, so wunderbar verstrickt und spannend aufgebaut war dieser Jugendkrimi. Sind Matildas und Rorys Methoden sowie sehr viele Vorkommnisse in dieser Reihe bei Lichte betrachtet unrealistisch? Auf jeden Fall. Wäre es absolut verantwortungslos, eine Dreizehnjährige in einer so gefährlichen Mission ermitteln zu lassen? Natürlich. Schreibt aber Oliver Schlick so klug, mit (schüchternem) Charme und viel Witz, dass die immer skurrileren Fälle und Entwicklungen einfach nur Spass machen? Ja, ja, ja.

Meine Empfehlung:
Ganz ehrlich, ich bin begeistert und muss einmal mehr die Beschreibungen der Figuren und Orte und den Einfallsreichtum dieser Serie loben. Ich hoffe auf ganz viele weitere Fälle mit Matilda und Rory Shy und empfehle euch auch diesen Band der Reihe unbedingt weiter.

Zusätzliche Infos:
Titel:
Der verratene Ganove
Autor: Oliver Schlick wurde 1964 in Neuwied/Rhein geboren. Nach Abitur und Zivildienst studierte er Sozialarbeit an der FH Düsseldorf. Seit mehreren Jahren ist er in der stationären Jugendhilfe und der Flüchtlingsarbeit tätig. Oliver Schlick lebt in Düsseldorf, und wenn er nicht schreibt, verbringt er die Zeit mit dem Sammeln von Schneekugeln und Blechspielzeug sowie dem exzessiven Hören von »The Cure«.
Sprache: Deutsch
Hardcover: 308 Seiten (nicht 320 Seiten, wie es auf der Website steht)
Verlag: Ueberreuter Verlag
Ersterscheinung: 12.02.2025
ISBN:
9783764152918

Rezension: Lichtungen

Lichtungen - Iris Wolff

Beschreibung des Verlages:

Als der elfjährige Lev über Wochen ans Bett gefesselt ist, wird ausgerechnet die gescheite, aber von allen gemiedene Kato zu ihm ans Krankenbett geschickt, um ihm die Hausaufgaben zu bringen. Zwischen dem ungleichen Paar entsteht eine unverbrüchliche Verbindung, die Lev aus seiner Versteinerung löst und den beiden Heranwachsenden im kommunistischen Vielvölkerstaat Rumänien einen Halt bietet. Ein halbes Leben später läuft Lev noch immer die Pfade ihrer Kindheit ab, während Kato schon vor Jahren in den Westen aufgebrochen ist. Geblieben sind Lev nur ihre gezeichneten Postkarten aus ganz Europa. Bis ihn eines Tages eine Karte aus Zürich erreicht, darauf nur ein einziger Satz: »Wann kommst du?« Kunstvoll und poetisch verwandelt Iris Wolff jenen Moment in Sprache, wenn ein Leben ans andere rührt, und zeichnet in ihrem großen europäischen Roman das Porträt einer berührenden Freundschaft, die sich als Reise in die Vergangenheit offenbart und deren Leuchten noch lange nachklingt.

Inhalt:
In diesem für den Deutschen Buchpreis 2024 nominierten Roman zäumt Iris Wolff ein Leben von hinten auf. Sie beginnt in der Gegenwart mit Kapitel neun und der gemeinsamen Heimreise von Kato und Lev, welche aus dem rumänischen Siebenbürgen stammen und seit ihrer Kindheit befreundet sind. Dann reist sie Kapitel für Kapitel der Geschichte Rumäniens entlang zurück in die Vergangenheit und in verschiedene Episoden aus Levs Leben und seiner Freundschaft mit Kato.

Meine Meinung:
Schon "Die Unschärfe der Welt" hat mich begeistert, was vor allem an Wolffs einzigartigem Schreibstil liegt, auf den man sich aber einlassen muss. Auch bei "Lichtungen" habe ich ein wenig Zeit gebraucht, um im Roman und bei den Figuren anzukommen, habe mich dann aber in einer beeindruckenden und spannenden Geschichte wiedergefunden. Dennoch hat mir "Die Unschärfe der Welt" fast noch ein wenig besser gefallen, weil es mich emotional einfach besser abholen konnte, während "Lichtungen" - vielleicht gewollt, vielleicht auch nicht - diesbezüglich eher ein wenig kühl bleibt.

Schreibstil und Aufbau:
Eine von hinten nach vorne erzählte Geschichte ist definitiv eine aussergewöhnliche Idee und von Wolff sehr geschickt umgesetzt. Sie springt zwar - auch wenn sie grundsätzlich chronologisch erzählt - trotzdem immer wieder umher, flicht Rückblenden ein und hinterlässt kleine Hinweise auf Ereignisse, die noch kommen könnten oder bereits geschehen sind, dies geschieht aber alles mit einer enormen Leichtigkeit und Finesse. Dadurch wirkt die Geschichte, als würde sie an einem grossen Tisch bei einem Familientreffen erzählt. Alle steuern noch ihre Erinnerungen und Anekdoten bei und unterbrechen sich gegenseitig mit ihren Einwürfen.

Meine Empfehlung:
Wolffs Schreibstil, die geschickte und kluge Verknüpfung ihrer Figuren mit der Geschichte Rumäniens und ganz Europa sowie ihre schriftstellerischen Kniffe und Ideen haben es in sich. Ich freue mich auf weitere Bücher dieser beeindruckenden Autorin.

Zusätzliche Infos:
Titel:
Lichtungen
Autorin: Iris Wolff, geboren in Hermannstadt, Siebenbürgen. Die Autorin wurde für ihr literarisches Schaffen mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt, darunter mit dem Marieluise-Fleißer-Preis und dem Marie Luise Kaschnitz-Preis für ihr Gesamtwerk. Zuletzt erschien 2020 der Roman »Die Unschärfe der Welt«, der mit dem Evangelischen Buchpreis, dem Eichendorff-Literaturpreis, dem Preis der LiteraTour Nord und dem Solothurner Literaturpreis ausgezeichnet sowie unter die fünf Lieblingsbücher des Deutschen als auch des Deutschschweizer Buchhandels gewählt wurde. Die Autorin lebt in Freiburg im Breisgau.
Sprache: Deutsch
Gebunden mit Schutzumschlag: 256 Seiten
Verlag: Klett-Cotta
Erscheinungstermin: 13.01.2024
ISBN: 978-3-608-98770-6

Rezension: Wie schwer wiegt ein Schatten

Rezensionsexemplar aus dem Dumont Verlag

Wie schwer wiegt ein Schatten - Christiane Wirtz

Beschreibung des Verlages:

Tel Aviv 2008. Nach dem Tod ihrer Großmutter steht die junge Radiojournalistin Mia vor einem Wendepunkt. Von ihrem Sender wird sie nach Tel Aviv geschickt. Hier lernt sie den Kameramann David kennen, Sohn polnisch-bulgarischer Juden. Es ist Liebe auf den ersten Blick. Doch David ist verheiratet und er hat eine Tochter, die er kurz zuvor adoptiert hat.
Mit David stellt sich Mia langsam ihrer eigenen Familiengeschichte, vor allem dem Verlust ihrer Mutter, der ihr als Siebenjährige widerfuhr. Fernab der Heimat sucht Mia Antworten auf Fragen, die sie seit ihrer Kindheit begleiten, hofft auf eine Versöhnung mit der Vergangenheit. In dem stets bedrohten Land Israel und in der Liebe zu einem Mann sucht sie nach ihrem Platz, um die Leerstelle, die die Mutter hinterlassen hatte, zu schließen.

Inhalt:
In der geschichtsträchtigen und bedrohten Stadt Tel Aviv entflammt eine verbotene Liebe zwischen der aus Deutschland angereisten Journalistin Mia und dem einheimischen David. Denn David ist verheiratet und Vater einer Adoptivtochter. Als Mia Ruth ausfindig macht, eine damalige Freundin ihrer verstorbenen Mutter, wird sie mit Wahrheiten und Schicksalen aus ihrer Familiengeschichte konfrontiert, denen sie bisher ausgewichen ist.

Meine Meinung:
Zum ersten Mal seit vielen Jahren habe ich mich mit einem Buch aus einem meiner liebsten Verlage schwer getan. Die ersten paar Kapitel wirken durch den überladenen Schreibstil, der innerhalb von kürzester Zeit enorm viele Personen, Schicksale, Orte, Beschreibungen und historische Hintergründe kombiniert, sehr, sehr zäh. Ich weiss nicht, ob ich weitergelesen hätte, wenn dieses Buch kein Rezensionsexemplar gewesen wäre.
Doch dann trifft die Protagonistin Mia auf Ruth, welche sie sofort herzlich bei sich aufnimmt und bereit ist, mit ihr gemeinsam in viele schöne aber auch sehr schmerzliche Kapitel ihrer Vergangenheit zu reisen. In Ruth findet sie eine mütterliche Freundin und beginnt, viele Erinnerungen und Geschichten aus ihrer Kindheit zu verstehen.
Gleichzeitig wird die ausweglos wirkende Liebesgeschichte zwischen Mia und David sehr realistisch beschrieben und es hat mir sehr gut gefallen, wie zwiegespalten Mia sich gegenüber dieser komplizierten Affäre verhält.
Auch habe ich nach einigen Kapiteln begonnen, mich vor allem auf Mias Familiengeschichte und ihre Liebe zu konzentrieren und habe dabei eine immer grössere Sogwirkung erlebt. Denn auch wenn dieses Buch vor allem am Anfang so wirkt, als würde es dabei helfen wollen, den Nahost-Konflikt besser zu verstehen, so bietet es vielmehr einen einfühlsamen Einblick in das Leben israelischer Juden. In ihre Ängste und Sorgen, ihr Freud und Leid. Und nicht zuletzt deshalb ist das Buch einfach ein ehrlicher Bericht  über diese gebeutelte Region. Es weiss nämlich, dass es nicht mit Hetze oder Parolen lösen kann, was seit so vielen Jahrzehnten im Argen liegt, es zeigt einfach auf, wie ein Alltag in einem bedrohten Land aussehen kann.

Fazit:
"Wie schwer wiegt ein Schatten" hat es mir vor allem am Anfang nicht einfach gemacht. Wer aber über ein wenig Sitzfleisch und vor allem Offenheit für menschliche Schicksale verfügt, findet in diesem Buch eine berührende Familiengeschichte und eine abenteuerliche Romanze.

Zusätzliche Infos:
Titel:
Wie schwer wiegt ein Schatten
Autorin: CHRISTIANE WIRTZ, 1970 geboren, studierte Rechtswissenschaften in Berlin. Sie arbeitete als Journalistin für die Süddeutsche Zeitung und den Deutschlandfunk. Als freie Journalistin war sie ein Jahr in Tel Aviv tätig. 2014–2016 war sie stellvertretende Sprecherin der Bundesregierung. Danach wechselte sie als Staatssekretärin ins Bundesjustizministerium. Seit 2020 ist sie wieder freie Journalistin und Autorin. Christiane Wirtz lebt in Berlin. www.christiane-wirtz.de
Sprache: Deutsch
Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen: 288 Seiten
Verlag: Dumont
Erscheinungstag: 11.03.2025
ISBN: 978-3-7558-0021-7

Rezension: Prima Aussicht

Prima Aussicht - Judith Poznan

Beschreibung des Verlages:

Als ihr Freund Judith eröffnet, kein zweites Kind zu wollen, ist das ein Schock. Müssen sie nicht zu viert sein, um eine »richtige« Familie abzugeben? Die Entscheidung ihres Freundes stürzt Judith in eine Lebenskrise. Doch Rettung naht: Eine Freundin erzählt ihr von einem Campingplatz in Brandenburg; ein ehemaliger Kiestagebau, der in der DDR als Feriendomizil von Bauarbeitern genutzt wurde und heute eine Idylle mit viel Grün drum herum und See in der Nähe ist. Was könnte besser sein, um ihren Sohn doch noch vor einer traumatischen Kindheit zu bewahren? Sie müssen spießig werden! Also kauft Judith kurzerhand einen Wohnwagen, und die Campinganlage bekommt drei neue Bewohner …
Mit Sinn für Komik, voller Gefühl und auch Schmerz erzählt Judith Poznan von einem Sommer zwischen Beziehungsproblemen und Farbeimern. Sie reflektiert das Fragile und zugleich Fordernde, das Familie ausmacht. Ihre Sorgen und Ängste als junge Mutter sind dabei ebenso Thema wie ihr Wunsch, Schriftstellerin zu sein, und die Frage, was eigentlich ihre Herkunft aus dem Ostberlin der Vor- und Nachwendezeit mit ihrer oftmals zerrissenen Gegenwart zu tun hat.

Inhalt:
Auf nicht einmal zweihundert Seiten erzählt Judith Poznan vom Wunsch nach einem zweiten Kind, der von ihrem Partner nicht erwidert wird, vom Plan, endlich ein Buch zu veröffentlichen und vom Sommer auf einem Campingplatz in einem verdächtig riechenden, definitiv nicht mehr ganz neuen Wohnwagen. Schonungslos ehrlich erzählt sie aus dem Leben, vom Träumen und Lieben und sich Verlieren.

Meine Meinung:
Seit Jahren folge ich Judith Poznan bei Instagram, lese ihre Texte und Artikel und habe mich riesig auf dieses Buch gefreut. Ich bin begeistert und sinniere immer noch der Geschichte nach, die so tragisch-komisch und traurig-schön daherkommt und auf wenigen Seiten ganz viel Leben erzählt. Poznans Sprache war mir schon ganz vertraut und hat mich sofort an die Hand genommen und durch die unterschiedlichen Facetten ihrer Geschichte geführt. Und ich bin selber auch ein wenig in Erinnerungen geschwelgt, hatten meine Eltern doch früher auch einen Wohnwagen, mit dem wir vor allem (aber nicht nur) Italien bereist haben.

Schreibstil und Aufbau:
Poznan schafft es, den Schmerz, in der Liebe enttäuscht zu werden, das Gefühl, vor lauter unerfüllten Wünschen nicht mehr zu wissen, wohin mit sich und auch die Freude über kleine Errungenschaften, Begegnungen und Menschlichkeiten wunderbar zart und berührend in Worte zu fassen. Ihr erstes Buch ist eine Gefühlsachterbahn, aber dabei sehr unaufgeregt und es hat mir sehr gut gefallen, wie Poznan in ihrer Geschichte auch immer wieder Raum lässt für musikalische Grössen, bekannte Schriftstellerinnen und historische Figuren, die es ihr angetan haben.

Meine Empfehlung:
"Prima Aussicht" ist ein Buch der leisen Töne und erzählt doch so eine grosse Geschichte. Es ist ein wahres Lesevergnügen, das sich nur ungern wieder aus der Hand legen lässt.

Zusätzliche Infos:
Titel:
Prima Aussicht
Autorin: JUDITH POZNAN wurde 1986 in Berlin-Lichtenberg geboren. Nach ihrer Ausbildung zur Buchhändlerin studierte sie an der Freien Universität Berlin Literaturwissenschaften und Publizistik. Sie schreibt regelmäßig für ZEIT ONLINE, die BERLINER ZEITUNG und SPIEGEL ONLINE. Mit ihrem Instagram-Account (@judith_poznan) erreicht sie täglich Tausende Follower. Bei DuMont erschien 2021 ihr Debüt ›Prima Aussicht‹.
Sprache: Deutsch
Taschenbuch: 192 Seiten
Verlag: Dumont
Erscheinungstag: 19.07.2022
ISBN: 978-3-8321-6658-8

Rezension: Man kann auch in die Höhe fallen

Man kann auch in die Höhe fallen - Joachim Meyerhoff

Beschreibung des Verlages:
Nachdem er in Wien von einem Schlaganfall aus der Bahn geworfen wurde, hofft Joachim Meyerhoff, durch einen Neuanfang in Berlin wieder Fuß zu fassen. Doch alles kommt anders als gedacht. Die neue Stadt zerrt an den Nerven und die künstlerische Arbeit als Schriftsteller und Schauspieler fällt ihm von Tag zu Tag schwerer.
Auf der Geburtstagsfeier seines kleinen Sohnes ereignet sich ein Zwischenfall, der keinen Zweifel daran lässt, dass es so nicht weitergehen kann. Der Erzähler verlässt Berlin und zieht zu seiner Mutter aufs Land, die auf einem herrlichen Grundstück unweit vom Meer ein sehr selbstbestimmtes Leben führt. Mutter und Sohn sind sich immer schon sehr nah gewesen, aber diese gemeinsamen Wochen werden zu einer besonderen Zeit. Der Sohn klinkt sich ein in den Tagesablauf der Mutter, beginnt seinen Theaterroman und andere Geschichten zu schreiben und findet allmählich heraus aus Zorn und Nervosität, die ihn sein ganzes Leben begleitet haben.

Inhalt:
Der Schock nach seinem Schlaganfall sitzt immer noch tief und gleichzeitig erholt sich Joachim Meyerhoff auch nur schwer von einem anstrengenden Umzug und hadert mit seiner Arbeit als Schauspieler und Autor. Als ausgerechnet bei der Geburtstagsfeier seines Sohnes alle Dämme brechen, muss er Abstand zwischen sich und seinen Alltag bringen und zieht zu seiner Mutter aufs Land.

Meine Meinung:
Dieser Roman war mein erstes Buch von Joachim Meyerhoff, obwohl ich eigentlich schon so lange einmal etwas von ihm lesen wollte und ich habe mich sofort in der mitten aus dem Leben gegriffenen Sprache verloren. Die humorvollen, berührenden und oft überraschenden Texte erweckten dein Eindruck, als würde der Autor neben mir sitzen und mir bei einem guten Glas Wein aus seinem Leben erzählen und seinen Geschichten habe ich von Herzen gerne "gelauscht", auch wenn sich darin immer wieder kleinere Längen finden.
Das Buch ist zwar eine Art loser Abschluss seiner "Alle Toten fliegen hoch"-Reihe, aber dieser persönliche Einblick in sein Leben, der wohl ein wenig auch abschliesst, mit vielem, was er hinter sich lassen will und muss und hoffentlich endlich auch kann, funktioniert ganz sicher auch unabhängig. Dennoch freue ich mich schon auf die ersten fünf Bände, die ich mir bald ausleihen und lesen darf.

Schreibstil und Aufbau:
In kurzen Kapiteln schreibt Meyerhoff vom Ankommen und zur Ruhe kommen auf dem Land. Von der täglichen harten Arbeit in ihrem riesigen Garten am Meer, von langen Gesprächen mit Whisky am Strand, von Erinnerungen, von Lesungen, vom Leben am Theater und immer wieder vom Alltag mit seiner Mutter. Es sind Geschichten aus ihrem gemeinsamen Leben, aus seiner Kindheit und Jugend, die ihn stets liebevoll auf seine selbstständige, unbeirrbare Mutter, auf seine aufbrausende, anpackende Mutter, auf seine verletzliche und eigensinnige Mutter blicken lassen. Mit jeder Geschichte wird eine neue Facette seines Lebens und Werdens beleuchtet.
Die autobiografischen Texte werden zu Hommagen an längst verstorbene Theaterkollegen, humorvolle Abenteuer am Rande des eigenen Wahnsinns, nachdenkliche Rückblicke auf ein nicht immer einfaches Leben, auf tragische Verluste und herausfordernde Familiensituationen und zu sehr berührenden, zärtlichen Blicken auf die älter werdende Mutter, die immer wieder zum sicheren Hafen des Erzählers wird.

Meine Empfehlung:
Das Buch hat mich begeistert und tief berührt und ich bin froh, dass noch viele weitere Texte des Autors darauf warten, von mir entdeckt zu werden.

Zusätzliche Infos:
Titel:
Man kann auch in die Höhe fallen
Autor: Joachim Meyerhoff, geboren 1967 in Homburg/Saar, aufgewachsen in Schleswig, hat als Schauspieler an verschiedenen Theatern gespielt, unter anderem am Burgtheater in Wien, am Schauspielhaus in Hamburg, an der Berliner Schaubühne und den Münchner Kammerspielen. Dreimal wurde er für seine Arbeit zum Schauspieler des Jahres gewählt. 2011 begann er mit der Veröffentlichung seines mehrteiligen Zyklus »Alle Toten fliegen hoch«. Seine Romane wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, zuletzt 2024 mit dem Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor.
Sprache: Deutsch
Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen: 368 Seiten
Verlag: Kiepenheuer&Witsch
Erscheinungstermin: 07.11.2024
ISBN: 978-3-462-00699-5

Rezension: Die Erpressung des Soßen-Königs (Rory Shy, der schüchterne Detektiv, Bd. 6)

Die Erpressung des Soßen-Königs (Rory Shy 6) - Oliver Schlick

Reiheninfos:
1. Rory Shy, der schüchterne Detektiv (erschienen im August 2020)
2. Der Fall der roten Libelle (erschienen im Juli 2021)
3. Das Rätsel um Schloss Eichhorn (erschienen im Februar 2022)
4. Das Verschwinden der Amanda Kent (erschienen am 20.09.2022)
5. Ein Clown unter Verdacht (erschienen am 14.03.2023)
6. Die
Erpressung des Soßen-Königs (erschienen am 14.03.2024)
7. Der verratene Ganove (erschienen am 12.02.2025)
Band 8. erscheint im Frühjahr 2026 :-D

Beschreibung des Verlages:
Ein neuer Fall für den berühmten schüchternen Detektiv und seine 13-jährige Assistentin Matilda: Während der Musical-Aufführung von „Mörderische Ehefrauen“ wird Matilda Zeugin eines Verbrechens, als eine Darstellerin von der Bühne entführt wird. Die Schauspielerin entpuppt sich als Tochter des Millionärs Gisbert König – auch genannt der „Soßen-König“ –, der mit dem Verkauf von Fertigsoßen reich wurde. Wer steckt hinter der Entführung? Unterstützt werden Rory und Matilda wie immer von dem hasenfüßigen Cockerspaniel Dr. Herkenrath.

Inhalt:
Matilda hat eigentlich genug von "Mörderische Ehefrauen", so oft hat sie die True-Crime-Serie bereits gesehen. Da wird sie ausgerechnet von Danny zu "Mörderische Ehefrauen, das Musical" eingeladen. Noch vor der Pause allerdings ereignet sich auf der Bühne eine echte Entführung und Matilda heftet sich gemeinsam mit Rory Shy an die Fersen des Verbrechers. Sie lesen Erpresserbriefe und kümmern sich um den Vater der Entführten, den legendären Soßen-König. Schnell wird allerdings klar, dass nichts ist, wie es scheint und dass mindestens ein Zeuge lügt...

Meine Meinung:
Bereits zum sechsten Mal durfte ich gemeinsam mit Matilda und Rory Shy an einem Fall herumrätseln und diesmal hatte ich von Anfang an den richtigen Riecher, was die Lösung des Falles anbelangt. Dreimal habe ich meine Meinung zwar noch geändert, weil so viele verschiedene Irrungen und Wirrungen mich stets aufs Neue auf eine falsche Fährte gebracht haben, aber am Ende war mein erster Gedanke der richtige. Dies hat meinem Lesevergnügen keinen Abbruch getan, ganz im Gegenteil. Es war mir einmal mehr ein grosses Fest, die junge Matilda und ihren schüchternen Vorgesetzen bei den spannenden Ermittlungen zu begleiten.

Schreibstil und Aufbau:
Seit einem Jahr schon ermittelt Matilda gemeinsam mit Rory Shy und so langsam beginnen gewisse Jungs ihr Interesse zu wecken. Matildas Entwicklung zur Teenagerin ist äusserst liebevoll und mit viel Humor beschrieben. So ist beispielsweise der Musicalbesuch mit Danny auf KEINEN Fall ein Date...

Generell sind die Figuren das absolute Herzstück dieser Reihe. Immer wieder tauchen liebgewonnene alte Bekannte wie Charlotte Sprudel, Frau Ziegler und natürlich Matildas ängstlicher Hund Dr. Herkenrath auf und bei jedem Band lernen wir diese besser kennen. Aber auch Figuren, die nur einmal auftreten sind detailliert und grandios beschrieben und sorgen für ein grosses, abwechslungsreiches Lesevergnügen.

Meine Empfehlung:
Diese Reihe hat es mir einfach angetan, die schrägen Figuren und witzigen Dialoge, die klug konstruierten Fälle und der sehr warmherzige und liebenswerte Schreibstil. Auch für diesen Band gibt es von mir eine herzliche Empfehlung.

Zusätzliche Infos:
Titel:
Die Erpressung des Soßen-Königs
Autor: Oliver Schlick wurde 1964 in Neuwied/Rhein geboren. Nach Abitur und Zivildienst studierte er Sozialarbeit an der FH Düsseldorf. Seit mehreren Jahren ist er in der stationären Jugendhilfe und der Flüchtlingsarbeit tätig. Oliver Schlick lebt in Düsseldorf, und wenn er nicht schreibt, verbringt er die Zeit mit dem Sammeln von Schneekugeln und Blechspielzeug sowie dem exzessiven Hören von »The Cure«.
Sprache: Deutsch
Hardcover: 320 Seiten
Verlag: Ueberreuter Verlag
Erschienen am:
14.03.2024
ISBN:
978-3-7641-5258-1

Rezension: Die Frau im lila Rock

Rezensionsexemplar aus dem btb Verlag via Bloggerportal von Randomhouse, vielen Dank!

Die Frau im lila Rock - Natsuko Imamura

Beschreibung des Verlages:

Die Frau im lila Rock scheint in ihrer eigenen Welt zu leben und bewegt sich traumwandlerisch durch überfüllte Straßen, ohne von ihrer Umwelt Notiz zu nehmen. Sie ist eine alleinstehende Frau. Sie lebt in einer kleinen, heruntergekommenen Wohnung und ist knapp bei Kasse. Sie sitzt jeden Nachmittag auf derselben Parkbank. Sie kauft jeden Tag ein Sahnetörtchen, das sie im Park verzehrt. Aber sie wird beobachtet. Die Frau in der gelben Strickjacke ist unbemerkt immer dort, wo die Frau im lila Rock sich aufhält. Doch sie ist keine Stalkerin – es ist viel komplizierter!
Über zwei Leben, die auf unheimliche Weise miteinander verflochten sind.

Inhalt:
Die vorerst namenlose Protagonistin geht still und ganz für sich einem unscheinbar wirkenden Alltag nach und fällt nur durch ihren lila Rock und die besondere Fähigkeit auf, wie eine Eiskunstläuferin durch Menschenmengen zu gleiten. Beobachtet wird sie von einer Frau, die es gut mit ihr zu meinen scheint, die stets eine gelbe Strickjacke trägt und die verdächtig viel über den Alltag der Frau im lila Rock weiss.

Meine Meinung:
Das Buch ist mir irgendwo bei Instagram begegnet und hat mich nicht mehr losgelassen, weshalb ich es unbedingt auch lesen wollte. Das schmale Büchlein ist fast zu dünn, um Roman genannt zu werden, aber es steckt voller Handlung. Zwei Frauen begegnen sich, wovon eine die andere genau beobachtet, vielleicht sogar verfolgt, ihr zu einem Job verhilft und sich wie ein Schatten an ihre Fersen heftet. Doch warum fühlt sich die Frau mit der gelben Strickjacke für die Frau im lila Rock verantwortlich? Warum ist es ihr so wichtig, selber aufzufallen und dennoch nicht erkannt zu werden?

Aufbau und Schreibstil:
Erst im Verlauf der Geschichte wird klar, wer die beiden Frauen sind, aber viele Fragen bleiben. Leerstellen wollen gefüllt werden und die Gedanken kreisen auch noch lange nach dem Lesen der letzten Seite um die Geschichte.
Natsuko Imamura hat - wie ihre Protagonistin - als Zimmermädchen in einem Hotel gearbeitet und lässt hinter die Kulissen der Hotelindustrie blicken. Sie zeigt schönen Schein, harte Arbeitsbedingungen, Spannungen zwischen den Mitarbeiterinnen und eine brodelnde Gerüchteküche aber auch Figuren, die ihrer Arbeit gerne und gewissenhaft nachgehen sowie Chefs, welche ihre Machtpositionen ausnutzen.
Dies gelingt mit wenigen Worten, kurzen Sätzen, prägnanten Dialogen und einer Sogwirkung und einer düsteren, fast schon ein wenig bedrohlichen Atmosphäre, die mich das Buch kaum aus den Händen legen liessen.

Meine Empfehlung:
Natsuko Imamura könnt ihr euch merken, diese Frau kann schreiben und Stimmungen erzeugen, Figuren mit wenigen Worten skizzieren und tief in ganz unterschiedliche Lebensrealitäten entführen. "Die Frau im lila Rock" ist ein spannendes Lesevergnügen mit eher offenem Ende, das ganz viel Lust nach mehr geweckt hat.

Zusätzliche Infos:
Titel:
Die Frau im lila Rock
Autorin: Natsuko Imamura ist eine der aufregendsten jungen Autorinnen Japans. Für »Die Frau im lila Rock« erhielt sie den renommierten Akutagawa-Preis. Natsuko Imamuara wurde in Hiroshima geboren und lebt heute mit ihrem Mann und ihrer Tochter in Osaka. Wie die Frau im lila Rock hat sie als Zimmermädchen in einem Hotel gearbeitet.
Sprache: Deutsch
Aus dem Japanischen von: Katja Busson
Taschenbuch, Broschur: 128 Seiten
Verlag: btb
Erschienen am: 12.02.2025
ISBN: 978-3-442-77486-9

Rezension: Als wir Schwäne waren

Als wir Schwäne waren - Behzad Karim Khani

Beschreibung des Verlages:
Von Wahrheit und Willkür in den Plattenbausiedlungen der alten BRD – Der neue Roman von Behzad Karim Khani, dem Shootingstar der deutschen Literatur
Ein Junge, der sich eine Gewalt herbeisehnt, die eine Kuhle hinterlässt mit den Umrissen Deutschlands. Er lebt in einer Siedlung, wo die Küchen keine Abzüge haben, und in deren Fluren es nach Armut, Majoran und Etagenbetten riecht. Es sind die 1990er und er ist mit seiner Familie aus dem Iran ins Ruhrgebiet geflohen. Die Mutter ist Soziologin, der Vater ein Schriftsteller, in dessen Sprache es fünfzehn verschiedene Begriffe für Stolz gibt. Deutschland erlebt er als Kränkung und wird zum Beobachter. Erschöpft sich dabei, das Land zu begreifen, während die Mutter an das An- und Weiterkommen glaubt und die Wut des Sohnes immer ungehemmter wird. Denn auf den Straßen seines Viertels herrscht eine Gewalt, von der die Eltern wenig mitbekommen.
Ein Roman über ein tristes Land. Über die Diaspora als Heimat. Über die Freiheit im Fremdsein. Über kaputte Aufzüge und die Wahrheit der Schwäne.

Inhalt:
Ein Junge aus dem Iran kommt in Deutschland an und beginnt, sich inmitten von heruntergekommenen Wohnungen, Armut, Gewalt und Verzweiflung ein neues Leben aufzubauen. Die Abschlüsse der Eltern werden in der neuen Heimat nicht anerkannt, Drogen und Markenklamotten dominieren die Schulhöfe und nur, wer weiss, wie man sich einflussreiche Freunde verschafft, wird in Ruhe gelassen.
Seine Eltern verstehen nicht, in welche Kreise ihr Sohn geraten ist und welche Methoden ihm helfen, seinen Platz in diesem von Gewalt dominierten Viertel zu behaupten. Und er versteht nicht, wie sehr die Erinnerungen an den Iran seine Eltern jeden Tag am Leben halten.

Meine Meinung:
Das Buch habe ich von Jamie zum Geburtstag/zu Weihnachten bekommen und ich wäre ohne sie nie darauf aufmerksam geworden. Zum Glück hat sie es mir geschenkt, zum Glück habe ich die kraftvolle, drastische Sprache von Behzad Karim Khani kennenlernen dürfen, zum Glück hat mir dieses Buch immer mal wieder einen Spiegel vorgehalten.
Das Ankommen des jungen Protagonisten in Deutschland ist nicht einfach und es dauert ein Weilchen, bis er seine neue Heimat zu verstehen lernt. Er lernt zum Beispiel, dass es unterschiedlich beliebte Gruppen geflüchteter Menschen gibt, dass Roma immer noch ein wenig schlechter dastehen, als Iraner, aber auch, dass es immer und überall möglich ist, an Drogen heranzukommen.

Schreibstil und Aufbau:
Während der Protagonist Reza im ersten Teil vor allem davon erzählt, wie fremd er sich in Deutschland fühlt, ist er im zweiten Teil mitten in einer Spirale aus Angst, Gewalt und Macht angekommen, die schneller und schneller dreht. Im dritten Teil dann sucht er nach Lösungen und Auswegen und kapselt sich dabei immer stärker von seinen Eltern ab. So fremd, wie das neue Land ihm anfangs war, so fremd sind ihm nun auch seine Wurzeln. Sein Vater, der gebildete Menschenfreund, wird immer verschlossener, seine Mutter, die anfängliche Optimistin, immer verzweifelter.
Behzad Karim Khanis Sprache ist oft brutal und derb und berührt dennoch mit einer fast poetisch wirkenden Zartheit, wenn sie die Zerrissenheit der Figuren, die Trauer über den Verlust von Identität und Würde beschreibt. Das mag plakativ wirken, dennoch hat mich dieser Aufbau tief beeindruckt.

Meine Empfehlung:
Auf das Buch muss man sich einlassen und ja, Gewalt dominiert, die geschilderten Brutalitäten haben es in sich. Aber ich bin tief beeindruckt von dieser eindringlichen Geschichte und der immer mal wieder auch sehr poetischen Sprache des Autors, der einer ganzen sich auf ihren Privilegien ausruhenden Gesellschaft den Spiegel vorhält.

Zusätzliche Infos:
Titel:
Als wir Schwäne waren
Autor: Behzad Karim Khani wurde in Teheran geboren und wuchs in einer Künstlerfamilie auf. Er war noch keine zehn Jahre alt, als er mit seinen Eltern nach Deutschland kam und sie sich im Ruhrgebiet niederließen. Seit 2003 lebt er in Berlin-Kreuzberg. Sein Debütroman Hund, Wolf, Schakal erschien 2022 bei Hanser Berlin.
Sprache: Deutsch
Hardcover mit Schutzumschlag: 192 Seiten
Verlag: Hanser Berlin
Erscheinungsdatum: 19.08.2024
ISBN: 978-3-446-28142-4

Rezension: Am Horizont wartet die Sonne

Am Horizont wartet die Sonne - Meike Werkmeister

Beschreibung des Verlages:
Es gibt keine Zufälle, es gibt nur Zeichen. Davon ist die Hamburger Autorin Katrin überzeugt. Doch während sie Bücher schreibt, die anderen Orientierung geben sollen, steckt sie selbst in einer Lebenskrise. Bis das Schicksal auch ihr ein Zeichen gibt: Als sie einen Liebesbrief findet, adressiert an einen Filipe in Portugal, beschließt sie, dem Empfänger die Botschaft persönlich zu überbringen. Mit ihrer Freundin Julia reist sie auf eine idyllische Halbinsel an der Atlantikküste, die Heimat des geheimnisvollen Filipe. Bei der Suche nach ihm gerät Katrin unversehens in ein Familiendrama. Und findet etwas, wonach sie gar nicht gesucht hat …

Inhalt:
Nach einer Trennung ist die Hamburger Autorin Katrin dabei, sich ein neues Leben aufzubauen. Aber ausgerechnet mit dem Schreiben klappt es gerade nicht so, wie es sollte. Sie beschliesst, sich eine Auszeit zu nehmen. Gemeinsam mit ihrer Cousine Julia reist sie einer ganz einzigartigen Spur nach: einem Liebesbrief mit unvollständiger Adresse, welchen sie am Flughafen gefunden hat. In einem kleinen Küstenstädtchen in Portugal angekommen sind aber plötzlich unvorhergesehene Gefühle und Komplikationen im Spiel.

Meine Meinung:
Zum ersten Mal spielt ein Buch von Meike Werkmeister nicht mehrheitlich in Deutschland und an der Nordsee. Vielmehr verreist die Protagonistin nach Portugal und verbringt dort einen folgenschweren Urlaub im kleinen (fiktiven) Küstenstädtchen Marinal. Besonders gut gefallen hat mir, dass nicht nur Katrins Hund Murmel eine prominente Rolle einnimmt, sondern dass die Hauptfigur und die Menschen in Marinal auch ein Herz für Strassenhunde haben.
Auch Katrins Cousine Julia erlebt ihre eigenen Abenteuer. Ausgerechnet ein junger Surfer hat es ihr besonders angetan. Kann sie ihm vertrauen, oder gehört es zum Sport dazu, dass er sich regelmässig auf deutsche Touristinnen einlässt?

Schreibstil und Aufbau:
Die Beschreibungen haben mich begeistert, ich habe die Meerluft gerochen und den Sand zwischen meinen Zehen gespürt. Auch liess Werkmeister mir mit ihren kulinarischen Experimenten immer wieder das Wasser im Munde zusammenlaufen.
Weniger passend und somit auch weniger glaubwürdig sind allerdings die vielen konstruiert wirkenden Zufälle sowie das doch sehr verdächtig glückliche Ende gestaltet. Ausgerechnet die realistischen Schilderungen von Freundschaften, Beziehungen und dem Leben selbst sind es, welche mir in den anderen Romanen der Autorin so gut gefallen haben. Aber in diesem Buch wurde die Handlung leider immer unrealistischer. Trotzdem habe ich die Geschichte sehr gerne gelesen und mich mit grosser Freude an den schönen portugiesischen Strand entführen lassen.

Meine Empfehlung:
Dieser Roman der Autorin hat mich zwar nicht ganz überzeugen können, der Schreibstil und die schönen Beschreibungen haben mich aber trotzdem sehr gut unterhalten und mich ein wenig in den portugiesischen Sommer entführt.

Zusätzliche Infos:
Titel: Am Horizont wartet die Sonne
Autorin: Meike Werkmeister ist Buchautorin und Journalistin. Ihre Romane stehen regelmäßig auf der SPIEGEL-Bestsellerliste. Sie lebt mit ihrer Familie in Hamburg. Wann immer sie Zeit hat, fährt sie an die Nordsee, wo sie oft auch die Ideen für ihre Geschichten findet www.meikewerkmeister.de
Sprache: Deutsch
Taschenbuch, Klappenbroschur: 432 Seiten
Verlag: Goldmann
Erschienen am: 03.05.2023
ISBN: 978-3-442-49416-3

Lese-Statistik März 2025


Hallo ihr Lieben

Der März war ein sehr intensiver Monat - bestehend aus drei sechs- und einer siebentagewoche - und ich bin nicht böse, dass er nun vorbei ist und dass der April mit zwei Wochen Frühlingsferien an meinen Musikschulen ein wenig ruhiger wird. Trotzdem habe ich alle März-Erlebnisse in vollen Zügen genossen. Das waren unter anderem drei Tage der offenen Tür an drei Musikschulen, drei Konzerte, ganz viele Proben, Planungssitzungen und Fotoshootings, Frühlingsgefühle, ein wunderschönes Bücherwurmtreffen in Luzern, Berge, Blütenmeer, erste geglückte Balkongartenexperimente und schöne Abendessen, ein Kinobesuch und Begegnungen mit Herzensmenschen.
 
Gelesen habe ich zuerst viel, dann wenig und es sind mehr Bücher hier eingezogen, als erwartet, weshalb der SuB nur langsam schrumpft, dem soll es aber im April an den Kragen gehen. Einige im März begonnene Bücher habe ich nämlich in den April mitgenommen und obwohl in den zwei unterrichtsfreien Wochen viele Projekte anstehen, werde ich mir einzelne freie Tage gönnen können. Schon bald sollte es also Rezensionen regnen. Oder so :-D

Gelesen im März

Poetisch erzähltes, fast gedichtähnliches Büchlein, unterhaltsam, aussergewöhnlicher Schreibstil

Schöner Sommerroman mit vielen Gartenfreuden, Hamburgliebe und einer überzeugenden Protagonistin


Beeindruckendes und berührendes Jugendbuch rund um die Themen Mobbing und Freundschaft, lesen!


Nicht ganz überzeugender Abschluss der Maierhofen-Reihe, insgesamt trotzdem schön zu lesen


Gesellschaftskritischer Krimi mit spannenden Beschreibungen und guter Unterhaltung


Roadtrip nach Osteuropa, Reise in die Vergangenheit, anfangs spannend, dann immer langatmiger


Eine Künstlerin/Ehefrau/Träumerin als Protagonistin, grandioser Schreibstil, verdienter Buchpreis 2024


Überragender Krimi mit heftigem Inhalt (TW beachten), spannend, einzigartig, Leseempfehlung



Alle Rezensionen und Seitenzahlen

Paare - Maggie Millner   (128 Seiten)
Das Glück riecht nach Sommer - Meike Werkmeister   (464 Seiten)
Wolf - Saša Stanišić   (192 Seiten)
Spätsommerliebe - Petra Durst-Benning   (320 Seiten)
Das Skalpell des Engels - Claudio Coletta   (238 Seiten)
Lazarus - Aleksandar Hemon   (352 Seiten)
Hey guten Morgen, wie geht es dir? - Martina Hefter   (224 Seiten)
Seltsame Sally Diamond - Liz Nugent   (392 Seiten)


Neuzugänge

Wie schwer wiegt ein Schatten - Chsistiane Wirtz (Rezensionsexemplar)
Die Frau im lila Rock - Natsuko Imamura (Rezensionsexemplar)
Wolf - Saša Stanišić (neu gekauft)
Überwintern - Katherine May (neu gekauft)
Kleine Probleme - Nele Pollatschek (neu gekauft)
Schwarzer Mittwoch - Nicci French (am Strassenrand gefunden :-) )
Hey guten Morgen, wie geht es dir? - Martina Hefter (von meinem Vater geliehen)


Alle Zahlen in der Übersicht:

Gelesene Bücher: 8
Abgebrochene Bücher: -
Ungelesen aussortierte Bücher: -

Gelesene Seiten: 2'310 Seiten
Durchschnittliche Seitenzahl pro Tag: 74.5 Seiten
Bücher von Autorinnen: 5
Bücher von Autoren: 3
Autor*innenduos (oder Gruppen): -
Geschenkt bekommene Bücher: -
Ausgeliehen: 1
Buchgewinn: -
Buchprämien: -
Rezensionsexemplare: 2
Neu gekaufte Bücher: 3
Secondhand gekaufte Bücher: -
Eingesammelte Bücher: 1
Bibliotheksbücher: -
Gesamte Neuzugänge: 7
SuB am Monatsbeginn:
81
Aktueller SuB: 80
Differenz: - 1

Rezension: Seltsame Sally Diamond

Seltsame Sally Diamond - Liz Nugent

Beschreibung des Verlages:

Als ihr verwitweter Adoptivvater kurz vor ihrem 43. Geburtstag stirbt, nimmt Sally Diamond ihn beim Wort: Sie versucht, ihn mit dem Müll zu verbrennen. So wie er es ihr gesagt hat. Ein Fehler, denn nun interessieren sich plötzlich alle für die seltsame Frau, die sich gerne taub stellt, wenn sie unter Menschen geht und am liebsten für sich bleibt: Polizei, Nachbarn, Medien – und eine unheimliche Stimme aus einer Vergangenheit, an die sie sich nicht erinnert. Während sie nach und nach von den schrecklichen Geheimnissen ihrer frühen Kindheit erfährt, nähert sich Sally zum ersten Mal vorsichtig der Welt. Sie übt sich in Vertrauen, schließt Freundschaften, trifft große Entscheidungen und lernt, dass Menschen nicht immer meinen, was sie sagen und nicht immer sind, was sie vorgeben zu sein. Doch wer ist der mysteriöse Fremde, der so viel über sie zu wissen scheint und ihr Nachrichten von der anderen Seite des Globus schickt? Und wieso ist der neue Nachbar so besessen von ihr?

TW: sexualisierte Gewalt/Vergewaltigung (auch an Kindern), Schwangerschaft, Gewalt, Folter, Entführung

Inhalt:
Die kindlich wirkende Ich-Erzählerin Sally Diamond verliert ihren Vater und erhält plötzlich sehr viel mediale Aufmerksamkeit, als sie seinen letzten Wunsch erfüllt und seine Leiche zu verbrennen versucht. Alles nur ein Missverständnis? In der Nachbarschaft werden Gerüchte laut und schnell stellen internationale Zeitungen eine Verbindung zu einem längst vergangenen Kriminalfall her. Doch wie die Dinge wirklich liegen, erfährt Sally Diamond erst nach und nach.

Meine Meinung:
Auf dieses Buch aufmerksam geworden bin ich bei Judith und als auch noch Maria es in ihrer Literatursprechstunde als "Thriller mit Tiefgang" empfohlen hat, war es um mich geschehen. Von der ersten Seite an war ich mitten im Geschehen, habe schnell bemerkt, dass die kindlich wirkende aber schon längst erwachsene Protagonistin mehr als nur seltsam ist und als nach dem ersten Drittel die Perspektive wechselte (praktischerweise ist jedes Kapitel mit Jahreszahl und Namen überschrieben), traute ich meinen Augen nicht mehr, so gut und überraschend, beklemmend und unendlich intelligent wurden die unterschiedlichen Ebenen und Figuren miteinander verknüpft.

Schreibstil und Aufbau:
Nach dem Tod ihres Vaters muss Sally Diamond, die lange isoliert gelebt hat, erst lernen, mit anderen Menschen als ihren Eltern zu interagieren und diese Entwicklung ist einfühlsam und manchmal sogar ganz humorvoll erzählt. Dass Sally aber zu ihrem Schutz so abgeschottet leben musste, wird spätestens klar, als sie die Aufzeichnungen ihres Vaters findet, Briefe aus weiter Ferne sie erreichen und als die Presse sich auf Sally stürzt. Dies alles geschieht im ersten Abschnitt und im zweiten Abschnitt wird dann zumindest ein wenig klarer, vor wem Sally all die Jahre versteckt werden musste, nur um im dritten Abschnitt noch einmal ganz neu zu erfahren, dass die Dinge doch anders liegen (könnten) als vermutet.
Nugent schafft es, die Beklemmung stets zu intensivieren und ihre Protagonistin dennoch einfühlsam durch diese vielen Phasen der Erkenntnis zu begleiten. Sie gibt ihr eine handvoll Menschen an die Seite und lässt uns immer wieder aufatmen, wenn wir Sally in guten Händen wissen.

Meine Empfehlung:
Einen solchen Krimi/Thriller habe ich noch nie gelesen und so brutal und abgründig der Inhalt auch war, ich möchte mehr davon. Nugent Erzählstil ist einzigartig, sie versteht ihr Handwerk und hat Ideen, die ich mir nicht einmal in meinen dunkelsten Träumen hätte ausmalen können. Wenn ihr mit den oben genannten Triggern umgehen könnt, empfehle ich euch dieses Buch unbedingt weiter.

Zusätzliche Infos:
Titel:
Seltsame Sally Diamond
Originaltitel: Strange Sally Diamond
Autorin: Liz Nugent, geboren 1967 in Dublin, hat für irische Radio- und Fernsehsender und für das Theater geschrieben. Bereits ihr erster Roman Die Sünden meiner Väter, erschienen 2013, wurde ein großer Erfolg und Crime Novel of the Year bei den Irish Book Awards. Auch ihre folgenden Bücher Kleine Grausamkeiten (2020), von der New York Times sofort als einer der Most Recommended Thrillers of 2020 gelistet, Auf der Lauer liegen (2022) und Skin Deep (2018) wurden mit Preisen ausgezeichnet und landeten auf den irischen Bestsellerlisten. Ihr neuer Roman Seltsame Sally Diamond (2023, dt. 2024) ist Crime Novel of the Year bei den Irish Book Awards. Nugents Romane erscheinen in fünfzehn Sprachen.
Sprache: Deutsch
Aus dem Englischen von: Kathrin Razum
Leineneinband: 392 Seiten (auf der Verlagsseite steht fälschlicherweise 336 Seiten)
Verlag: Steidl
Erschienen: 1. Auflage 05/2024
ISBN: 978-3-96999-322-4

Rezension: Hey guten Morgen, wie geht es dir?

Hey guten Morgen, wie geht es dir? - Martina Hefter

Beschreibung des Verlages:

Tagsüber hilft Juno ihrem schwerkranken Mann Jupiter dabei, seinen Alltag zu meistern. Außerdem ist sie Künstlerin, tanzt und spielt Theater. Und nachts, wenn sie wieder einmal nicht schlafen kann, chattet sie mit Love-Scammern im Internet. Martina Hefter hat einen berührenden Roman über Bedürfnisse und Sehnsüchte im Leben geschrieben. Und darüber, wie weit man bereit ist, für die Liebe zu gehen.
Juno schreibt online mit Männern, die Frauen online ihre Liebe gestehen und so versuchen, sie um ihr Geld zu bringen. Doch statt darauf hereinzufallen, werden genau diese Männer zu einer Form von Freiheit für Juno. In den Gesprächen kann sie sein, wer sie will und sagen, was sie will – und das vermeintlich ohne Konsequenzen. Ganz im Gegensatz zu ihrem sonstigen Leben, in dem sie immer unterwegs, immer besorgt um Jupiter, immer beschäftigt und eingebunden ist. Also flüchtet Juno ab und zu vor ihrem Alltag ins Internet und spielt dort Spielchen mit Männern, die sie anlügen. Sie selbst wird zur Lügnerin. Aber ist es nicht so, dass man sich beim Lügen zuallererst selbst belügt?
Eines Tages trifft Juno auf Benu, der ihre Behauptungen ebenso durchschaut wie sie seine. Und trotz der Entfernung zwischen ihnen entsteht eine Verbindung. »Hey guten Morgen, wie geht es dir« ist ein tiefgehender Roman, aber so leichtfüßig wie eine Komödie.

Inhalt:
Tagsüber ist Juno Performerin, Tänzerin. Sie kreiert neue Stücke, probt viel, tritt regelmässig auf und greift ihrem schwerkranken Mann unter die Arme, damit dieser zu Hause wohnen kann. Nachts ist sie schlaflos und unterhält sich mit Love Scammern, die sich bevorzugt an ältere Frauen heranmachen und lügt diesen und manchmal auch sich selbst ein anderes Leben vor. Bis sie eine Unterhaltung mit Benu beginnt und plötzlich echter und ernsthafter ist, als sie es je einem fremden Menschen gegenüber sein wollte.

Meine Meinung:

Juno ist eine Protagonistin, mit der ich mich in vielen Lebensbereichen sehr gut identifizieren konnte und ich finde es so wichtig, mal von einer älteren Frau zu lesen, die sich tätowieren lässt, die ihren Alltag selbstständig stemmt und die eine ziemlich pragmatische und trotzdem liebevolle Beziehung mit ihrem Mann führt, der schwerkrank und immer mal wieder auf ihre Hilfe angewiesen ist. Juno ist selbstständige Künstlerin, wie ich. Sie reicht immer wieder neue Finanzierungspläne, Sponsoringdossiers und Schlussberichte ein, um sich zu finanzieren, wie ich und sie liebt den Film "Melancholia", wie ich. Anders als ich geht sie aber keinem Brotberuf nach. Sie führt ihren Alltag ohne Netz und doppelten Boden. Und in der Nacht unterhält sie sich mit Männern, welche es sich zum Ziel gemacht haben, vor allem ältere Frauen um grosse Geldbeträge zu erleichtern, sogenannten Love Scammern. Und sie dreht in diesen Gesprächen den Spiess um und spielt ihre Spielchen mit den Männern, bis diese aufgeben. Als sie aber mit Benu ins Gespräch kommt, bemerkt sie plötzlich, dass sie ihn nicht auch einfach belügen will, sondern tauscht sich länger mit ihm aus, lernt ihn kennen und lässt sich zumindest ein wenig hinter die mühsam erbaute Fassade blicken. Sie beginnt, sich Gedanken zu Abhängigkeiten, Rassismus und Fairness zu machen. Sie hinterfragt ihre Privilegien und lernt einiges über ihren neuen Gesprächspartner und seine Heimat. Und am meisten lernt sie dabei auch über sich selbst.

Schreibstil und Aufbau:
In kurzen Abschnitten, Chatverläufen und inneren Monologen lernen wir Juno und ihren Alltag kennen. Wir entdecken ihre Rastlosigkeit, begleiten sie bei harten Trainings, sehen sie verzweifelt und kämpferisch für sich und ihren Mann einstehen und nächtelang um Schlaf ringen und schliesslich aufgeben, ihre Nachrichten lesen und sich mit Benu austauschen. Sehr gekonnt lässt Hefter eigene Erfahrungen als Performancekünstlerin in diesen Roman einfliessen. Aus jeder Zeile lassen sich ihre Leidenschaft für das Leben auf der Bühne und die harte Arbeit, die dahinter steckt, erkennen. Ihr klug und kraftvoll erzählter Text liest sich stellenweise wie ein Gedicht und mutet in seinem filigranen Aufbau auch wie ein genau choreografierter Tanz an.


Meine Empfehlung:
"Hey guten Morgen, wie geht es dir?" streift pointiert aber ohne erhobenen Zeigefinger ganz unterschiedliche gesellschaftliche Themen und überzeugt mit bewegendem Inhalt aber auch sehr humorvollen Elementen. Dieses Buch wurde in meinen Augen ganz zurecht mit dem Deutschen Buchpreis 2024 ausgezeichnet und ich möchte unbedingt bald weitere Texte von Hefter lesen.

Zusätzliche Infos:
Titel:
Hey guten Morgen, wie geht es dir
Autorin: Martina Hefter lebt als Autorin und Performerin in Leipzig. Ihre Texte bewegen sich zwischen Gedicht, szenischen Schreibformen und Roman. Viele ihrer Texte setzt sie in Zusammenarbeit mit anderen Künstler*innen szenisch um. Sie veröffentlichte drei Romane und – im kookbooks-Verlag Berlin – fünf Gedichtbände. Für ihren letzten Roman, »Hey guten Morgen, wie geht es dir?«, erhielt sie 2024 den Deutschen Buchpreis.
Sprache: Deutsch
Gebunden mit Schutzumschlag: 224 Seiten
Verlag: Klett-Cotta
Erscheinungstermin: 13.07.2024
ISBN: 978-3-608-98826-0

Kurzrezension: Lazarus

Lazarus - Aleksandar Hemon

Klappentext:
1908 wird in Chicago der junge osteuropäische Einwanderer Lazarus Averbuch vom Polizeipräsidenten aus nächster Nähe erschossen. Hundert Jahre später will der bosnisch-amerikanische Schriftsteller Brik die Wahrheit über diesen angeblichen Anarchisten ans Licht bringen. Mit seinem Freund Rora macht er sich auf den Weg in die Heimat von Lazarus. Ihre Reise wird zu einer Suche nach den eigenen Wurzeln.

Inhalt:
Vladimir Brick stösst auf die Geschichte des jungen jüdischen Einwanderers Lazarus Averbuch, der 1908 in Chicago hinterrücks von Polizisten erschossen worden ist. Beim Versuch, den Mord zu vertuschen, ist über Averbuch verbreitet worden, er sei eine Gefahr für die Demokratie gewesen. Brick möchte auf den Spuren des Mannes in die Vergangenheit reisen und nimmt seinen Freund Rora, einen in den 1990er Jahren aus dem belagerten Sarajevo geflüchteten Fotografen, auf einen sonderbaren Roadtrip mit. Auf zwei Zeitebenen erzählt Hemon, wie Rora und Brick sich in der Gegenwart von Chicago aus in den Osten Europas aufmachen und dabei alten Geschichten, Feinden und Verbündeten sowie ihren eigenen Wurzeln begegnen und wie in der Vergangenheit überlebende Freunde und Verwandte von Lazarus um ihn trauern, befragt werden und ihn vermissen.

Leseeindrücke:
Hemons Erzählungen schwanken stets zwischen Traum und Wirklichkeit, Wunsch und Realität und wie bei Roras Geschichten wird auch in Hemons Roman selten klar, was nun wirklich stimmt, und was der Fantasie des Erzählers entsprungen ist. Ganz so, wie es halt immer ist, wenn ein Bosnier eine Geschichte erzählt.
Immer wieder werden die bosnischen Comicfiguren Mujo und Suljo bemüht, immer wieder stoppen aber auch tragische und gewaltvolle Kriegserinnerungen den Erzählfluss. Zarter bis derber Humor und die Brutalität des Alltags in Krieg treffen dabei ungebremst aufeinander.
Der Einstieg in die Geschichte ist mir leicht gefallen, dann wurde diese aber leider sehr zäh und auch wenn ich mich mit vielen der historischen und politischen Hintergründe auskenne (was sich definitiv lohnt), wurde mir irgendwann alles zu theoretisch und die philosophischen Geplänkel zwischen Rora und Brick haben die eigentlich spannende Handlung zu sehr in den Hintergrund gedrängt.

Fazit:
Das Buch beinhaltet zwar immer wieder äusserst unterhaltsame Szenen, es ist gekonnt erzählt und die tragischen historischen Hintergründe, welche es thematisiert, sind wirklich spannend in die Geschichte integriert. Insgesamt war mir das alles aber ein wenig zu zäh erzählt, weshalb das Buch einen Platz in einem offenen Bücherschrank finden darf.

Zusätzliche Infos:
Titel:
Lazarus
Originaltitel: The Lazarus Project
Autor: Aleksandar Hemon wurde 1964 in Sarajevo geboren. 1992 hielt er sich im Rahmen eines Kulturaustauschs in den USA auf, als er von der Belagerung seiner Heimatstadt erfuhr. Er beschloss, im Exil zu bleiben. Seit 1995 schreibt er auf Englisch und veröffentlicht regelmäßig unter anderem in "The New Yorker", "Granta" und "The Paris Review". Sein Erzählband "Die Sache mit Bruno" erschien 2000 in acht Ländern gleichzeitig. 2002 folgte der Roman "Nowhere Man", der für den "National Book Critics Circle Award" nominiert war. Die MacArthur Foundation zeichnete Hemon 2004 mit dem "Genius Grant" aus. Spätestens seit seinem international gefeierten Roman "Lazarus", der in Deutschland auf der Shortlist des Internationalen Buchpreises 2009 stand, gehört er zu den meist beachteten Stimmen der amerikanischen Gegenwartsliteratur. 2013 erschien "Das Buch meiner Leben", wie alle Bücher des Autors in Deutschland bei Knaus. Hemon lebt mit seiner Familie in Chicago.
Sprache: Deutsch
Aus dem Amerikanischen von: Rudolf Hermstein
Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen: 352 Seiten
Verlag: (früher Albrecht Knaus Verlag München, heute gehört der Verlag zu Randomhouse) Knaus Verlag
Erschienen: 2008
ISBN: 978-3-8135-0329-6