Rezension: Krötensex

Dieses Rezensionsexemplar aus dem Heyne-Verlag hat mich via Bloggerportal von Randomhouse erreicht. Herzlichen Dank.


Krötensex - Franka Frei

Beschreibung des Verlages:

Weder verliebt, noch in Berlin

Amerika. So heißt das Kaff in der ostdeutschen Provinz, in das es Frieda verschlägt, um ihr Studium zu beenden. Selbst schuld, wer das Kleingedruckte in der Studienordnung nicht liest. Leider passt dieses Provinzloch so gar nicht zu Friedas life goal: vegane, Adorno zitierende Weltverbessererin sein, die um die W›elt trampt und ihren shit together hat – wie Freia, Friedas perfekte Zwillingsschwester. Mühelos attraktiv sein wie Freia, das ist die Devise! Sonst wird’s zu viel. Und zu viel ist Frieda eh schon: zu laut, zu groß, zu viel Make-up. Immer und überall. Ob sich am Ende trotzdem body positivity und ein lebenslauftaugliches Praktikum finden lassen?

Von allem zu viel:
Wie trashig kann ein Buch sein? Das habe ich mich die ersten paar Seiten fortwährend gefragt und die über vierhundert Seiten doch in zwei Tagen inhaliert. Nicht nur die Protagonistin Frieda, auch diese ganze Geschichte ist einfach "zu viel". Zu viel Dialekt, zu viele Konversationen, die in englischer Sprache geführt werden, zu viele lustlose Liebesnächte, Alkoholexzesse und zu viel Geschwisterklinsch. Doch hinter der Fassade entpuppt sich "Krötensex" sehr bald als kritischer Roman, der vom Erwachsenwerden erzählt (mit zu vielen Klischees) und die Gefahren von Social Media, den (zu hohen) Ansprüchen an sich selbst und sein Umfeld, Burnout und Esstörungen thematisiert. Das Buch lässt sich lose in drei Drittel unterteilen. Im ersten Drittel realisiert die Protagonistin, dass es sich lohnt, das Kleingedruckte in der Studienordnung zu lesen und absolviert murrend, aber ohne wirklich etwas dagegen tun zu können ihr nicht sehr erfolgreiches Austauschsemester in der deutschen Provinz Amerika, statt in die USA zu reisen. Im zweiten Drittel tut sich Frieda mit ihrer Zwillingsschwester Freia zusammen (und ich sage euch, die Namen in diesem Buch: zu viel, definitiv) und wird zur veganen Öko-Influencerin. Im dritten Drittel ist Frieda am Ende mit ihren Nerven, sie ist haltlos überarbeitet und unterernährt, hat den Kontakt zu ihrer Schwester abgebrochen und kaum noch ein analoges Leben. Gelingt es ihr, den Absprung zu schaffen und sich vom Zwang, zu posten, Kalorien zu zählen und stets verfügbar zu sein, zu lösen?

Wenn "zu viel" so richtig unterhaltsam ist:
Selten hat sich ein "zu viel" in einem Buch so unterhaltsam und zugleich wichtig angefühlt, wie in "Krötensex". Und zum ersten Mal in meinem Leben habe ich das Gefühl, ein wenig zu alt und zu geerdet zu sein, für ein Buch. Einzelne Themen darin sind für mich - zum Glück - kein Thema mehr oder waren es nie. Einige Erfahrungen habe ich nie machen müssen und bin froh darüber. Ich stehe an einem anderen Punkt im Leben als Frieda und habe mich trotzdem auf sie und ihr Leben eingelassen und vor ihr realisiert, in welcher Abwärtsspirale sie sich befindet (und mich darüber gefreut, dass sie es auch noch bemerkt hat). Für einige Leser*innen ist dieses Buch genau das, was sie gerade brauchen. Viele von ihnen werden jünger sein, als ich es jetzt bin, mehr auf der Suche, vielleicht ein wenig zu viel (oder zu wenig) und der Inhalt dieses Buches ist vielleicht für einige ein wichtiger Anhaltspunkt: eine Person Mitte Zwanzig, die sie mit Worten an die Hand nimmt und ihnen aufzeigt, was alles schief gehen kann, dass es sich aber auch lohnt, auf sich und die wahren und echten Menschen in seinem Leben zu vertrauen.
Und, wirklich...das WG-Leben in "Krötensex" ist definitiv auch zu viel. Zu schmutzig, zu versifft, zu dramatisch und die Kühlschränke sind alle zu leer und die Drogen definitiv zu einfach zu besorgen. Aber obwohl meine WG-Efahrungen sehr überschaubar sind (und sich darauf beschränken, dass der Liebste und ich zwei Jahre lang einen Untermieter hatten), so kenne ich doch auch einzelne im Buch dargestellten Stereotypen zu genüge, was wiederum für beste Unterhaltung gesorgt hat.

Meine Empfehlung:
"Krötensex" ist einfach zu viel (es sind auch ca. 100 Seiten zu viel), aber dieses "zu viel" fühlt sich gut an und unterhaltsam und ich denke, dass alle, die gerade von zu Hause ausziehen, volljährig werden oder ihr Auslandsemester (oder die Karriere als Social-Media-Star) antreten, dieses Buch lesen sollten. Und alle anderen dürfen ebenfalls gerne dazu greifen und es sich mit diesem trashigen Roman vom Erwachsenwerden in der Leseecke gemütlich machen und sich an Leid und Freud der Krötenweibchen und ihren Krötenmännchen ergötzen.

Zusätzliche Infos:
Titel:
Krötensex
Autorin: Franka Frei, 1995 in Köln geboren und im österreichischen Salzburg aufgewachsen, wurde quasi aus Versehen zur Expertin auf einem Gebiet, das sie seitdem nicht mehr loslässt. Seit ihrem Bachelor-Abschluss im Fach Angewandte Medien und dem plötzlichen Viralgehen in den sozialen Medien ist sie Menstruationsaktivistin – ein Vollzeitjob, der selbst bei Partys im hippen Berlin Fragezeichen in die Gesichter zeichnet. Wenn sie nicht gerade in der Gender Studies-Vorlesung sitzt, wird Franka nicht müde zu erklären »was man damit später mal anfangen will« (die Revolution, natürlich), hält Vorträge im In- und Ausland und arbeitet als Journalistin für die Deutsche Welle. Artikel und Interviews mit ihr erschienen unter anderem in der Huffington Post, Zeit Campus, im Deutschlandfunk, WDR und in Vice. Im März 2020 erschien ihr Sachbuch »Periode ist politisch« bei Heyne Hardcore.
Paperback:
448 Seiten
Sprache: Deutsch
Verlag: Heyne
Erschienen am: 08. März 2021
ISBN:
978-3-453-42332-9

Rezension: Das Kind, das nicht fragte

Das Kind, das nicht fragte - Hanns-Josef Ortheil

Beschreibung des Verlages:
Eine Luft voller Aromen, ein Duft von Orangen, Zitronen und Kräutern.
Benjamin Merz, Ethnologe und jüngstes Kind einer Familie mit fünf Söhnen, überwindet seine Hemmungen und entwickelt ungewohnte Fähigkeiten darin, sich in andere Menschen hineinzuversetzen. Während einer Forschungsreise auf Sizilien beginnen die Frauen des Städtchens Mandlica diese Fähigkeit zu entdecken und zu schätzen. Nach dem Roman »Die große Liebe« und »Die Erfindung des Lebens« hat Hanns-Josef Ortheil einen weiteren hellen und lichten Roman über das Leben im Süden Italiens und die Nähe, die dieser magische Raum zwischen Menschen ermöglicht, geschrieben.

Inhalt:
Es ist heisses Sommerwetter in Sizilien, als der deutsche Ethnologe Benjamin Merz für ein Forschungsprojekt nach Mandlica reist und dort beginnt, die Menschen zu studieren. Mehr und mehr lernt er die Bewohnerinnen und Bewohner des kleinen Dörfchens, sowie die traumhaft schöne Landschaft und die verführerischen Dolci kennen und lieben. Er gliedert sich in die Dorfgemeinschaft ein und erobert mit seinen einfühlsamen Fragen die Herzen der Frauen im Sturm, beginnt dabei aber auch, sich Schritt für Schritt von seiner traumatischen Kindheit und der speziellen Beziehung zu seinen Brüdern zu emanzipieren.

Meine Meinung:
Das Cover hat mich dieses Buch vor einigen Monaten kaufen lassen und ich habe mich auf die Geschichte eingelassen, ohne zu wissen, was sie beinhalten würde. Das mache ich sehr oft so und wurde auch von "Das Kind, das nicht fragte", sehr positiv überrascht. Sofort kam bei mir ein sommerliches Gefühl auf. Ich habe mich in den Süden Italiens geträumt und gemeinsam mit Benjamin die Dolci und den Strand geniessen dürfen. Das fiktive Örtchen Mandlica gilt als Hochburg der süssen Kulinarik und so erstaunt es nicht, dass der Protagonist sich durch sämtliche Angebote testet. Nur schade, dass wir Leserinnen und Leser doch eher selten in den Genuss detaillierter Beschreibungen der Gerichte erhalten. Wenn dies aber einmal geschieht, dann um so schöner. So habe ich beispielsweise die Süsse und Säure des fruchtigen Zitronensirups, den Benjamin bei seiner Ankunft in seiner Unterkunft gereicht bekommt, auf der Zunge förmlich spüren und schmecken können.

Das Leben in Mandlica:
Was auffällt, ist die Trägheit und Ruhe und Selbstverständlichkeit, mit der sich die Figuren, Bewohnerinnen und Bewohner des Dorfes Mandlica, durch den Tag bewegen. Sie scheinen den ganzen Tag damit zu verbringen, sich von einem Restaurant zum nächsten, zur Buchhandlung, zur Kirche und dann wieder ins Restaurant zu bewegen. So, wie die Hitze über den Strassen zu stehen bleibt, bleibt auch da Leben im Dorf im positiven Sinne, in dem alle den Stillstand und die Ruhe geniessen, stehen und alle Figuren scheinen nicht nur genug Geld zu haben, damit sie nicht wirklich arbeiten müssen, sie haben auch noch genug Zeit, es in den Gasthäusern und Cafés der Stadt auszugeben. Sie bewegen sich wie Urlauber durch ihre Heimat und auch Benjamin, von dem zwar klar wird, dass er ein Meister seines Faches ist und auch schon diverse Bücher veröffentlicht und sicher auch ein wenig Geld damit verdient hat, schliesst sich diesem Lebenswandel an, ohne dass wir wissen, von welchen Einkünften er aktuell lebt.

Die traumatische Kindheit:
Diese traumähnliche Idylle tut der Kluft, die sich in Benjamins Leben auftut, aber keinen Abbruch. In seiner Kindheit ist der Protagonist von seinen vier älteren Brüdern oft gequält und mundtot gemacht worden, weshalb er erst im Erwachsenenalter zur Sprache und konkret zum Fragen gefunden hat und so Ethnologe geworden ist. Er trägt diese Verletzungen und Enttäuschungen immer noch mit sich herum und nimmt im Schutz der grossen räumlichen und sozialen Distanz, die ihn von seinen Brüdern trennt, immer wieder einzelne Versuche in Angriff, sich laut und klar zu positionieren und seinen Brüdern zumindest während einiger Telefonaten zu sagen, wie sehr sie ihn damals verletzt haben.

Die Beziehung zu Gott und den Frauen:
Immer mal wieder tritt der Protagonist mit Gott in Kontakt. Seien es durch Erinnerungen an die erste Beichte oder auch den Besuch einer Kirche, der ihn zur Zwiesprache mit Gott verleitet. Gott wird zur Figur, die - ähnlich einer inneren Stimme - mit gutem Rat zur Seite steht, Benjamins Überlegungen hinterfragt und ihm zu Entscheidungen verhilft. Dies geschieht eher nebensächlich und ohne Pathos. Dieser kommt nämlich erst auf, wenn sich Benjamin mit Frauen trifft. Frauen, deren Herz er innerhalb von kürzester Zeit erobert und was ihm früher schwer gefallen scheint - so erzählt er es zumindest - beherrscht er nun problemlos: den Aufenthalt in vollen Räumen, Gespräche in grossen Runden und die Kunst der Verführung.

Schreibstil:
Hanns-Josef Ortheil versteht es meisterhaft, seinen Protagonisten anfänglich wie einen skurrilen Einzelgänger und nach und nach wie einen Mann von Welt, der sich aber seine kindliche und zugleich präzise Art bewahrt hat, zu beschreiben. Zaghaft und fast ein wenig unsicher klammert sich Benjamin zu Beginn seiner Forschungsarbeiten nämlich an einen sehr pedantisch festgelegten Tages- und Arbeitsablauf. Die Stifte auf dem Schreibtisch sind geordnet, die Schrift in seinen Notizbüchern ist akkurat geschwungen. In seinen Erinnerungen und Monologen klingt Benjamin wie das verletzte Kind, das er einmal war, in seinen Gesprächen mit anderen Menschen wächst er aber über sich hinaus und wird wichtiger und einflussreicher, als er es sich je zu träumen gewagt hätte. Dies hat mich tief beeindruckt und spricht für die grosse Kunst des Autors. Ausserdem haben mich die Beschreibungen direkt in das sonnige Sizilien katapultiert und mir das träge Gefühl eines Sommerurlaubs voller "dolce far niente" vermittelt, das ich gerne noch ein wenig länger genossen hätte.

Meine Empfehlung:
Ich bin wirklich begeistert von diesem sommerlichen Roman und gerade weil einzelne Facetten der Handlung sehr surreal wirkten (alle sind reich, alle haben Zeit, Benjamin gelingt alles, was er anpackt, die Frauen schmeissen sich ihm sogar mehr und mehr von alleine an den Hals), hat dies genau in diese spezielle, traumähnliche Idylle gepasst und "Das Kind, das nicht fragte", zu einem ganz einzigartigen Lesevergnügen mit Suchtfaktor gemacht.

Zusätzliche Infos:
Titel: Das Kind, das nicht fragte
Autor: Hanns-Josef Ortheil wurde 1951 in Köln geboren. Er absolvierte eine pianistische Ausbildung und studierte u.a. Kunstgeschichte, Germanistik, Philosophie in Mainz, Göttingen, Paris und Rom. 1976 promovierte er an der Universität in Mainz, wo er als wissenschaftlicher Mitarbeiter angestellt war. Nach verschiedenen Anstellungen an deutschen Universitäten leitete er den Studiengang Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus an der Universität Hildesheim. 2009 wurde er außerdem zum Direktor des neu gegründeten Instituts für Literarisches Schreiben in Hildesheim. Ortheil gehört zu den bedeutendsten deutschen Autoren der Gegenwart und sein Werk wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Unter Anderem mit dem Aspekte-Literaturpreis des ZDF, mit dem Brandenburgischen Literaturpreis und mit dem Thomas-Mann-Preis der Hansestadt Lübeck. Seine Romane wurden in über zwanzig Sprachen übersetzt.
Sprache: Deutsch
Taschenbuch: 432 Seiten
Verlag: btb
Erschienen am: 13. Oktober 2014
ISBN: 978-3-442-73981-3

Kurzrezension: Alles auf dem Rasen

Alles auf dem Rasen - Juli Zeh

Beschreibung des Verlages:
Pointiert, humorvoll, hintergründig …
Gibt es eine Demokratie ohne Nebenwirkungen? Finden sich auf dem Europäischen Markt noch Tabus made in Germany? Warum langweilt uns die Pornographie? Kann man schreiben lernen, hat die Literatur noch etwas zu erzählen, und worin liegt der psychologische Nutzen von Altpapier? Juli Zeh, eine der spannendsten und erfolgreichsten Autorinnen ihrer Generation meldet sich mit intelligenten, provokanten und amüsanten Essays zu Wort.

Meine Meinung:
Endlich einmal habe ich ein Buch von Juli Zeh gelesen und durch die vielen verschiedenen Essays zu diversen Themen, habe ich ganz unterschiedliche Seiten der Autorin, sowie ihre packende Erzählsprache kennenlernen dürfen. Gar nicht gefallen haben mir ihre Abhandlungen über den Beruf der Juristin, die kamen nämlich trocken und besserwisserisch daher. Die einzige Ausnahme war ein grandioser Text über "Tabus" in unserer Gesellschaft. Auch sind einzelne feministische Themen ein wenig gar einseitig beleuchtet, aber die meisten Texte stammen aus den Jahren 2003-2005 und in der Zwischenzeit hat sich auch bei der Autorin viel getan. Ein Blick auf die im Buch besprochenen Themen aus der heutigen Zeit wäre also total spannend. Ich zumindest würde eine weitere Essaysammlung mit Texten von 2020- 2025, die dann im Jahr 2027 erscheint (zum Beispiel), total spannend finden.
Sehr berührt haben mich die Texte zum Thema "Reisen" und vor allem auch den liebevollen Blick, den die Autorin auf Bosnien wirft. Es scheint, als würden mir immer mehr Verbindungen zu Bosnien auffallen und das wundert auch nicht: Bosnien ist Dreh- und Angelpunkt so vieler Ereignisse in Europa und die Bedeutung dieses wunderschönen Landes ist lange unterschätzt worden. Dabei führen so viele Reisen politischer, historischer und gesellschaftlicher Art früher oder später durch dieses Land und es freut mich, dass zahlreiche Schriftsteller*innen dies erkennen.
Insgesamt hat mir "Alles auf dem Rasen" Lust darauf gemacht, mehr von Juli Zeh zu lesen. Ihre Art, zu schreiben hat mich überzeugt. Einige ihrer Texte und einzelne Gedankengänge darin haben mich zwar weder unterhalten, noch haben sie mir etwas vermittelt, aber ich habe beim Lesen stets gespürt, dass ich mir von dieser Autorin noch ganz viele Geschichten erzählen lassen möchte.

Fazit:
"Alles auf dem Rasen" hat Lust auf die Romane von Juli Zeh gemacht, ist aber nicht mehr wirklich aktuell, sondern zeigt einzelne doch sehr verstaubte und trockene Ansichten aus den vergangenen Jahrzehnten, in denen sich gesellschaftlich vieles getan hat. Dennoch sind das grossartige schriftstellerische Potenzial der Autorin, ihr feinsinniger Humor und ihre genaue und liebevolle Art, Menschen und deren Umgebung zu beobachten, klar erkennbar, was mich neugierig auf die Romane der Autorin gemacht hat.

Zusätzliche Infos:
Titel: Alles auf dem Rasen
Autorin: Juli Zeh, 1974 in Bonn geboren, studierte Jura in Passau und Leipzig. Schon ihr Debütroman "Adler und Engel" (2001) wurde zu einem Welterfolg, inzwischen sind ihre Romane in 35 Sprachen übersetzt. Ihr Gesellschaftsroman "Unterleuten" (2016) stand über ein Jahr auf der SPIEGEL-Bestsellerliste. Juli Zeh wurde für ihr Werk vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Rauriser Literaturpreis (2002), dem Hölderlin-Förderpreis (2003), dem Ernst-Toller-Preis (2003), dem Carl-Amery-Literaturpreis (2009), dem Thomas-Mann-Preis (2013), dem Hildegard-von-Bingen-Preis (2015) und dem Bruno-Kreisky-Preis (2017) sowie dem Bundesverdienstkreuz (2018). 2018 wurde sie zur ehrenamtlichen Richterin am Verfassungsgericht des Landes Brandenburg gewählt.
Sprache: Deutsch
Taschenbuch: 304 Seiten
Verlag:btb
Erschienen am: 02. Januar 2008
ISBN: 978-3-442-73623-2

Rezension: Singt, ihr Lebenden und ihr Toten, singt

Singt, ihr Lebenden und ihr Toten, singt - Jesmyn Ward

Beschreibung des Verlages:
Ein großer Roman aus dem amerikanischen Süden, ein zärtliches Familienporträt in einer von Armut und Rassismus geprägten Gesellschaft.
Jojo und seine kleine Schwester Kayla leben bei ihren Großeltern Mam and Pop an der Golfküste von Mississippi. Leonie, ihre Mutter, kümmert sich kaum um sie. Sie nimmt Drogen und arbeitet in einer Bar. Wenn sie high ist, wird Leonie von Visionen ihres toten Bruders heimgesucht, die sie quälen, aber auch trösten. Mam ist unheilbar an Krebs erkrankt, und der stille und verlässliche Pop versucht, den Haushalt aufrecht zu erhalten und Jojo beizubringen, wie man erwachsen wird. Als der weiße Vater von Leonies Kindern aus dem Gefängnis entlassen wird, packt sie ihre Kinder und eine Freundin ins Auto und fährt zur »Parchman Farm«, dem staatlichen Zuchthaus, um ihn abzuholen. Eine Reise voller Gefahr und Hoffnung.
Jesmyn Ward erzählt so berührend wie unsentimental von einer schwarzen Familie in einer von Armut und tief verwurzeltem Rassismus geprägten Gesellschaft. Was bedeuten familiäre Bindungen, wo sind ihre Grenzen? Wie bewahrt man Würde, Liebe und Achtung, wenn man sie nicht erfährt?
"Singt, ihr Lebenden und ihr Toten, singt" ist ein großer Roman, getragen von Wards so besonderer melodischer Sprache, ein zärtliches Familienporträt, eine Geschichte von Hoffnungen und Kämpfen, voller Anspielungen auf das Alte Testament und die Odyssee.

Inhalt:
Eine schwarze Familie an der Golfküste von Mississippi, Jojo, der sich um seine noch sehr junge Schwester kümmert, und ihre Grosseltern Mam und Pop, bei denen die beiden leben. Mam ist schwer an Krebs erkrankt und kann sich auch mit ihrem eigenen Wissen über die Welt der Pflanzen und Geister nicht mehr heilen, Pop zieht sich immer mehr in sich selber zurück, weil er ein schreckliches Geheimnis mit sich herumträgt, das ihn bis in seine Träume verfolgt.
Leonie, die Mutter der Kinder, ist stets unterwegs und arbeitet in einer Bar, um sich ihre Drogeneskapaden zu finanzieren. Manchmal scheint es, als  würde sie ihre Kinder ein wenig vergessen und manchmal sieht sie, wenn sie high ist, ihren verstorbenen Bruder, der mit Trost und Vorwürfen schnell zur Hand ist.
Als Leonie ihre beste Freundin Misty und ihre beiden Kinder ins Auto packt, um die weite Reise zur Parchman Farm, dem staatlichen Gefängnis, anzutreten und dort Michael, den weissen Vater ihrer Kinder abzuholen, zeigt sich, wie sehr Armut, Rassismus, Schuld, Liebe, Verlust, Verachtung, Würde und Hoffnung die Menschheit prägen und ihr Schicksal im Guten und vor allem auch im Schlechten mitbestimmen.

Meine Meinung:
Es fällt mir schwer, in Worte zu fassen, wie sehr mich dieses Buch berührt und mit seiner wuchtigen und zugleich sanften Sprache für sich eingenommen hat.
Sprachliche Bilder und formvollendet auf den wunden Punkt treffende Beschreibungen haben mich mitgerissen und begeistert. Besonders gut gefallen hat mir, wie das Wissen von Mam um die Pflanzenheilkunde und die Geistwelt integriert worden ist. Dieses selbstverständliche Einbinden der verschiedenen Wesen und Mächte, welche die Protagonisten umgeben, hat mich ein wenig an das Buch "Unter dem Frangipanibaum" erinnert, das ich euch ebenfalls sehr ans Herz lege.
Obwohl Mam diese spezielle Gabe aber eingesetzt und sich selber behandelt, hat sie irgendwann keine Kraft mehr, gegen den Krebs anzukämpfen. Sie hat alles versucht, um Leonie ihr Wissen weiterzugeben, aber diese hat nicht alles aufnehmen können und wollen. Dafür hat Jojo die Gabe. Er sieht und spürt, was um ihn herum vorgeht, versteht die Tiere und Pflanzen und sieht auch Leonies verstorbenen Bruder Given und den zwölfjährigen Richie, der damals mit Pop gemeinsam auf der "Parchman Farm" gefangengehalten wurde.
Die Geschichte, die Pop mit Richie verbindet, ist so unvorstellbar grausam, dass Pop sie Jojo nur in ganz kleinen Happen erzählt und diese Geschichte, die zuerst wie ein parallel zur Handlung ablaufender Nebenstrang erscheint, entpuppt sich nach und nach als Rahmenhandlung, die alle anderen Figuren umgibt und sowohl miteinander verbindet, als auch voneinander trennt. Durch all diese Grausamkeiten hindurch, habe ich mich vom Buch an der Hand genommen gefühlt und wenn "Singt, ihr Lebenden und ihr Toten, singt", mir eines gezeigt hat, dann dass es am Ende immer Hoffnung und Licht geben kann, wenn man aufeinander aufpasst, seine Lieben ganz fest hält und auf seine eigenen Stärken vertraut.

Jojo:
Diese Geschichte wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt und dabei habe ich Jojo am meisten in mein Herz geschlossen. Er wird ein wenig zur Hauptfigur, weil er es ist, welcher die Fäden innerhalb der Familie zusammenhält, weil er seine kleine Schwester Kayla liebevoll und einfühlsam betreut und behütet und weil er als einziger Zugang zu Pop und dessen Gefühls- und Gedankenwelt hat. Weil er sich Zeit nimmt, seine Gabe nutzt und mit seiner jungen und reinen Seele und seinem grossen und liebevollen Herz versucht, stets das Richtige zu tun. Die Gespräche, die Jojo mit Pop führt und die grosse Achtung, die Jojo seinem Pop entgegenbringt, haben mich tief berührt und sind etwas vom Schönsten und Bewegendsten, das mir je in einem Buch begegnet ist.

Meine Empfehlung:
"Singt, ihr Lebenden und ihr Toten, singt" erzählt die Geschichte einer Familie, die täglich mit Armut und Rassismus konfrontiert ist und dabei stets droht, zu zerbrechen, aber von Jojo und Pop mit aller Kraft zusammengehalten wird. Die Sprache ist roh, wuchtig und überwältigend, die Handlung brutal, grausam und manchmal kaum auszuhalten und trotzdem strahlt dieses Buch eine Zuversicht und Wärme aus, die Hoffnung macht. Ich bin immer noch ganz überwältigt und empfehle euch diesen Schatz von ganzem Herzen weiter.

Zusätzliche Infos:
Titel:
Singt, ihr Lebenden und ihr Toten, singt
Originaltitel: Sing, Unburied, Sing
Autorin: Jesmyn Ward, geb. 1977, wuchs in DeLisle, Mississippi, auf. Nach einem Literaturstudium in Michigan war sie Stipendiatin in Stanford und Writer in Residence an der University of Mississippi. Sie lehrt derzeit Englische Literatur an der Tulane University in New Orleans. Jesmyn Ward ist die erste Frau, die zweimal mit dem wichtigsten amerikanischen Literaturpreis, dem National Book Award, ausgezeichnet wurde: für "Vor dem Sturm" (Kunstmann, 2013) und für "Singt, ihr Lebenden und ihr Toten, singt" (Kunstmann, 2018). 2017 wurde ihr auch der MacArthur Genius Grant verliehen.
Sprache: Deutsch
Aus dem Englischen von: Ulrike Becker
Hardcover mit Schutzumschlag: 304 Seiten
Verlag: Verlag Antja Kunstmann
ISBN: 978-3-95614-224-6

Rezension: Fang den Hasen

Fang den Hasen - Lana Bastašić

Beschreibung des Verlages:

»Eine europäische Literatur, [die] vollbringt, was hervorragende Literatur vollbringen sollte – uns hoffen lassen, dass sich Wunder erfüllen. Lana Bastašićs Geschichten müssen erzählt werden.« Saša Stanišić
Als junge Mädchen waren sie unzertrennlich, obwohl sie gegensätzlicher nicht sein könnten: Lejla, die Schamlose, Unbändige. Sara, die besonnene Tochter des Polizeichefs. Eine zwiespältige Nähe aus Befremden und Anziehung. Eine außergewöhnliche Freundschaft, die plötzlich zerfiel wie das Land, in dem sie aufwuchsen. 12 Jahre ist es her, als Sara Bosnien verließ, um an einem besseren Ort ein neues Leben zu beginnen. 12 Jahre absoluter Funkstille, als ein Anruf sie in die verlorene Heimat zurückbringt. Die Rückkehr wird kein harmloses Wiedersehen zweier Kindheitsfreundinnen.
Mit einer fesselnden Sprache zwischen rebellischem Trotz und beißender Komik erzählt Bosniens aufregender Literatur-Shootingstar Lana Bastašić in »Fang den Hasen« von einer außergewöhnlichen Freundschaft in den Wirren der jugoslawischen Geschichte – ausgezeichnet mit dem Literaturpreis der Europäischen Union 2020.

Inhalt:
Sara spaziert gerade durch ihre neue Heimat Dublin, als ein Anruf von Lejla sie zwölf Jahre in die Vergangenheit katapultiert. "Armin ist in Wien", sagt Lejla und bitte Sara, nach Mostar zu reisen. Von dort aus soll sie Lejla nach Wien fahren. Zu Armin, Lejlas Bruder, der in den Neunzigerjahren aus Jugoslawien verschwunden und seither nicht mehr gesehen worden ist. Sara weiss nicht, wie ihr geschieht, aber sie stimmt zu und durchlebt die Geschichte ihrer ehemaligen Heimat, die mittlerweile genau so zerfallen ist wie ihre Familie, noch einmal schmerzlich. An ihrer Seite Lejla, die wilde junge Frau und die toxische Freundschaft, die auch immer irgendwie mitfährt durch das dunkle Bosnien, in dem es auch am Tag nicht richtig hell wird.

Meine Meinung:
Ich bin so froh, dass Saša Stanišić - der Autor von HERKUNFT (wer dieses Buch noch nicht gelesen hat, soll das unbedingt nachholen) - auf "Fang den Hasen" aufmerksam gemacht hat. Es hat mich vom ersten Satz an gepackt, begeistert, berührt, sprachlos gemacht und fantasievoll unterhalten. Und ich bin so froh, dass ich bei der Lektüre von "Fang den Hasen" einige mir bekannte Orte in Bosnien besuchen durfte, die ich nun schon seit mehr als ein Jahr nicht besuchen konnte (HIER seht ihr die Wasserfälle von Jajce, Bilder von Mostar habe ich leider keine für euch).

Sprache und Handlung:
Aber es geht nicht um die Orte, es geht um die Stimmung, die Versprechungen, Verletzungen, Vorwürfe und die Bilder, die auftauchen um aus einer Zeit zu berichten, in denen Menschen ihren Namen ändern mussten, um ihr Leben zu retten. Wie die Bosniakin Lejla, die somit nur noch für Sara "Lejla" ist, aber für niemanden sonst. Genau so wie der Name, ist auch ihre Geschichte, die Geschichte ihrer Freundschaft, vor zwölf Jahren konserviert worden, aber ihre Erinnerungen sind es nicht. Sie haben sich angepasst an die Begebenheiten und das neue Leben, stimmen nicht mehr überein und sorgen für Vorwürfe und Unverständnis. Was ist es denn, das bleibt, wenn alles auseinanderfällt, wenn Personen verschwinden? Ein Bruder, ein Sohn, eine Familie, eine Heimat, ein Land, ein Gefühl, ein Hase? Was bleibt, wenn das Vergangene sich nicht in Worte fassen lässt, weil es keine Worte gibt, um das Unaussprechliche zu beschreiben? Lana Bastašić löst das, in dem sie nicht "be-", sondern "um-"schreibt. Poetisch und packend, humorvoll und hektisch und träge zugleich webt sie eine Geschichte, die dichter und dichter wird, die ein Roadtrip durch Bosnien und die Geschichte der Protagonistinnen und ein Coming-of-Age-Roman, eine Liebesgeschichte und eine Chronik ist, in der das Licht die Zukunft ist und die Dunkelheit die Gegenwart. Während Sara von Anfang an besonnen scheint, vernünftig, aufopfernd, beschönigend, ist Lejla die Rebellin, welche aufbegehrt und provoziert, welche Gefühle wie Schmerz und Leid auch einfach einmal zulassen will. Aber je länger die Geschichte dauert, desto mehr verschwimmen die Grenzen von Schuld und Verantwortung. Desto undurchdringbarer webt Lana Bastašić die unsichtbaren Fäden dieses Netzes, das Lejla und Sara zugleich aneinanderfesselt und voneinander trennt. Sie tut dies mit treffenden, zarten, heftigen und starken Worten und hat mit "Fang den Hasen" ein grossartiges Stück Literatur geschaffen, das Lust auf mehr macht.

Meine Empfehlung:
Lest dieses Buch, taucht ein in diese düstere Stimmung, gönnt euch die Melancholie, die poetischen, fesselnden Bilder, die kraftvollen Worte, die mir den Boden unter den Füssen genommen, mich wie ein Schnellzug überfahren und gleichzeitig auf einer Welle der schönen Formulierungen haben reiten lassen. Ich bin mir sicher, dass wir noch viel von Lana Bastašić hören (lesen) werden.

Zusätzliche Infos:
Titel:
Fang den Hasen
Originaltitel: Uhvati zeca
Autorin: Lana Bastašić, 1986 in Zagreb, Kroatien, als Kind serbischer Eltern geboren, wuchs nach dem Zerfall Jugoslawiens in Bosnien auf und lebte zuletzt viele Jahre in Barcelona. Sie hat bisher zwei Erzählbände und einen Lyrikband veröffentlicht, für die sie mit zahlreichen Preisen und Stipendien ausgezeichnet wurde. Bastašić ist Herausgeberin des spanischen Literaturmagazins »Carn de cap« und Mitbegründerin von »3+3 sisters«, einem Projekt, das Autorinnen aus dem Balkan fördert. Mit ihrem Debütroman »Fang den Hasen« (Uhvati zeca) stand sie auf der Shortlist des NIN-Award, Serbiens renommiertesten Literaturpreis, und erhielt 2020 den Literaturpreis der Europäischen Union. Bastašić ist derzeit Writer in Residence in Zürich.
Sprache: Deutsch
Aus dem Bosnischen von: Rebekka Zeinzinger
Fester Einband mit Schutzumschlag: 336 Seiten
Verlag: S. Fischer Verlag
Erscheinungstermin: 10.03.2021
ISBN: 978-3-10-397032-6

Unabhängig(er) lesen: Buchtipps zum Indiebookday

Heute ist wieder Indiebookday (mehr Infos dazu findet ihr HIER) und diesen Tag habe ich zum Anlass genommen, um wieder einmal durch meine Regale zu stöbern und ein paar Buchtipps für euch zusammenzustellen und euch auf einige unabhängige Verlage aufmerksam zu machen. Was mir dabei aufgefallen ist: ich lese schockierend wenige Indiebücher... Das muss sich unbedingt ändern und ich bitte euch, mir ganz viele Buchtipps zu nennen, damit ich meinen Wunschliste und meinen SuB (der heute leider wieder nicht zu Wort kommen wird, aber heute geht es um unabhängige Verlage) mit Indiebooks füllen kann.


Der bilgerverlag

Wusstet ihr, dass es in der Schweiz ziemlich viele unabhängige Verlage gibt? Klar, in einem so kleinen Land gibt es natürlich viel mehr kleinere Unternehmen und so lohnt sich ein Blick in diese Liste auf jeden Fall. Ihr findet dort ganz viele unabhängige Verlage aus dem deutschsprachigen Raum.
Und so wundert es auch nicht, dass einer meiner Herzensverlage ein Schweizer Verlag ist und zwar handelt es sich dabei um den bilgerverlag. Funfact: "Kleopatrafalter" ist das allererste Rezensionsexemplar überhaupt, das ich in meiner ganzen "Karriere" als Buchbloggerin erhalten habe. Der mit Schreibmaschine getippte Gruss des Verlagsleiters Ricco Bilger steckt immer noch als Lesezeichen im Buch.
Kleopatrafalter, Pierre Chiquet

Klappentext:

"Dass sie nicht fluchte, nicht tobte, nicht schrie, nicht wütete, war zu viel, was auf die jungen Männer, die im Gras kauerten, einstürzte, zu viel Unfassbares und Unerklärliches, was ihre Augen einfach hinnehmen mussten. Fast gleichzeitig krochen sie ein Stück zurück, erhoben sich und gingen schweigend den Weg urück in das Dorf und sahen sich nicht an, blickten vor sich in das Leere, als müssten sie ihre ganze Kraft darauf verwenden, ihren Verstand zusammenzuhalten."

Zu meiner Rezension geht es HIER



Zaïda - Anne Cuneo

Inhalt:
Zaïda De Vico wird 1859 im Süden Englands geboren. Sie ist jung und unbeschwert und gerade dabei, sich von ihrer konservativen Mutter zu lösen, die Zaïda in die gute Gesellschaft einführen und reich verheiraten will. Auf dem Weg zur Schneiderin, welche ihr ein Ballkleid nähen soll, verunfallt die Kutsche und die junge Dame macht sich alleine auf, um im nächsten Ort Hilfe zu holen. Ein junger Maler, ein plötzlicher Sturzregen und das Verpassen eines Zuges führen dazu, dass sich Zaïdas Leben von einer Sekunde auf die andere verändert. Innerhalb weniger Wochen ist sie verlobt und verheiratet und nach einigen Jahren gelingt ihr, wovon andere Frauen dieser Zeit nur zu träumen wagen: sie beginnt, in Zürich Medizin zu studieren und als Ärztin zu praktizieren. Zwischen persönlichen Tragödien, zwei Welt- und einigen Bürgerkriegen und stets gegen die patriarchischen Windmühlen der Zeit und den Faschismus ankämpfend, lebt Zaïda das Leben einer selbstbestimmten, grossherzigen und mutigen Frau.

Meine Rezension findet ihr HIER

Štěpán Tage der Wahrheit in Prag, Anne Cuneo

Klappentext:
Anne Cuneos mitreissender und bewegender Roman erzählt die Geschichte der Paola Rouge-Malatesta, die während des Prager Frühlings 1968 an der Seite des Prager Studentenführers Štěpán Spacek Tage der leidenschaftlichen Liebe und Tage des Schmerzes nach der Ermordung des gemeinsamen Freundes František Schwarz erlebt.
Einundzwanzig Jahre später, während der Samtenen Revolution reist Paola Rouge-Malatesta wieder nach Prag. Diesmal wird es zu einer Reise in die Vergangenheit, die das Ende der Sorglosigkeit bedeutete.

Zu meiner Rezension geht es HIER

Auf meinem SuB befindet sich aus dem bilgerverlag auch noch "Das Benefizium des Ettore Camelli" von Isabelle Huser, auf dieses Buch freue ich mich auch schon sehr.


Die Frankfurter Verlagsanstalt

In der Frankfurter Verlagsanstalt ist mein abolutes Herzensbuch erschienen. Das Buch, das mein Leben in ein Vorher und ein Nachher geteilt hat und das Buch, das ich bisher wohl am meisten empfohlen habe. Wer "Das achte Leben (für Brilka)" von Nino Haratischwili noch nicht gelesen hat, sollte das unbedingt sehr, sehr, sehr bald tun.
 
Das achte Leben (für Brilka) - Nino Haratischwili

Beschreibung des Verlages:
Georgien, 1900: Mit der Geburt Stasias, Tochter eines angesehenen Schokoladenfabrikanten, beginnt dieses berauschende Opus über sechs Generationen. Stasia wächst in der wohlhabenden Oberschicht auf und heiratet jung den Weißgardisten Simon Jaschi, der am Vorabend der Oktoberrevolution nach Petrograd versetzt wird, weit weg von seiner Frau. Als Stalin an die Macht kommt, sucht Stasia mit ihren beiden Kindern Kitty und Kostja in Tbilissi Schutz bei ihrer Schwester Christine, die bekannt ist für ihre atemberaubende Schönheit. Doch als der Geheimdienstler Lawrenti Beria auf sie aufmerksam wird, hat das fatale Folgen.
Deutschland, 2006: Nach dem Fall der Mauer und der Auflösung der UdSSR herrscht in Georgien Bürgerkrieg. Niza, Stasias hochintelligente Urenkelin, hat mit ihrer Familie gebrochen und ist nach Berlin ausgewandert. Als ihre zwölfjährige Nichte Brilka nach einer Reise in den Westen nicht mehr nach Tbilissi zurückkehren möchte, spürt Niza sie auf. Ihr wird sie die ganze Geschichte erzählen: von Stasia, die still den Zeiten trotzt, von Christine, die für ihre Schönheit einen hohen Preis zahlt, von Kitty, der alles genommen wird und die doch in London eine Stimme findet, von Kostja, der den Verlockungen der Macht verfällt und die Geschicke seiner Familie lenkt, von Kostjas rebellischer Tochter Elene und deren Töchtern Daria und Niza und von der Heißen Schokolade nach der Geheimrezeptur des Schokoladenfabrikanten, die für sechs Generationen Rettung und Unglück zugleich bereithält.

Zu meiner Rezension findet ihr HIER

 
Dunkelgrün fast schwarz - Mareike Fallwickl

Beschreibung des Verlages:
Raffael, der Selbstbewusste mit dem entwaffnenden Lächeln, und Moritz, der Bumerang in Raffaels Hand: Seit ihrer ersten Begegnung als Kinder sind sie unzertrennlich, Raffael geht voran, Moritz folgt. Moritz und seine Mutter Marie sind Zugezogene in dem einsamen Bergdorf, über die Freundschaft der beiden sollte Marie sich eigentlich freuen. Doch sie erkennt das Zerstörerische, das hinter Raffaels stahlblauen Augen lauert. Als Moritz eines Tages aufgeregt von der Neuen in der Schule berichtet, passiert es: Johanna weitet das Band zwischen Moritz und Raffael zu einem fatalen Dreieck, dessen scharfe Kanten keinen unverwundet lassen. Sechzehn Jahre später hat die Vergangenheit die drei plötzlich wieder im Griff, und alles, was so lange ungesagt war, bricht sich Bahn – mit unberechenbarer Wucht. Mareike Fallwickl erzählt von Schatten und Licht, Verzweiflung und Sehnsucht, Verrat und Vergebung. Ihr packendes Debüt bringt alle Facetten der Freundschaft zum Leuchten, die Leidenschaft, die Sanftheit – und die Liebe, in ihrer heilsamen, aber auch funkelnd grausamen Pracht.

Meine Rezension könnt ihr HIER lesen

"Das Licht ist hier viel heller", das zweite Buch von Mareike Fallwickl, habe ich ebenfalls gelesen, war aber leider nicht ganz so begeistert und kann es euch deshalb nicht ganz uneingeschränkt empfehlen. Lest euch MEINE REZENSION aber gerne trotzdem durch, damit ihr euch eine eigene Meinung bilden könnt.


Verbrecher Verlag

Aus dem Verbrecher Verlag lese ich - immer noch - "Legende" von Ronald M. Schernikau. Wenn ihr (hoffentlich bald) meine Rezension zum Buch lesen dürft, werdet ihr verstehen, weshalb ich so viel Zeit mit diesem Buch verbracht habe. Von Ronald M. Schernikau habe ich bereits "Königin im Dreck" gelesen und viele weitere Bücher aus dem Verlag befinden sich noch auf meiner Wunschliste.

Königin im Dreck - Ronald M. Schernikau

Dieses Buch versammelt erstmals Beiträge von Ronald M. Schernikau für Zeitungen, Journale und Anthologien. Zeittexte Reportagen, Gedichtinterpretationen, Berichte, Glossen, Interviews , die nach wie vor brennenden Fragen nachgehen: Wieso sind die Schlager der DDR so gut? Was macht ein revolutionärer Künstler ohne Revolution? Ficken mit AIDS? Das Besondre am Sonett? Wie wird ein Brötchen ein Brötchen im Sozialismus? Wofür verkaufe ich mich eigentlich, wie gehe ich mit Größe durch den Schund der Zeit? Die umfassende Auswahl belegt noch am kleinsten Text Schernikaus Zugriff: Leben ohne Haltung, Kunst ohne Politik wird nicht zu haben sein.

"über die lippen dieser leute wird
keine einzige klage kommen. ihre
psycho-geschichten intressieren
mich nicht. mich intressiert:
was macht eine königin im dreck?

rms

Meine Rezension findet ihr HIER

Verfasser unser - Giwi Magwelaschwili

Inhalt:
In diesem schmalen Bändchen versammeln sich Kurzgeschichten und Gedichte, die mit ihrer ganz eigenen Erzählsprache unterhalten und beim Lesen für anschauliche Bilder sorgen. Die Buchmenschen, die Giwi Margwelaschwili ganz besonders am Herzen liegen, werden immer wieder zum Zentrum der Geschichte gemacht und Wortpoesie, neue Wortschöpfungen, Systemkritik, feinsinniger Humor und vor allem eine Liebe zum Beschreiben und Erzählen, zu Gedankenspielen und ungewöhnlichen Auslegungen, versammeln sich hier auf engstem Raum.

HIER kommt ihr zu meiner Rezension

Fotzenfenderschweine - Almut Klotz

Beschreibung des Verlages:
Herausgegeben von Aaron Klotz und Reverend Christian Dabeler, mit einem Nachwort von Jörg Sundermeier.
Die Musikerin und Autorin Almut Klotz beschreibt in diesem Buch ihre Liebesgeschichte mit dem Musiker und Autor Rev. Christian Dabeler – den sie im Mai 2013 heiratete. Zugleich aber ist »Fotzenfenderschweine« eine Abrechnung mit der Indie-Pop-Szene und den alten und neuen Frauenrollen darin. Almut Klotz schreibt leidenschaftlich und mitreißend, offen und ohne Denkverbote.
Almut Klotz hat mit ihrem Text eine genaue Beschreibung eines Künstlerlebens gegeben und eine wunderschöne Liebesgeschichte mit allen Höhen und Tiefen erzählt.
Bis zu ihrem Tod hat sie an »Fotzenfenderschweine« gearbeitet, der Text erscheint nun erstmals und ungekürzt aus ihrem Nachlass.

Und HIER lest ihr meine Rezension


Kremayr & Scheriau

Aus dem Verlag Kremayr & Scheriau habe ich bisher erst ein Buch gelesen. Das hatte es aber in sich und ich denke, dass ich noch einige weitere Male zu einem Buch aus diesem spannenden Verlag greifen werde.
 
Lied über die geeignete Stelle für eine Notunterkunft - Simone Hirth

Inhalt:
Unsere Protagonistin lebt mit einem toten Maulwurf neben und in den Trümmern ihres Elternhauses und errichtet - Stein um Stein - eine Notunterkunft, in der sie bescheiden lebt. Alles, was sie braucht, schafft sie aus ihrem Elternhaus in ihre neue Bleibe oder sammelt und klaut es sich aus der Natur und den Geschäften der Umgebung zusammen. "Lied über die geeignete Stelle für eine Notunterkunft" ist ein Buch über einen alternativen Lebensentwurf, über die Jugend und das Notwendige, das Vergängliche, Verluste und Minimalismus.

Meine Rezension findet ihr HIER



Und nun seid ihr an der Reihe: welche Bücher aus euren Regalen stammen aus Indieverlägen? Und welche davon könnt ihr mir besonders ans Herz legen? Ich freue mich auf eure hoffentlich zahlreichen Empfehlungen.

Alles Liebe und wir lesen uns
Livia

Rezension: Sie hat Bock

Sie hat Bock - Katja Lewina

Beschreibung des Verlages:
Was ist sexistisch an unserem Sex?
Katja Lewina hat Bock, und sie schreibt darüber. Wäre sie ein Mann, wäre das kein Ding. So aber ist sie: »Schlampe«, »Nutte«, »Fotze«, »Hoe« …
Seit #metoo werden die Rufe nach der potenten Frau laut und lauter. Aber hat eine, die ihr sexuelles Potenzial jenseits von »stets glatt rasiert und gefügig« lebt, in unserer Gesellschaft tatsächlich einen Platz?
Lewina führt die Debatte über weibliches Begehren fort und erforscht entlang ihrer eigenen erotischen Biografie, wie viel Sexismus in unserem Sex steckt. Kindliche Masturbation, Gynäkolog*innenbesuche, Porno-Vorlieben oder Fake-Orgasmen: Kein Thema ist ihr zu intim. Und nichts davon so individuell, wie wir gern glauben. Aber die Krusten unserer Sozialisation lassen sich abkratzen! Und so ist Sie hat Bock mehr Empowerment als Anprangern, mehr Anleitung zur Potenz als Opferdenke. Denn nach der Wahrnehmung von Ungerechtigkeiten und Tabus ist es an der Zeit, den Weg zur Selbstermächtigung einzuschlagen.

Inhalt:
Katja Lewina schreibt in erster Linie über sich und ihre Erfahrungen und bettet immer wieder sehr informative Kapitel ein. So zum Beispiel zu gleichberechtigten Beziehungen, zur Menstruation, der richtigen Intimhygiene, der Pornoindustrie und dem Aufbau der Klitoris. Eine Triggewarnung vorweg (die fehlt nämlich im Buch): sexueller Missbrauch und die zum Glück kurz gefasste Schilderung einer Vergewaltigung sind ebenfalls Teil dieses Buches.

Meine Meinung:
Ich bin froh, bereits einige feministische Bücher gelesen zu haben und somit kann ich von mir behaupten, in diesem  Buch nicht wirklich etwas Neues gelernt, aber dennoch ein paar andere Meinungen zu gewissen Themen erfahren zu haben. Und genau da liegt der Hund auch schon begraben. Katja Lewina schreibt ausschliesslich aus ihrer persönlichen Erfahrung und obwohl sie wissenschaftliche Informationen einbaut, bleibt sie in der Art, wie sie über Menschen schreibt, sehr stereotyp und oberflächlich. Sie teilt aus. Gegen Männer vor allem und dies in der Regel sehr schubladisierend und teilweise abwertend. Aber auch gegen Frauen. Ja, dieses Buch ist kein feministisches Buch, sondern ein antifeministisches Buch. Es spielt unterschiedliche Lebensformen und Frauen gegeneinander aus. Beispiele gefällig?

1. Katja Lewina lebt mit ihrem Mann in einer offenen Beziehung (die auch nur entstanden ist, weil ihr Mann sie damals betrogen hatte und sie beide dann erfahren haben, dass sie doch gerne noch weitere Menschen in ihre Betten lassen wollen, der Schmerz und die Enttäuschung über den Betrug und die Hörigkeit gegenüber ihres Mannes sind aber immer noch sehr spürbar. Ehrlich und mutig, wie ich finde, aber auch nicht unbedingt selbstbestimmt). So weit aber eigentlich nichts Neues, alle, wie sie wollen. Dass Lewina es nötig hat, monogam lebende Menschen als langweilige, prüde Menschen, die ihr Potenzial nicht ausschöpfen und ihre wahre Natur nicht ausleben, darzustellen, finde ich ein wenig unpassend.

2. Als sehr freiheitsliebende und offene Person, akzeptiert die Autorin selbstverständlich alle Lebensformen (Achtung: Ironie), aber: es gibt doch noch Ausnahmen, wer andere Präferenzen hat - auch hier wieder - wird als "merkwürdig" bezeichnet (man beachte, geschrieben wird in dieser Szene über eine - hypothetische - Frau).
"Oder weil sie das "merkwürdige" Bedürfnis danach, gefesselt und geknebelt von drei Unbekannten gleichzeitig gevögelt zu werden (...).
(Seite 59/60)

3. Obwohl sie sonst sehr schnell mit Stereotypen bei der Hand ist, hat Katja Lewina Mühe, ihre eigene Sexualität in eine Schublade zu packen. Muss sie ja auch gar nicht. Pansexuelle aber als "selbstgerecht" zu betiteln, geht dennoch nicht.
"Darum werde ich mir zwar noch lange nicht in selbstgerechter Manier ein "pansexuell"-Krönchen aufsetzen."
(Seite 69)

4. Wunschkaiserschnitte übrigens, werden auf Seite 201 im Buch als "hirnverballert" bezeichnet. So weit also zur Selbstbestimmung von Gebärenden...

5. Nach Lewinas "erstem Mal", einer Vergewaltigung, hat sie sehr schnell ihre Freude an der Sexualität gefunden. Sie tut diese Gewalttat und den Übergang zum alltäglichen Vögeln salopp ab. Ich kann das verstehen, schliesslich möchte man ein Trauma nicht mehrmals durchleben oder detailliert schildern. In einem solchen Buch aber könnte man die Plattform nutzen und wenigstens zwei bis drei Sätze dazu verlieren, wie man mit seinem Trauma umgeht, wie man sich selber hilft und wie man rechtlich gegen einen Täter vorgeht. Schliesslich muss man davon ausgehen, dass betroffene Personen dieses Buch lesen und erstens durch die fehlende Triggerwarnung und zweitens durch den unsensiblen Umgang mit dem Thema getriggert werden können.

Ach, dieses Buch... Es hat es mir so schwer gemacht. Und es hat mich sehr stark mit meinem eigenen Feminismus konfrontiert, was super ist und wichtig. Denn eigentlich mag ich Frauen, die Dinge beim Namen nennen, die derb und offen sind, die Raum einnehmen und diesen selbstverständlich einfordern. Aber ich mag es nicht, wenn diese Frauen ihre durch diesen Raum entstehende Macht nutzen, um andere klein zu machen. Frauen oder Männer. Missstände aufzuzeigen muss sein, Dinge beim Namen nennen auch, abwerten und in Schubladen denken geht aber nicht. Kein einziges Wort dazu, dass Lewina als weisse cis Frau in Deutschland gegenüber Frauen in anderen Kulturen privilegiert ist. Keine Sensibilität für die Befindlichkeiten anderer Personen.... Feminismus geht anders.

Mein Fazit:
Feministische Bücher lesen: ja, sehr, sehr gerne. Aber wenn ihr nicht bloss oberflächliche und provokative Parolen, sondern ein richtig gutes, wissenschaftlich fundiertes, bewegendes und tiefgründiges feministisches Buch lesen wollt, dann greift doch zu "Untenrum frei" von Margarete Stokowski oder zu "Periode ist politisch" von Franka Frei.

Zusätzliche Infos:
Titel:
Sie hat Bock
Autorin: Katja Lewina wurde 1984 in Moskau geboren. Nach ihrem Studium der Slavistik, Literatur- und Religionswissenschaften arbeitete sie als freie Lektorin und im Künstlermanagement. Heute ist sie freie Autorin und schreibt für alles von Herren- bis Familienmagazin, u. a. Brigitte, Eltern Family, jetzt, Playboy und ZEIT Online. Mit Mann und drei Kindern lebt sie in der Nähe von Berlin.
Hardcover mit Lesebändchen und Schutzumschlag: 224 Seiten
Verlag: DuMont Buchverlag
Erscheinungstag: 18.02.2020
ISBN: 978-3-8321-8117-8

Rezension: Die Buchhandlung zum Glück

Dieses Buch habe ich via Bloggerportal von Harper Collins als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen. Vielen herzlichen Dank.

Die Buchhandlung zum Glück - Susan Wiggs

Beschreibung des Verlages:
Nach einem schweren Schicksalsschlag ändert sich für Natalie Harper alles. Um für ihren Großvater da zu sein, zieht sie in das kleine Apartment über der Buchhandlung in San Francisco. Am vernünftigsten wäre es, das Geschäft aufzugeben. Doch als Natalie sieht, wie viel die Buchhandlung ihrem Großvater und den Stammkunden bedeutet, übernimmt sie den Laden. Und zwischen den Wänden, an denen noch Schwarz-Weiß-Fotografien hängen, findet Natalie, was sie völlig verloren geglaubt hatte: echte Nähe, Hoffnung und einen ungeahnten Schatz, der Träume wahr machen kann.

Inhalt:
Natalie verliert den Boden unter den Füssen, als ihr Leben sich von einem Tag auf den anderen um hundertachtzig Grad dreht. Schweren Herzens entscheidet sie sich dazu, ihren lukrativen Job zu künden und zurück nach San Francisco zu ziehen. Dort übernimmt sie zumindest vorübergehend die in schwere finanzielle Nöte geratene Buchhandlung ihres dementen Grossvaters und bemerkt bald, dass nur noch ein Wunder das Geschäft und Zuhause ihres Grossvaters retten kann.

Meine Meinung:
Es ist kein Geheimnis, dass ich Bücher über Buchhandlungen sehr, sehr gerne mag. Oft wird mit wenigen Worten ein gemütliches Ambiente gezaubert und es fühlt sich beim Lesen fast so an, als würde man selber in einer Buchhandlung stehen. Genau so erging es mir auch mit "Die Buchhandlung zum Glück". Was mir aber leider gefehlt hat, waren ganz viele andere Emotionen. Obwohl ich Natalie als Protagonistin sehr gemocht habe, so nehme ich ihr zum Beispiel ihre Trauer und ihren Schmerz über einen plötzlichen und schweren Verlust nicht ab. Auch wirkte die Handlung zuweilen ein wenig stockend. Gerade, was die romantischen Verstrickungen anbelangt wird ein typisches Liebesdreieck (bei dem zwei Beteiligte auch nicht von den Gefühlen der jeweils anderen Person wissen) wie man es aus Teenagerromanen kennt, bemüht. Das war mir dann doch ein wenig zu konstruiert. Abgesehen davon habe ich die Geschichte sehr, sehr gerne gelesen und mich dabei vor allem in die rührenden Beschreibungen der Beziehung zwischen Natalie und ihrem "Grandy" verliebt.

Schreibstil:
Was Natalies Verlust anbelangt, ist es Susan Wiggs nicht gelungen, grosse Gefühle bei mir zu wecken. Die Stimmung in der Buchhandlung, die liebevolle Beziehung, die Natalie zu ihren Mitarbeitern und Stammkunden pflegt, sowie Natalies einfühlsame Art, waren hingegen wundervoll beschrieben. Obwohl ich das Gefühl hatte, dass die Handlung immer wieder ein wenig ins Stocken gerät und obwohl einzelne Fügungen ein wenig gar positiv waren (was man in Hinblick auf Natalies Verlust aber auch einfach als Karma verstehen kann), lässt sich dieses Buch ganz leicht lesen und dabei kann man sich problemlos in eine mit viel Liebe gepflegte Buchhandlung entführen lassen.

Meine Empfehlung:
Einigen kleinen Kritikpunkten zum Trotz empfehle ich euch diese leichte und unterhaltsame Lektüre sehr gerne für Zwischendurch. Wer aber sehr viel Tiefgang und eine einzigartige Story sucht, wird mit diesem Buch nicht fündig.

Zusätzliche Infos:
Titel:
Die Buchhandlung zum Glück
Originaltitel: The Lost And Found Bookshop
Autorin: Im Leben von Susan Wiggs dreht sich alles um Familie, Freunde und Fiktion. Sie wohnt auf einer Insel im Puget Sound direkt am Wasser, und bei gutem Wetter fährt sie mit einem kleinen Motorboot zu ihrer Schreibgruppe. Sie hat in den Botschaften von Buenos Aires und Montevideo Vorlesungen gehalten und ist sowohl national als auch international eine beliebte Rednerin.
Sprache: Deutsch
Aus dem Englischen von: Maike C Müller
Taschenbuch: 384 Seiten
Verlag: Harper Collins Germany
Erschienen am: 26.01.2021
ISBN: 9783749900114

Buchtipps zum internationalen feministischen Kampftag

Es ist wieder so weit und einzelne Firmen und Geschäfte locken mit Blumen, Rabatten, Schmuck und Unterwäsche für Frauen und schiessen damit so weit übers Ziel hinaus, dass man lachen könnte, wenn es nicht zum Weinen wäre. "Purplewashing" nennt sich diese Marketingstrategie, mit der vermeintlich feministische Ziele verfolgt werden, die aber eigentlich lediglich dazu dient, weiteren Schund an die Frau zu bringen.

Fakt ist: auch in den westlichen Ländern gibt es Bereiche, in denen Frauen weiterhin benachteiligt werden. Seien es durch den Gender Data Gap, Lohnungleichheiten, Ungleichheiten in der Aufteilung der Care-Arbeit, Nachteile durch Schwangerschaft, Geburt und Mutterschaftsurlaub/Karenz am Arbeitsplatz, sowie alltägliche Diskriminierungen und Sexismus bis hin zu Missbrauch und Bedrohung von Leib und Leben im beruflichen und privaten Bereich.

Es ist nicht nur nötig, Frauen eine Stimme zu geben, sondern vor allem, diese Stimme auch zu hören. Zu lernen, zu sehen und zu verstehen. Denn oft kommt Sexismus nicht alleine, sondern wird begleitet von Rassismus, Misogynie, Ableismus, und, und, und. Was also könnte aufschlussreicher und passender sein, als heute Buchtipps zu teilen?

Sehr gerne empfehle ich euch Bücher von grossartigen Frauen. Es sind Bücher, die mich in den letzten Jahren begleitet haben oder aktuell begleiten. Bücher, die mehr Aufmerksamkeit verdienen, mein Herz im Sturm erobert haben oder einen Mehrwert bieten, der sich sehen lassen kann.

Bereit? Los:

Aktuell lese ich das Tagebuch von Anne Frank, das ihr sicher alle kennt. Es ist ein Buch, das nicht nur den Alltag einer jungen jüdischen Frau thematisiert, sondern auch das Leben einer Schriftstellerin. Ich bin froh, mich endlich mit dieser schwierigen Lektüre zu befassen und mich auch in diesem Bereich zu bilden. Um weitere Völkermorde verhindern zu können, muss man verstehen, welche (rassistischen) Mechanismen dazu geführt haben und diese Mechanismen bereits im Kern ersticken und selber vehement antirassistisch sein.


Weiter befasse ich mich gerade mit "Singt, ihr Lebenden und ihr Toten, singt" von Jesmyn Ward, das mir - zusammen mit "Die Frauen von Salaga" von  Ayesha Harruna Attah und "Vor Rehen wird gewarnt" von Vicki Baum - von Jamie vom Blog librovore geschenkt worden ist. In "Sing, ihr Lebenden und ihr Toten, singt" wird der Alltag einer schwarzen Familie thematisiert, die an der Golfküste von Mississippi in einer von Rassismus geprägten Gesellschaft lebt und dabei täglich um das eigene Überleben kämpfen muss.


Periode ist politisch- Franka Frei
In kurzen und flüssig zu lesenden Kapiteln werden nicht nur diverse Periodenprodukte und deren Einsatz, sowie zahlreiche informative Fakten, sondern vor allem auch menstruierende Personen aus verschiedenen Teilen der Welt und ihre Lebensumstände vorgestellt. Die Autorin hat auf ihren Reisen Gespräche mit sehr vielen Menschen geführt und dabei herausfinden und nachvollziehbar aufbereiten können, inwiefern Menstruierenden oft der Zugang zu Bildung, Integration in die Gesellschaft und Selbstbestimmung erschwert oder gar verweigert wird und welche Probleme daraus für ganze Familien, Wirtschaftszweige und Länder entstehen können.

Die Brüder Löwenherz - Astrid Lindgren
Wer kennt sie nicht, die Kinderbuchautorin, welche wohl die Kindheit von uns allen begleitet hat. Mein absolutes Lieblingsbuch von ihr, das mich stets von der ersten Seite an fesselt und konsequent zu Tränen rührt und berührt ist die Geschichte um die mutigen Brüder Krümel und Jonathan Löwe, welche mit ihrer Freundschaft und Liebe dem Tod den Schrecken nehmen.

Dunkelgrün fast schwarz - Mareike Fallwickl
Dieses Buch war definitiv mein absolutes Highlight aus dem Jahr 2018. Mareike Fallwickl ist ein Debütroman gelungen, der aufhorchen lässt. Sie schreibt über toxische Beziehungen und Freundschaften mit einer starken, manchmal derben, manchmal poetischen Sprache und hat mich nicht mehr losgelassen.


Das achte Leben (für Brilka) - Nino Haratischwili
Dieses Buch war (gemeinsam mit "Herkunft" von Saša Stanišić) mein absolutes Lesehighlight aus dem Jahr 2019 und ich bin enorm dankbar, dass ich dieses Buch - das mein Leben definitiv in ein "vor Brilka" und "nach Brilka" geteilt hat-  durch Maria Christina Piwowarski entdecken durfte. Wer ihr bei Instagram noch nicht folgt, sollte dies definitiv bald nachholen. Und wer "Das achte Leben (für Brilka)" noch nicht gelesen hat, sollte dies ebenfalls schnellstmöglich tun.


Untenrum frei - Margarete Stokowski
"Untenrum frei" ist eine Art feministisches Manifast. Es ist provokativ und kritisch, aber vor allem auch sehr informativ und fundiert und ein Buch, das wirklich alle - unabhängig von Alter und Geschlecht - gelesen haben sollten. Es räumt mit Vorurteilen auf, liefert Erklärungen, Belege und Diskussionsgrundlagen und ist doch nie belehrend oder gar schwer verständlich, sondern aufgrund der vielen Beispiele (leider) komplett aus dem Leben gegriffen.


Fotzenfenderschweine - Almut Klotz
Die Musikerin und Autorin Almut Klotz beschreibt in diesem Buch ihre Liebesgeschichte mit dem Musiker und Autor Rev. Christian Dabeler und lässt tief in die deutsche Indie-Pop-Szene und die darin konservierten und veralteten Frauenrollen blicken. Ihr Buch "Fotzenfenderschweine" (jep, der Titel erklärt sich beim Lesen) ist eine Autobiografie, an der sie bis zu ihrem Tod gearbeitet hat und in der sie kritisch, liebevoll und leidenschaftlich aus ihrem Leben, ihren Beziehungen und ihrer Arbeitswelt erzählt.


Schreibtisch mit Aussicht - Herausgegeben und mit einem Vorwort versehen von Ilka Piepgras
"Schreibtisch mit Aussicht", das sind ein Vorwort und 23 Berichte von Autorinnen, insgesamt also 24 Texte, die sich perfekt als Adventskalender lesen lassen ;-) Texte von 24 Schriftstellerinnen, die alle ihren einzigartigen Werdegang haben und die sich schreibend eine eigene Welt erschaffen, von ihrem Alltag und ihren Gewohnheiten, ihrer Inspiration und ihren Sorgen erzählen und sich mit Sexismus im Literaturzirkus oder der Vereinbarkeit von Familie und Beruf auseinandersetzen. Und somit ist "Schreibtisch mit Aussicht" ein feministisches Buch, ein kritisches und poetisches Buch, eine Liebeserklärung an das Schreiben (auch wenn es sich dabei manchmal um eine Hass-Liebe handelt) und das geschriebene Wort.


Die Frauen von Salaga - Ayesha Harruna Attah
Im heutigen Ghana treffen zwei Welten aufeinander: die Welt von Wurche, der Königstochter, die aus politischen Gründen verheiratet wird und die Welt von Aminah, einer pflichtbewussten jungen Frau, die beim Überfall auf ihr Dorf versklavt wird. Mitten in einer Zeit des Umbruchs, in der weisse Männer immer mehr Einfluss in zahlreichen Regionen Afrikas gewinnen und sich als Erlöser und Erretter aufspielen, dabei aber ganze Dörfer gegeneinander aufhetzen und damit für noch mehr Leid und Ungleichheit sorgen, kämpfen die beiden Frauen um ihr nacktes Überleben und nähern sich beim Versuch, ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen, einander an.


Und nun seid ihr an der Reihe. Erzählt doch gerne einmal, welche Bücher von (und über) Frauen eure Leben verändert und bereichert haben und welche meiner Lektüren ihr bereits kennt.

Macht euch einen schönen Welttag der Frau, lasst euch nicht unterkriegen und wir lesen uns
Livia

Lese-Statistik Februar 2021

Hey ihr Lieben

Könnt ihr glauben, dass schon März ist? Vor zwei Wochen hatten wir hier Schnee und Minustemperaturen und nun ist das allerschönste Frühlingswetter. Leider ist es zwar immer noch nicht hell, wenn ich abends nach Hause komme, aber bis in zwei Monaten wird auch das der Fall sein. Auf jeden Fall merke ich schon jetzt, wie gut die Sonne mir tut, obwohl ich ein totales Herbst- und Winterkind bin und obwohl ich weiss, dass es eigentlich nicht sein dürfte, dass wir bereits T-Shirt-Wetter haben. Aber diese Zeit ist immer noch so fordernd, dass ich die Energie, die mir die Sonne schenkt, gerne entgegennehme.

Der Lesemonat Februar:
Der Februar war ein guter Lesemonat, auch wenn ich meine freie Zeit nicht so gut genutzt habe. Ich lese nach wie vor "Legende" von Ronald M. Schernikau parallel zu meinen anderen Lesevorhaben (und möchte das Buch unbedingt bald beenden) und werde von dieser Lektüre sehr gefordert. Auch war ich zwar sehr viel im Zug unterwegs, habe aber unterwegs auch ganz viele Mails, Bewerbungen, Konzepte, Sponsoringdossiers und Probenpläne erstellt und deshalb nicht so viel Lesezeit gehabt.
Ausserdem muss ich gut aufpassen, mich nicht zu sehr von meinem Handy ablenken zu lassen, da möchte ich im März definitiv ein Auge darauf haben.

Gelesen im Februar:
Ein wichtiges Buch über die Geschichte von Ghana (Salaga), das mich überzeugen konnte


Ein unterhaltsames Frühlingsbuch, das mich mit seiner positiven Geschichte begeistert hat

Ein Leserundenbuch der Lesejury, das mit packendem Schreibstil, aber überladener Handlung daherkommt

Grandiose Reihenfortsetzung mit einigen Längen, aber um so mehr Spannung in den anderen Teilen

Alle Rezensionen auf einen Blick:
Die Frauen von Salaga - Ayesha Harruna Attah   (320 Seiten)
Der Blumenladen der guten Wünsche - Lena Hofmeister   (320 Seiten)
Die vier Gezeiten - Anne Prettin   (480 Seiten)
Glas - Stephen King   (992 Seiten)

Neuzugänge:
"Der Blumenladen der guten Wünsche" von Lena Hofmeister und "Die Buchhandlung zum Glück" habe ich als Rezensionsexemplare aus dem Verlag Harper Collins bekommen und ich freue mich schon darauf, "Die Buchhandlung zum Glück" bald zu beenden.
"Die Frauen von Salaga" von Aexesha Harruna Attah, "Singt, ihr Lebenden und ihr Toten, singt" von Yasmyn Ward und "Vor Rehen wird gewarnt" von Vicki Baum habe ich von Jamie vom Blog Librovore geschenkt bekommen. Mehr dazu könnt ihr HIER lesen.

Welche Bücher haben euch im Februar begleitet? Und welche meiner Lektüren habt ihr bereits gelesen oder auf den Wunschzettel gepackt?

Alle Zahlen:
Gelesene Bücher: 4
Abgebrochene Bücher: -
Somit in die Leseeule: 4 Franken
Gelesene Seiten: 2'112 Seiten
Durchschnittliche Seitenzahl pro Tag: 75.43 Seiten
Geschenkt bekommene Bücher: 3
Buchgewinn: -
Buchprämien: -
Rezensionsexemplare: 2
Gekaufte Bücher: -
Eingesammelte Bücher: -
Gesamte Neuzugänge: 5
SuB am Monatsbeginn: 112
Aktueller SuB: 113
Differenz: +1