Rezension: Gott, hilf dem Kind

Gott, hilf dem Kind - Toni Morrison

Beschreibung des Verlages:
Die Nobelpreisträgerin schreibt über zwei starke Frauen in einem gespaltenen Amerika. Ein Roman, der zur Weltliteratur gehört.
Lula Ann ist ein so tiefschwarzes Baby, dass ihre Mutter Sweetness bei der Geburt fast zu Tode erschrickt und der Vater die Familie verlässt, weil er dieses Kind nicht als seines ansieht. Die Mutter erzieht Lula Ann zu Gehorsam und Unterwürfigkeit, aus Angst vor rassistischen Angriffen.
Doch die heranwachsende Tochter sträubt sich gegen die verordnete Angepasstheit. Sie ändert ihren Namen in Bride, kleidet sich provokant in strahlendes Weiß, macht Karriere bei einer Kosmetikfirma, verliebt sich in einen eigenwilligen Mann und befreit sich auf ihre Weise von der Vergangenheit.

Inhalt:
Als ihre Tochter Lula Ann als tiefschwarzes Baby zur Welt kommt, bröckelt die ganze Existenz von Sweetness dahin. Während Lula Anns Vater aus ihrem Leben verschwindet, lehnt Sweetness ihre Tochter zuerst ab und bringt ihr danach bei, sich unterwürfig und unauffällig zu verhalten, um sich und die ganze Familie vor rassistischen Übergriffen zu schützen.
Lula Ann legt dieses Verhalten aber ab, als sie älter wird. Sie steht für sich ein, ändert ihren Namen, macht Karriere und versucht auf diese Weise, sich von Vorurteilen, alten Verletzungen und ihrer Familie zu lösen.

Meine Meinung:
Schon seit sehr langer Zeit wollte ich endlich, endlich einmal ein Buch von Toni Morrison lesen und habe mir im Mai endlich dieses Buch gekauft und innerhalb von wenigen Stunden verschlungen. Brides Geschichte (so nennt sich Lula Ann selber), hat mich erschüttert und bewegt. Bride ist in einem Umfeld von sexueller, körperlicher und psychischer Gewalt aufgewachsen und hat es all diesen Umständen zum Trotz geschafft, sich ein eigenes, unabhängiges Leben aufzubauen. Dies hat mich fasziniert und zugleich war ich tief berührt von der Kehrseite dieser Erfolgsgeschichte: Bride hat kaum mehr Kontakt zu ihrer Familie, kämpft immer noch gegen Vorurteile an und ist nach wie vor nicht sicher vor Angriffen. Auch hat mich die in die Geschichte integrierte Liebesgeschichte, die so roh und echt ist, wirklich überzeugt. Wer grosse romantische Gesten oder gar Kitsch sucht, ist mit diesem Buch definitiv falsch beraten und genau deshalb wirkt es so besonders realistisch.

Sprache:
Mit einer packenden Sprache, die manchmal nüchtern von Gewalt und Missbrauch erzählt und dann wieder die schönsten sprachlichen Bilder malt, schildert Toni Morrison die Stärke und Verletzlichkeit ihrer Figuren. Sie schreibt von Liebe und Schmerz, Verletzungen, Enttäuschungen, Schuld und Vergebung und davon, was es heisst, geliebte Menschen zu verlieren. Diese Schilderungen haben mich berührt und erschüttert und trotzdem atemlos eine Seite nach der anderen umblättern lassen.

Meine Empfehlung:
"Gott, hilf dem Kind" macht auf Missstände aufmerksam und obwohl sich die Zeiten zum Glück mittlerweile wenigstens teilweise geändert haben, so sind immer noch viel zu viele (schwarze) Menschen von Rassismus betroffen und strukturell benachteiligt. Nur, wenn wir uns konsequent antirassistisch positionieren und verhalten, können wir selber etwas beitragen und die Welt ein kleines Stück besser machen. Lest deshalb dieses Buch. Und auch, weil es einfach grandios geschrieben ist.

Zusätzliche Infos:
Titel:
Gott, hilf dem Kind
Originaltitel: God Help the Child
Autorin: Toni Morrison wurde 1931 in Lorain, Ohio, geboren. Sie studierte an der renommierten Cornell University Anglistik und hatte an der Princeton University eine Professur für afroamerikanische Literatur inne. Zu ihren bedeutendsten Werken zählen «Sehr blaue Augen», «Solomons Lied» «Menschenkind», «Jazz», «Paradies» und diverse Essaysammlungen. Sie war Mitglied des National Council on the Arts und der American Academy of Arts and Letters. Ausgezeichnet mit zahlreichen Preisen, u. a. mit dem National Book Critics' Circle Award und dem American-Academy-and-Institute-of-Arts-and-Letters Award für Erzählliteratur. 1993 erhielt sie den Nobelpreis für Literatur, und 2012 zeichnete Barack Obama sie mit der Presidential Medal of Freedom aus. Toni Morrison starb am 5. August 2019.
Sprache: Deutsch
Aus dem Amerikanischen von: Thomas Piltz
Taschenbuch: 208 Seiten
Verlag: Rowohlt Taschenbuch
Erscheinungstermin: 23.10.2018
ISBN: 978-3-499-27172-4

Rezension: Superhero

Superhero - Anthony McCarten

Beschreibung des Verlages:

Donald Delpe ist 14, voller unerfüllter Sehnsucht, Comiczeichner. Er möchte nur eines wissen: Wie geht Liebe? Doch er hat wenig Zeit – er ist schwerkrank. Was ihm bleibt, ist ein Leben im schnellen Vorlauf. Das schafft aber nur ein Superheld. Donald hat sogar einen erfunden – MiracleMan. Aber kann MiracleMan ihm helfen, oder braucht Donald ganz andere Helden?

Inhalt:
Wie ist es, ein Teenager zu sein und eigentlich nur Sex und die Liebe zu einem ganz bestimmten Mädchen im Kopf zu haben und dabei langsam vor sich hin zu sterben? Wie ist es, wenn man seine Gefühle einfach nicht in Worte fassen kann und trotzdem zu unzähligen Sitzungen mit einem Psychologen geschleppt wird? Donald Delpe kennt diese Situationen und begegnet seiner Wortlosigkeit, indem er Comics zeichnet. Comics, die seine Eltern in Alarmbereitschaft versetzen und seinen Psychologen auf ganz unkonventionelle Ideen bringen.

Meine Meinung:
Ich habe mich gerade gefragt, wie lange dieses Buch schon auf meinem SuB liegt... Es sind fast neun Jahre... Im September 2012 hat es als Mängelexemplar zu mir gefunden und ich kann gar nicht sagen, weshalb das so lange gedauert hat (und glaubt mir, es ist nicht das einzige Buch, das schon so lange hier liegt, obwohl ich mich wirklich immer wieder meinen SuB-Leichen widme).
Nun wollte ich endlich erfahren, welche Geschichte sich darin verbirgt und wurde nicht enttäuscht. Anthony McCarten ist eine ganz besondere Leistung gelungen und er hat es geschafft, dieses Buch wie einen Film wirken zu lassen, wie einen atemlos erzählten Comic, der die tragische Handlung mit all ihren Facetten an uns Leser*innen bringt und dabei bewegend und zugleich äusserst unterhaltsam ist. Wie fühlt es sich an, wenn das eigene Kind unheilbar an Krebs erkrankt? Wenn der Bruder von einer Chemotherapie zur nächsten geschleppt wird? McCarten lässt auch Dons Umfeld zu Wort kommen, zeigt ihre Zweifel und Ängste, ihre Strategien, den Alltag mit einem schwerstkranken Sohn, Bruder, besten Freund zu überleben und hat in mir einige unschöne Erinnerungen an die Krebserkrankung eines Freundes geweckt und mich dabei ein paar Tränen verdrücken lassen. Trotzdem hat mich Don immer wieder zum Lachen und Nachdenken gebracht und ich habe ihn sehr gerne auf die rasante letzte Achterbahnfahrt seines Lebens begleitet, den verletzlichen Teenager hinter den plumpen Sprüchen gesehen und die Weisheit und Gelassenheit im Angesicht des Unausweislichen bewundert und geschätzt, obwohl es anfangs ein paar Seiten gedauert hat, bis ich wirklich in der Geschichte angekommen war. Es hat sich nämlich mit jeder Seite mehr gezeigt, was sich hinter der anfänglich plakativen und aufgesetzten Sprache verbirgt.

Schreibstil:
"Superhero" ist aufgebaut wie ein Film. Immer wieder tauchen wir in Donalds Fantasie ab und erfahren dabei, wie er an seinem Comic tüftelt und dabei die Geschichte MiracleMan mit konzentrierten und entschiedenen Strichen zu Papier bringt. Auch MiracleMan (Donalds Alter Ego) kämpft einen entscheidenden Kampf und sucht verzweifelt nach Liebe und dem Gefühl, angekommen zu sein. Durch diese zweite Erzählebene erfahren wir, was in der Geschichte sonst nicht erzählt wird und dabei mischen sich Elemente aus Literatur und Film. Das Buch ist beispielsweise in drei Akte aufgeteilt und am Schluss finden sich noch "Outtakes und gestrichene Szenen". Auch werden Geräusche imitiert und schnelle Schnitte eingefügt, wobei Donald abwechslungsweise als Regisseur, Protagonist und Kameramann fungiert.

Meine Empfehlung:
"Superhero" zu lesen war eine ganz neue, unterhaltsame, bewegende und fesselnde Erfahrung, auf die ich viel zu lange gewartet habe. Das Buch verdient definitiv mehr Aufmerksamkeit und ich empfehle es euch sehr gerne weiter.

Zusätzliche Infos:
Titel:
Superhero
Originaltitel: Death of a Superhero
Autor: Anthony McCarten, geboren 1961 in New Plymouth/Neuseeland, schrieb als 25-Jähriger mit Stephen Sinclair den Theaterhit ›Ladies Night‹. Es folgten Romane und Drehbücher (u.a. zu den von ihm auch mitproduzierten internationalen Filmen ›The Theory of Everything‹ und ›Darkest Hour‹ mit Gary Oldman). Er lebt in London.
Sprache: Deutsch
Aus dem Englischen von: Manfred Allié und Gabriele Kempf-Allié
Taschenbuch: 304 Seiten
Verlag: Diogenes
Erschienen am: 01. Mai 2008
ISBN: 978-3-257-23733-7

Rezension: Die Frauen von der Purpurküste - Isabelles Geheimnis

Die Frauen von der Purpurküste: Isabelles Geheimnis - Silke Ziegler

Reiheninfo:
1. Isabelles Geheimnis
2. Julies Entscheidung
3. Claires Schicksal

Beschreibung des Verlages:
Eine kleine Baguetterie, ein altes Familiengeheimnis und große Gefühle vor der traumhaften Kulisse Südfrankreichs
Nach einem schweren Schicksalschlag reist Amélie nach Collioure in die Heimat ihrer Großmutter, um Abstand zu gewinnen und in der südfranzösischen Provinz wieder zu sich zu finden. Als sie in das alte Haus ihrer Oma kommt, muss sie jedoch feststellen, dass die obere Etage an einen Journalisten vermietet ist. Wenig erfreut über ihren Mitbewohner Benjamin beschließt Amélie, ihre Zeit in der alten Baguetterie im Erdgeschoss zu verbringen und hier wieder zu backen, so wie in glücklichen Kindertagen.
Als sie ihre Großmutter Isabelle im Seniorenheim besucht, überreicht diese ihr ein altes Tagebuch, in dem sie ihre eigene tragische Geschichte über die Beziehung zu einem deutschen Wehrmachtsoldaten festgehalten hat. Amélie versucht, gemeinsam mit Benjamin das Geheimnis aus Isabelles Vergangenheit zu lüften und genießt dabei seine Nähe mehr, als sie sich zunächst eingestehen will … Wird sie sich trauen, wieder nach den Sternen zu greifen?

Inhalt:
Amélie hat alles verloren, was ihr lieb und teuer war und beschliesst, sich eine Auszeit von ihrem tristen Leben zu nehmen. Dazu reist sie an die Südküste Frankreichs um sich im Haus ihrer Oma einzuquartieren. Dort angekommen bemerkt sie allerdings, dass ihre Tante das Haus einem Journalisten vermietet hat, der sich bereitwillig dazu erklärt, Amélie bei sich wohnen zu lassen, was ihr so gar nicht in den Kram passt. Aber sie hat keine andere Wahl und kommt somit immerhin auf andere Gedanken. Ihr Leben verändert sich noch einmal wegweisend, als sie bei einem Besuch bei ihrer Oma Isabelle im Pflegeheim ein Tagebuch überreicht bekommt, das ihr einige turbulente Lesestunden beschert.

Meine Meinung:
"Isabelles Geheimnis" habe ich durch Martina vom Blog Martinas Buchwelten entdeckt, sie hat den Abschlussband der Trilogie gelesen und sehr überzeugend empfohlen REZENSION. "Isabelles Geheimnis" habe ich im Rahmen meines GLM vom 21.5.21 begonnen. Die Protagonistin hat mich anfangs nicht ganz für sich eingenommen, weshalb ich das Buch ein wenig weggelegt habe, um "Mr. Parnassus' Heim für magisch Begabte" zu beenden. Gestern habe ich dann endlich die letzten Seiten von "Isabelles Geheimnis" gelesen und wurde vom Ende komplett überzeugt. Was ich nämlich ehrlich sagen muss: am Anfang war ich mir nicht sicher, ob ich mit dem Buch überhaupt noch warm werden würde. Amélie hat mir nämlich mit ihrem sehr überzogenen Selbstmitleid und vor allem ihrer arroganten Art zuerst gar nicht gefallen. Das Durchhalten hat sich aber gelohnt und ich bin mit einer grandios recherchierten Geschichte, mehr und mehr Protagonisten, die immer vielschichtiger werden und ganz viel Romantik - inklusive Tränendrüsenende und haltlosem Schluchzen im Bus - belohnt worden.

Sprache und Handlung:
Die Geschichte wird auf zwei Zeitebenen erzählt, was mir immer sehr gut gefällt. Der eine Erzählstrang spielt in der Gegenwart bei Amélie in Südfrankreich, der andere Erzählstrang befasst sich mit der schwierigen Zeit der Besatzung Frankreichs durch die Deutsche Armee im Zweiten Weltkrieg. Isabelle, Amélies Oma, und deren aussergewöhnliche und gefährliche Liebesgeschichte werden hier ins Zentrum gerückt. Nach und nach kommen wir dieser Geschichte und Isabelles Geheimnis durch die Tagebuchaufzeichnungen, die Amélie zu lesen bekommt, näher. Gestört hat mich, dass es ziemlich lange ging, bis ein wenig Fahrt aufkam und bis Amélie sich endlich mit dem Tagebuch ihrer Oma befasst hat.
Nach etwa der Hälfte des Buches kamen immer mehr Emotionen auf, immer mehr Geheimnisse wurden gelüftet und die Figuren haben sich mehr und mehr entwickelt. Dabei wird klar, welches Potenzial Silke Ziegler zu bieten hat und gerade, weil sie sich einem so anspruchsvollen historischen Hintergrund gewidmet und diesen feinfühlig und grandios recherchiert in das Buch integriert hat, bin ich sehr neugierig auf die nächsten Bände, die ich mir auf jeden Fall bald gönnen werde.

Meine Empfehlung:
Obwohl dieses Buch mich nicht von Anfang an begeistern konnte, haben mich vor allem die historischen Hintergründe, welche die Zeit der Besatzung Frankreichs durch die Deutsche Armee zur Zeit des zweiten Weltkriegs thematisieren sowie die immer sympathischer werdenden Figuren überzeugt und neugierig auf die weiteren Bände gemacht.

Zusätzliche Infos:
Titel: Die Frauen von der Purpurküste: Isabelles Geheimnis
Autorin: Silke Ziegler lebt mit ihrer Familie in Weinheim an der Bergstraße. Zum Schreiben kam sie 2013 durch Zufall, als sie während eines Familienurlaubs im Süden Frankreichs auf ihre erste Romanidee stieß. Wenn sie nicht gerade in ihre französische Herzensheimat reist, liest und schreibt sie sich die traumhafte Kulisse einfach herbei. WEBSITE
Sprache: Deutsch
Taschenbuch: 400 Seiten
Verlag: Ullstein
Erschienen: 29.06.2020
ISBN: 9783548062150

Rezension: Mr. Parnassus' Heim für magisch Begabte

Mr. Parnassus' Heim für magisch Begabte - TJ Klune

Beschreibung des Verlages:

Linus Baker ist ein vorbildlicher Beamter. Seit Jahrzehnten arbeitet er in der Sonderabteilung des Jugendamtes, die für das Wohlergehen magisch begabter Kinder und Jugendlicher zuständig ist. Nie war er auch nur einen Tag krank, und das Regelwerk der Behörde ist seine Gute-Nacht-Lektüre. Linus' eintöniges Dasein ändert sich schlagartig, als er auf eine geheime Mission geschickt wird. Er soll das Waisenhaus eines gewissen Mr. Parnassus', das sich auf einer abgelegenen Insel befindet, genauer unter die Lupe nehmen. Kaum dort angekommen, stellt Linus fest, dass Mr. Parnassus' Schützlinge eher etwas speziell sind – einer von ihnen ist möglicherweise sogar der Sohn des Teufels! In diesem Heim kommt Linus mit seinem Regelwerk und seiner Vorliebe für Vorschriften nicht weit, das merkt er schnell. Eher widerwillig lässt er sich auf dieses magische Abenteuer ein, das ihn auf der Insel erwartet, und erfährt dabei die größte Überraschung seines Lebens ...

Inhalt:
Linus Baker lebt seit zahlreichen Jahren ein geordnetes und einsames Beamtenleben als Jugendsozialarbeiter der BBMM, der Behörde für die Betreuung magischer Minderjähriger. Durch seinen eintönigen Alltag begleitet ihn lediglich seine Katze Calliope. Ein streng geheimer Auftrag stellt sein Leben auf den Kopf. Er soll ein ganz spezielles Waisenhaus mit besonders aufseheneregenden magischen Jugendlichen und dessen Aufseher Mr. Parnassus genauestens überprüfen. Dort erwarten ihn aber nicht die schrecklichen Zustände und Wesen, auf die sein Dossier hindeuten, sondern Wärme, Freundschaft und ein riesiger Garten. Linus Baker beginnt nach und nach, die Welt mit anderen, offeneren Augen zu sehen.

Meine Meinung:
Gemeinsam mit der lieben Jamie vom Blog Librovore habe ich mich mit diesem Buch befasst und unser Austausch war sehr emotional und rege. Empfohlen hat mir diese Geschichte Aleshanee mit dieser begeisterten REZENSION.
Was soll ich sagen... Von der ersten Seite an hat mich "Mr. Parnassus' Heim für magisch Begabte" für sich eingenommen. Weil es so liebevoll und zärtlich erzählt ist, weil es mit Humor und vielen kleinen und grossen Weisheiten gespickt ist und weil es - neben der beeindruckend fantasievollen Handlung - inklusiv ist, antidiskriminierend wirkt und eine queere Liebesgeschichte ohne Label erzählt.

"Zuhause ist der Ort, wo man ganz man selbst ist."
(S.127)


Linus Baker:
Linus Baker verkörpert wohl alles, was man einem Beamten gemeinhin unterstellt. Er kennt seine Vorgaben in und auswendig, arbeitet pedantisch und hat kein Privatleben. Ausserdem ist er durch seine Körpergrösse und sein Übergewicht zusätzlich ein wenig gehemmt. Er ist dafür zuständig, magische Waisenhäuser zu überprüfen und dabei zu kontrollieren, ob die dort untergebrachten magisch begabten Kinder und Jugendlichen mit der nötigen Fürsorge behandelt und den Vorgaben entsprechend unterrichtet werden. Dabei hat er zwar stets die Kinder und ihr Wohlbefinden im Blick, arbeitet aber immer mit den von der BBMM (die nur aus Nichtmagischen besteht) erstellten Vorgaben und sieht selber aus seiner nichtmagischen Perspektive auf die Welt. In dieser Welt müssen magische Wesen registriert und werden und erleben zahlreiche stark einschränkende Diskriminierungen durch die nichtmagische Bevölkerung, welche nach dem Grundsatz "sehen-merken-melden", der sich auf zahlreichen Plakaten und Werbeflächen finden lässt, gegen die magische Bevölkerung vorgeht. Parallelen zur Apartheid (getrennte Bereiche/Schulen/Behörden) und dem Nationalsozialismus (Passagierscheine/Pässe, damit man sich frei bewegen kann) sind augenscheinlich und verursachten mir beim Lesen immer wieder Bauchkrämpfe.
Aber Linus hat - was von Anfang an ersichtlich ist - ein riesiges Herz und dieses wird auf der kleinen Insel, auf der sich das Waisenhaus von Mr. Parnassus befindet, noch grösser. Dort nämlich bemerkt Linus, dass die Vorgaben, an die er sich seit Jahrzehnten akribisch hält, beschränkt sind und sich nicht nach Schema F auf alle Kinder und Jugendlichen anwenden lassen. Er erkennt, wie die Angst und der Hass der Bevölkerung aus Unwissenheit und von der Behörde geschürten Vorurteilen entstehen und beginnt, sich selber und seine Arbeit so zu hinterfragen, dass plötzlich zahlreiche Dinge ins Rollen geraten.

"Hass ist immer laut, aber bestimmt wirst du irgendwann erkennen, dass dem nur so ist, weil da wenige Menschen brüllen, die verzweifelt nach Aufmerksamkeit suchen. Du kannst ihre Ansichten vielleicht nicht ändern, aber solange dir bewusst ist, dass du nicht allein bist, wirst du es überstehen."
(S. 328)


Schreibstil:
Unendlich liebevoll erzählt TJ Klune diese Geschichte, die von Angst und Vorurteilen, von Hass und Diskriminierung, aber auch von Freundschaft, Zusammenhalt und Liebe erzählt. Eine Geschichte, die von Seite zu Seite bunter und diverser wird und somit perfekt zum farbenfrohen Cover passt. Sehr einfühlsam und differenziert werden die Schicksale der misshandelten und diskriminierten Jugendlichen erzählt. Die herzensguten magischen Geschöpfe, die nicht nur äusserst fantasievoll beschrieben sind, sondern auch spannende Stammbäume und Persönlichkeiten haben, eroberten mich im Sturm und ich hätte am liebsten noch viele weitere Lesestunden mit ihnen verbracht.
Dies gelingt TJ Klune, indem er unzählige Lebensweisheiten, detaillierte, farbenfrohe Beschreibungen und ganz viele Emotionen in seine Geschichte packt und dabei auch vor unangenehmen Themen nicht zurückschreckt. Damit wird das Buch nur noch lebensechter und tiefgründiger und hat es geschafft, mich ohne Wenn und Aber für sich einzunehmen.

Meine Empfehlung:
"Mr. Parnassus' Heim für magisch Begabte" hat mich mit einer magischen, spannenden, berührenden, romantischen, queeren und beeindruckend erzählten Geschichte komplett verzaubert und für sich eingenommen. Linus Baker sowie Arthur Parnassus und seine Schützlinge sind mir innerhalb von kürzester Zeit ans Herz gewachsen und ich würde sehr gerne sofort wieder zu ihnen reisen. Lest dieses Buch unbedingt, es ist ein wahrer Schatz!

Zusätzliche Infos:
Titel:
Mr. Parnassus' Heim für magisch Begabte
Originaltitel: The House in the Cerulean Sea
Autor: Im Alter von sechs Jahren griff TJ Klune zu Stift und Papier und schrieb seine erste Geschichte – eine mitreißende Variante des Videospiels »Super Metroid«. Zu seinem Verdruss meldete sich die Videospiel-Company nie zu seiner verbesserten Variante der Handlung zurück. Doch die Begeisterung für Geschichten hat TJ Klune auch über dreißig Jahre nach seinem ersten Versuch nicht verlassen. Nachdem er einige Zeit als Schadensregulierer bei einer Versicherung gearbeitet hat, widmet er sich inzwischen ganz dem Schreiben. Für die herausragende Darstellung queerer Figuren in seinen Romanen wurde er mit dem Lambda Literary Award ausgezeichnet. Sein Roman »Mr. Parnassus' Heim für magisch Begabte« ist ein USA-Today-Bestseller.
Sprache: Deutsch
Aus dem Amerikanischen von: Charlotte Lungstrass-Kapfer
Paperback, Klappenbroschur: 480 Seiten
Verlag: Heyne Verlag
Erschienen am: 13. April 2021
ISBN: 978-3-453-32136-6

33. Gemütliches Lese-Miteinander

Das traumhaft schöne Banner wurde erstellt von Ascari vom Blog Der Leseratz

Hallo ihr Lieben

Sitzt ihr schon in den Startlöchern?

Heute Abend ab 18.00 Uhr starten wir mit Blüten und Blumen in ein langes Pfingstwochenende. Blüht es auf euren Covern? Gärtnert eine Protagonistin/ein Protagonist? Ist eure Lektüre mit blühender Fantasie geschrieben? Oder blüht jemandem in eurem Buch etwas? Eine saftige Strafe? Eine Tracht Prügel, eine Verurteilung oder ein ernstes Gespräch?

Hinterlasst mir gerne den Link zu eurem Post unter diesem Beitrag, dann verlinke ich euch und wir können uns alle gegenseitig viele Besuche abstatten. So wird das gemeinsame Lesen um so gemütlicher :-)

Ich freue mich sehr auf heute Abend und auf eure Lektüren
Livia


Ablauf:
18.00 Uhr: Beginn, Vorstellungsrunde
19.30 Uhr: 1. Update
21.00 Uhr: 2. Update
22.00 Uhr: 3. Update
23.00 Uhr: 4. Update
24.00 Uhr: Fazit, Ende


Wer ist heute mit dabei?

18.00 Uhr, Vorstellungsrunde

Hallo ihr Lieben

Es freut mich so sehr, dass wir endlich wieder einmal gemeinsam lesen. Heute war irgendwie ein total voller Tag und trotzdem habe ich das Gefühl, nicht vom Fleck gekommen zu sein. Ihr kennt das sicher, ja?  Deshalb freue ich mich jetzt um so mehr, einen ganz gemütlichen Abend mit euch zu verbringen. Ausserdem habe ich heute zusätzlich zur Arbeit auch noch unseren ganzen Balkon überarbeitet. Viele Pflänzchen habe ich vorher in der Wohnung vorgezogen und am Mittwoch habe ich von meiner Mama noch drei Tomatenpflanzen bekommen, die alle einen Platz finden mussten. Ich bin also schon ganz im Thema ;-) (und ich frage mich, ob meine Hände je wieder sauber werden).

Wir kommen gleich zu den ersten Fragen:

1. Was liest du heute?
2. Wo liest du heute? Zeigst du uns vielleicht deinen Leseplatz?

1. Heute beginne ich mit dem ersten Band der "Die Frauen von der Purpurküste"-Reihe von Silke Ziegler ganz vorne. Die schönen Lavendelpflanzen auf dem Cover haben es mir angetan. Sollte mir das Buch nicht zusagen (oder sollte ich es wider Erwarten beenden), würde ich ab S. 310 in "Mr. Parnassus Heim für magisch Begabte" von T.J. Klune weiterlesen, auch auf diesem bunten Cover blüht es zumindest ein wenig.

2. Ich lese auf dem Sofa in meinem Musikzimmer und werde wahrscheinlich im Laufe des Abends ins Schlafzimmer wechseln. Das Wohnzimmer wird vom Liebsten und einem guten Freund besetzt, die beiden sind heute für das Essen zuständig :-)


19.30 Uhr, 1. Update

Und schon sind die ersten 90 Minuten vorbei und ich hoffe, dass ihr alle ganz gut in eure Lektüren hineingefunden habt. Ausserdem kann ich es kaum mehr erwarten, bis die Jungs das Abendessen zubereitet haben, langsam meldet sich (trotz Salznüssen und Chips, die mir der Liebste vorher ganz fürsorglich vorbeigebracht hat) nämlich der Hunger.

Ich habe trotz wenig Lesezeit (das Stöbern und Kommentieren bereitet mir einfach immer zu viel Freude) die ersten 45 Seiten von "Isabelles Geheimnis" gelesen und mag das Buch bisher sehr gerne. Auf die Reihe bin ich bei Martina von Martinas Buchwelten aufmerksam geworden. Sie kann heute leider nicht mitlesen, aber bei ihr finden sich immer tolle Buchtipps.

Die nächste Frage wollte ich eigentlich erst später stellen, aber ich bin nun schon sehr neugierig auf Tines Buchtipps, deshalb kommt sie jetzt:

3. Sicher finden sich in euren Regalen einige Bücher mit blumigen Covern oder Bücher, in denen es um Blumen und Blüten geht. Könnt ihr uns einen Lesetipp geben?

3.
Ich zeige euch heute zwei Bücher, die mir sehr am Herzen liegen, weshalb euch meine Auswahl sicher nicht überraschen wird. Geheimtipps habe ich nämlich leider nicht wirklich zu bieten.
"Die Brüder Löwenherz" von Astrid Lindgren (HIER geht es zur Rezension) ist eines meiner absolut liebsten Kinderbücher. Ich habe es schon sehr oft gelesen und weine jedes Mal bittere Tränen. Darin geht es - ganz passend - um das Heckenrosental und das Kirschblütental (das ihr auch auf dem Cover sehen könnt), um Geschwisterliebe, Freundschaft und Mut, aber auch um Verlust und Tod. Es ist wirklich ein Schatz und ich hoffe, dass es noch ganz viele Herzen für sich gewinnen wird.

"Dunkelgrün fast schwarz" von Mareike Fallwickl (HIER geht es zur Rezension) war mein Lesehighlight im Jahr 2018. Dieses Buch ist sehr düster und erzählt die Geschichte einer toxischen Freundschaft. Ich weiss, dass viele begeisterte Leserinnen und Leser allem Lob zum Trotz ein wenig Kritik für den Schluss übrig hatten. Diese Kritik kann ich - mit ein wenig Abstand betrachtet - durchaus nachvollziehen. Ich habe dieses Buch damals aber so im Rausch gelesen, dass der Schluss sich für mich perfekt in die Handlung gefügt und das Leseerlebnis zu einem absoluten Genuss gemacht hat. Lest auch dieses Buch unbedingt bald.

Und nun freue ich mich auf eure Buchtipps :-)
Livia


21.00 Uhr, 2. Update

Es regnet hier wieder so richtig heftig (wie schon den ganzen Tag immer wieder, übrigens auch dann, als ich gerade Einkäufe und 20 Liter Balkongartenerde nach Hause geschleppt habe) und ich geniesse es sehr. Ich bin ein totales Regenkind und das Lesen macht gleich viel mehr Freude, wenn man sich gemütlich einkuscheln kann. Mittlerweile habe ich es mir im Bett bequem gemacht und gönne mir ein wenig dunkle Schokolade und einen Kaffee. Vorher gab es Spaghetti mit Basilikumpesto und dazu Gemüse zum Snacken.

Nun aber wieder zu meinem Buch: Die Protagonistin und ich haben uns einander angenähert, was gut ist. Die Geschichte nimmt nämlich ein wenig Fahrt auf und gefällt mir sehr. An der Südküste Frankreichs wäre ich ausserdem gerade auch echt gerne...

Nun aber zur nächsten Frage (und schaut unbedingt bei Barbara vorbei, ihr Link war vorhin inaktiv, sorry):
4. Grünt und blüht es bei euch? Garten, Pflanzkistchen oder lieber gar nichts? Und pflanzt ihr lieber Blumen oder Gemüse?

4.
Bei mir gibt es immer ein grosses Problem: ich tendiere dazu, meine Pflanzen zu ertränken... Ansonsten klappt es aber mit Pflanzen und mir erstaunlich gut. Es gibt hier ein paar Zimmerpflanzen, vor allem eine Glücksfeder und eine Grünlilie und die in der ganzen Wohnung verteilten Babys der beiden Pflanzen ;-) Eine Orchidee und eine Pflanze, die wohl aus einer Zitrusfrucht im Kompost gewachsen ist, sowie eine Kartoffelpflanze, die ich über den Winter eingetopft habe und bald ernten kann, stehen im Wohnzimmer. Ein Kaktus steht im Bad, einer in der Küche, von beiden weiss ich nicht, ob sie noch leben... Oh, oh... Und dann ist da eben der Balkon und weil ich gerade wirklich stolz darauf bin, zeige ich euch den einmal:

Oben seht ihr mein Kräuterbeet mit Rosmarin, Salbei und Lavendel, direkt am Balkongeländer ist eine Kartoffel im Topf, die wohl im Juni/Juli geerntet werden kann, eine Gurke (die sollte bald keimen) und Stangenbohnen (die sollten auch bald keimen) und vorne sind dann drei grosse Tomatenpflanzen (auf der einen noch zwei kleine Eisbergsalate, die standen nur so lange dort, bis das Wasser abgeflossen war) und in den kleinen weissen Töpfen sind weisse Herbstastern.
Dann habe ich mir einen Turm aus Holzkisten für die Gartengeräte gebastelt und darauf finden sich Schnittlauf, eine Topftomate und Karotten. Auf dem Fenstersims sind weitere Topftomaten, Petersilie und Minze, auf dem Tisch steht auch ein Topf mit Minze und am Geländer sind weitere Eisbergsalate. Die Topftomaten und Kartoffeln habe ich im Wohnzimmer vorgezogen. Im Pflanzkasten, in dem jetzt die Salate sind und auf dem Fenstersims waren bis heute noch ganz viele (verblühte) Narzissen, Iris und Hortensien. Die habe ich heute alle ausgegraben, die Zwiebeln sind zum Trocknen in eine Schachtel gewandert und werden im Herbst/Winter wieder eingetopft.

Und was blüht bei euch so?


22.00 Uhr, 3. Update

Soooo, ihr Lieben, es geht weiter und gerade kann ich mich nicht rühmen: ich habe wirklich keine Seite gelesen in der letzten Stunde, sondern einfach ein wenig gestöbert. Das ist ja auch schön, aber wenigstens die ersten 100/150 Seiten von meinem Buch möchte ich schon gerne noch schaffen.

Weiter geht es mir der nächsten Frage:

5. Wenn eure Protagonistin/euer Protagonist eine Blume/Pflanze wäre, welche wäre das?

5.
Meine Protagonistin Amélie trauert nach einem schweren Schicksalsschlag, eine Trauerweide wäre aber definitiv zu einfach und doch nicht ganz passend. Amélie ist nämlich gerade dabei, sich wieder ein wenig zu öffnen und ihr Leben in die Hand zu nehmen und ich hoffe sehr, dass ihr dies gelingt. Deshalb stelle ich sie mir eher als Tulpe vor, die lange einfach grün (und schon ein wenig langweilig, wie ich finde) aussieht und dann erst am Schluss ihre bunten Blüten öffnet und mit strahlenden Farben für positive Energie sorgt.


23.00 Uhr, 4. Update

Nun habe ich wieder ein wenig gelesen und bin tatsächlich bis Seite 112 gekommen. Ich werde für heute bei diesem Buch bleiben, obwohl mich "Mr. Parnassus" sehr, sehr stark anlacht. Aber darin gönne ich mir vor dem Einschlafen einfach noch ein paar Seiten :-)

Jetzt geht es schon zur letzten Frage, in einer Stunde dürft ihr alle noch ein kleines Fazit ziehen und wie immer eure Wünsche zu den nächsten Themen und Terminen äussern.

6. Das heutige Thema habe ich passend zum Pfingstfest und zum Frühling gewählt. Gibt es etwas, Ereignisse, Traditionen, Begegnungen, Naturschauspiele, worauf du dich am Pfingstwochenende oder generell in der Frühlingszeit jeweils besonders freust?

6.
Ich bin ein absolutes Herbstkind (weshalb ich wohl das aktuelle Herbstwetter auch besonders gerne mag), aber trotzdem ist der Frühling für mich jedes Jahr ein kleines Wunder, auf das ich mich riesig freue. Nach der langen (anfangs gemütlichen und dann immer deprimierenderen) Dunkelheit, beginnen die ersten Pflanzen zu spriessen, die Vögel singen, die Tage werden länger, die Natur erwacht... Im April/Mai ist das Aufwachen schon ein wenig vorbei und alles beginnt, grüner zu werden und wenn es nicht viel zu heiss ist (wie in den lezten Jahren) und ab und zu regnet, spürt man die Natur förmlich aufatmen, finde ich. Gerade jetzt, wo immer noch nicht so viel möglich ist, geniesse ich dieses Aufatmen der Natur, die vom Regen gereinigte Luft, das satte Grün wirklich sehr.


24.00 Uhr, Ende, Fazit

Ihr Lieben

Es hat mir wieder einmal riesige Freude bereitet, gemeinsam mit euch zu lesen und mich mit euch über Bücher und alles, was sonst noch Freude bringt, auszutauschen. Sehr, sehr gerne wiederholen wir das bald wieder.

Ich habe heute die ersten 137 Seiten in "Isabelles Geheimnis" gelesen und finde, dass dies gar nicht so schlecht ist. Wie ist es euch noch ergangen?

Habt ihr Wünsche und Anregungen für ein nächstes GLM?
Ansonsten wünsche ich euch nun noch von Herzen einen schönen Abend und eine gute Nacht und werde jetzt noch eine Abschlussrunde bei euch drehen.

Passt gut auf euch auf und wir lesen uns
Livia

Rezension: Wie die Gorillas

Wie die Gorillas - Esther Becker

Beschreibung des Verlages:
Abnehmen, ohne anderen davon zu erzählen, den Rasierer auf dem Weg in die Schwimmbaddusche verstecken, schminken, als wäre alles von Natur aus so.
In ihrem Debütroman »Wie die Gorillas« beschreibt Esther Becker das Erwachsenwerden junger Frauen in einer Gesellschaft, die behauptet, alle könnten selbst bestimmen. Doch gehört sich Manches und Anderes nicht. Wo verlaufen die Grenzen zwischen ausgelebter Individualität und den Anstrengungen dazuzugehören? Wie soll der Körper aussehen, wie sich benehmen – ob beim Sportunterricht, in der Schule, unter Freundinnen oder in Beziehungen?
Lustvoll, pointiert, mit viel Humor und mit der Drastik, die es benötigt, erzählt Becker vom gesellschaftlichen Druck, der auf jungen Frauenkörpern lastet.

Inhalt:
Die unbenannte Ich-Erzählerin und ihre beiden besten Freundinnen Olga und Svenja wachsen gemeinsam zu jungen Frauen heran und kämpfen dabei nicht nur gegen die Unsichtbarkeit innerhalb der eigenen Familie, sondern auch den jahrhundertealten Kampf gegen sexistische Windmühlen und eine Gesellschaft, in der Mädchen immer noch komplett anders erzogen und behandelt werden, als Jungs. In der ihnen von Anfang an gewisse Privilegien verwehrt bleiben und in der ihr Äusseres wichtiger ist, als alles, was sie charakterlich zu bieten haben.

Meine Meinung:
Ohne den Klappentext oder auch nur eine einzige Rezension komplett gelesen zu haben, habe ich mich in dieses Buch gestürzt und es heute im ÖV in einem Atemzug verschlungen. Ich will mehr, 160 Seiten sind viel zu kurz. Esther Beckers Debüt lässt tief in eine Welt von Sein und Schein blicken, eine Welt, in der sich immer noch die meisten Mädchen und Frauen wiederfinden, sobald sie ein wenig älter werden, ihre Körper sich zu verändern beginnen und ihr Äusseres nicht mehr mit den Abbildungen in Hochglanzmagazinen übereinstimmt. Es ist eine ganz eigene Wirklichkeit, in der gefühlt jede Person (Frau) über einen Scanner für ihre Umwelt verfügt und die Körper ihrer Mitmenschinnen mit einem Damoklesschwert in Kategorien einteilt und sich selbst gegenüber die kritischste von allen ist.
Ausserdem erzählt Becker von sich verschiebenden Familiengefüge, in denen Töchter plötzlich nicht mehr mit ihren Eltern sprechen können, sich verloren fühlen und dadurch auch wirklich nach und nach verlorengehen. Da wird Wodka geschmuggelt, heimlich gepierct und von der ersten Pille danach darf auch niemand etwas erfahren. In einer Welt, in der gefühlt alle Türen offenstehen, wird frau dann am Ende trotzdem wieder auf ihr Aussehen reduziert und steht alleine, verloren und sich hässlich fühlend vor einem Spiegel in einer Umkleidekabine, mit einem blutenden Schnitt an Fussgelenk, der vom verbotenen Rasieren im Schwimmbad stammt und einem mindestens so blutenden Herzen, das eigentlich nur nach Liebe lechzt.

Was machst du, wenn deine Kinder Frauen werden?
Wenn deine Kinder Töchter sind und Frauen werden, was machst du dann?

(S. 15)


Schreibstil:
Packend, prägnant und äusserst pointiert erzählt Becker vom Aufwachsen in einer Gesellschaft, in der Mädchen und Frauen nachts nicht mehr joggen gehen und sich manchmal nur mit abgebundenen Brüsten und als Jungs verkleidet unsichtbar und mächtig durch die Gegend bewegen können. Schmerzlich real und drastisch erscheinen die einzelnen Szenen in denen es Selbstbestimmung geht, um Stolz, Körperwahrnehmung und dem offenen Sexismus, dem die Protagonistinnen täglich begegnen. Diese steigen all den Erfahrungen aber nicht wie die Phönixe aus der Asche, sondern kriechen auf der Suche nach Anerkennung im Staub ihrer Geschlechterrolle durch dieses Buch.

Meine Empfehlung:
Lest dieses Buch unbedingt, es hat mich heute berührt und erschüttert und mit seinem eigenen überspitzten Humor unterhalten. Es hat mir Szenen gezeigt, die mir bekannter sind, als sie vielleicht sein sollten und frustrierende Gespräche abgebildet, die ich genau so mit mir und anderen geführt habe. Trotzdem und genau deswegen ist dieses Buch so lesenswert, weil es die Absurdität unserer festgefahrenen Situation aufzeigt und Fragen aufwirft, die zum Nachdenken und Verändern anregen.

Zusätzliche Infos:
Titel:
Wie die Gorillas
Autorin: ESTHER BECKER, geboren 1980 in Erlangen, lebt als Dramatikerin, Schriftstellerin und Performerin in Berlin. Sie studierte an der Hochschule der Künste Bern und am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Sie veröffentlichte Texte in diversen Magazinen und Anthologien. Ihre Theatertexte (Verlag Felix Bloch Erben) wurden bereits mehrfach ausgezeichnet und in Deutschland und der Schweiz aufgeführt. Sie ist Mitglied der Theaterformation bigNOTWENDIGKEIT.
Sprache: Deutsch
Hardcover: 160 Seiten
Verlag: Verbrecher Verlag
Ersterscheinung:
19.01.2021
ISBN:
9783957324702

Rezension: Das Café der weisen Katzen

Mein Dank geht an das Bloggerportal von Randomhouse und den Heyne Verlag für dieses Rezensionsexemplar.

Das Café der weisen Katzen - Anna Sólyom

Beschreibung des Verlages:

Ein neuer Job, sieben weise Katzen - und das ganz große Glück

Mit gerade mal Anfang vierzig haben sich bereits sämtliche Träume Nagores in Luft aufgelöst: die Ehe zerbrochen, die Künstlerkarriere kurz vor dem Aus und auf dem Bankkonto herrscht gähnende Leere. Als ihr eine Freundin einen Job als Kellnerin in einem Katzencafé vermittelt, bleibt ihr nichts anderes übrig, als ihn anzunehmen – obwohl Nagore nicht gerade eine Katzenliebhaberin ist. Doch zu ihrer großen Überraschung dauert es nicht lange, und sie freundet sich nicht nur mit Yumi, der Besitzerin des Cafés, an, sondern auch mit den sieben Katzen. Und als eines Tages der attraktive Marc im Café auftaucht, wird Nagore plötzlich klar: Man braucht nicht sieben Leben, um glücklich zu werden – eines genügt völlig!

Inhalt:
Nagore verlässt ihren Partner und ihr Leben in England und zieht nach Barcelona, wo sie ganz von vorne beginnen muss und sich kaum über Wasser halten kann. Eine Freundin aus ihrer Jugend macht sie mit Yumi bekannt, die für ihr japanisches Katzencafé noch eine Mitarbeiterin benötigt. Obwohl Nagore sich gar nicht gut mit Katzen versteht, nimmt sie den Job schweren Herzens an und lernt schon bald, wie weise und gelassen die Vierbeiner sein können und dass manche Begegnungen ein Leben von einer Sekunde auf die andere verändern können.

Meine Meinung:
Nun ja...es ist sicher nicht schwer zu erkennen, dass ich Katzen liebe, dass ich aber auch von allem, was funkelt, magisch angezogen werde, wissen nicht viele. Aber ja, dem ist so und gerade bei Buchcovern werde ich da immer wieder schwach. "Das Café der weisen Katzen" ist traumhaft schön aufgemacht. Der glänzende Umschlag, die liebevolle Gestaltung der Kapitelüberschriften und das bunte Vorsatzpapier... Dieses Buch ist ist ein optischer Schatz.
Aber natürlich ist dieses Buch noch viel mehr und erwärmt das Herz, strotzt nur so vor Liebe für die flauschigen Vierbeiner, erzählt aus dem teilweise ziemlich turbulenten Alltag im Katzencafé, beinhaltet eine zarte und berührende Romanze und erzählt ausserdem die Geschichte des an seinem Lebensende stehenden Katzenbesitzers Elias, der mit seiner grossen Weisheit und der Liebe zum Leben und den Menschen für noch mehr bewegende Momente sorgt.

Schreibstil:

Anna Sólyom schafft es, Nagores Lebenssituation authentisch zu schildern und bringt mit vielen wunderschönen, gefühlvollen und humorvollen vierbeinigen Begegnungen zum Schmunzeln und Nachdenken. Auch wenn vieles ein wenig an der Oberfläche bleibt und sich auch ein wenig zu einfach auflöst, ist dieses Buch mit seiner zarten Sprache einfach eine flauschige Umarmung.

Meine Empfehlung:

Dieses Buch ist wirklich zuckersüss, regt zum Nachdenken an und unterhält mit seinem sanften Humor. Von mir gibt es deshalb eine herzliche Leseempfehlung.

Zusätzliche Infos:

Titel:
Das Café der weisen Katzen
Originaltitel:
Neko Café
Autorin:
Anna Sólyom wurde in Budapest geboren und hat einen Abschluss in Philosophie. Im Jahr 2012 zog sie nach Barcelona, wo sie seitdem lebt. Neben dem Schreiben arbeitet sie als Therapeutin, und ihre Leidenschaft ist es, anderen dabei zu helfen, ihr Gleichgewicht und ihre innere Stärke zu entdecken. Zudem arbeitet sie für eine Fachzeitschrift und hat bereits ein Sachbuch veröffentlicht, das in mehrere Sprachen übersetzt wurde. »Das Café der weisen Katzen« ist ihr erster Roman.
Sprache:
Deutsch
Aus dem Spanischen von:
Anja Rüdiger
Taschenbuch, Pappband:
160 Seiten
Verlag:
Heyne
Erschienen am:
10. Mai 2021
ISBN:
978-3-453-42529-3

Rezension: Was Preema nicht weiß

Was Preema nicht weiß - Sameena Jehanzeb

Klappentext:

Wenn deine Reise am Ende beginnt, wohin mag sie dich führen?
Manche Tage fangen mieser an als andere. Besonders solche, an denen man schwerelos und ohne nennenswerte Erinnerungen in einem weißen Nichts aufwacht. Preema Anand sind nur zwei Dinge geblieben: ihr Name und die Gewissheit, dass die Welt untergegangen ist. Doch kurz bevor ihr Verstand dem Wahnsinn verfällt, trifft sie auf weitere Überlebende, die sich auf eine vermeintlich idyllische Lichtung mitten im Nirgendwo gerettet haben und Antworten in wilden Theorien suchen. Je dringlicher auch Preema die Geheimnisse ihrer Umgebung und die ihrer eigenen Vergangenheit zu ergründen versucht, desto deutlicher wird, dass ihre Erinnerungen gefährlicher für sie sein könnten als die grauen Schemen, die die Überlebenden heimsuchen …

Inhalt:
Und plötzlich ist alles weiss und still, Preema steht alleine da und fragt sich, wie zum Kuckuck dies passieren konnte. Nach einer gefühlten Ewigkeit trifft sie auf einen weiteren Menschen, der sie auf eine grüne, paradiesähnliche Lichtung führt, auf der sie fortan leben soll. Doch Preema will nicht einfach akzeptieren, dass die Welt scheinbar untergegangen ist und beginnt, Fragen zu stellen. Sie spricht mit den Menschen, die auf der Lichtung leben und hört die unterschiedlichsten Theorien. Ausserirdische? Digitale Wirklichkeiten? Künstliche Intelligenz? Zusätzlich wird sie von nicht nur schönen Erinnerungen aus ihrem früheren Leben heimgesucht und nach und nach setzt sich ein Puzzle zusammen, das weitere Rätsel aufwirft und verblüfft...

Meine Meinung:
Dieses Buch ist mir schon einige Male begegnet und stand seit seinem Erscheinungstermin auf meiner Wunschliste. Erst Aleshanees eindringliche Empfehlung aber hat es mich endlich kaufen lassen, was wirklich ein Wunder ist, da ich keine guten Erfahrungen gemacht habe mit Büchern, die im Selbstverlag erschienen sind. "Was Preema nicht weiß" hat mich aber positiv überrascht, mich eines besseren belehrt, mich unterhalten, berührt und begeistert.
Eindringlich wird geschildert, wie verloren Preema sich in ihrer neuen Wirklichkeit fühlt, wie sehr sie zweifelt und immer wieder versucht, zu verstehen, was genau mit ihr und mit dem Rest der Welt geschehen ist. Dazu gehört auch, dass sie niemandem - auch nicht sich selber und eigentlich auch nicht ihren Erinnerungen - trauen kann, was die Unsicherheit und Verlorenheit noch grösser macht. Einzig eine kleine Länge zwischen Seite 150 und Seite 200, sowie zwei Entwicklungen, die ich vorhergesehen habe (die ich aber natürlich hier nicht erwähnen werde), haben mich ein wenig gestört.
Die Kapitel sind abwechselnd aus Preemas neuer Welt "Heute" und in Rückblicken (stets mit Datum versehen) erzählt. So setzen sich Preemas Erinnerungen Stück für Stück zusammen und so lernen auch wir die Protagonistin immer besser kennen und verstehen, welche Ereignisse ihres früheren Lebens sich in ihrem Gedächtnis besonders stark manifestiert haben. Dazu gehört auch eine Liebesgeschichte, die mir sehr, sehr gut gefallen hat und die so frei von Stereotypen und ohne Label auskommt, dass es einfach nur eine grosse Freude war, sie zu lesen.
Das Ende und des Rätsels Lösung haben mich unerwartet emotional erwischt und ich bin nach wie vor komplett begeistert von dieser Spannung, dieser schlüssigen Zusammenführung aller losen Enden und dieser aussergewöhnlichen Plotdee.

Die Aufmachung:
Besonders zu erwähnen sind ausserdem die wunderschön gestalteten Kapitelanfänge. Erst nach und nach habe ich verstanden, was es damit auf sich hat und möchte dies - natürlich spoilerfrei - hier schildern. Der allererste Kapitelanfang ist von einer Illustration umrahmt, die unzählige Scherben zeigt, Glasscherben oder Glassplitter, die fast über die ganze Seite verteilt sind. Bei jedem weiteren Kapitel beginnen die einzelnen Scherben, sich zu formieren und sortieren. Sie ergeben ein Bild, welches ganz direkt mit der Handlung verknüpft ist. Dies habe ich zuerst gar nicht richtig wahrgenommen, als aber das Bild irgendwann klarer wurde, habe ich verstanden, welche grossartige Idee und - mit Sicherheit - immense Arbeit dahintersteckt.

Meine Empfehlung:
Von der Aufmachung über die Figuren, die Entwicklung der Handlung und die Erzählsprache bis hin zum stimmigen Ende: dieses Buch hat mich für sich eingenommen, berührt und unterhalten. Von mir gibt es eine herzliche Leseempfehlung.

Zusätzliche Infos:
Titel:
Was Preema nicht weiß
Autorin: Sameena Jehanzeb wurde 1981 in Bonn geboren. Bei Tag ist sie diplomierte und selbstständige Grafikdesignerin, Illustratorin und Scherenschnittkünstlerin, eine nimmermüde Sarkasmusschleuder und Katzenbändigerin. Bei Nacht wird sie zur Geschichtenweberin und verfasst Abenteuer in den Bereichen Fantasy und Science-Fiction. Sowohl beim Schreiben als auch beim künstlerisch-handwerklichen Arbeiten setzt sie sich am liebsten mit phantastischen Themen, Sagen und Märchen auseinander oder begibt sich auf einen Ausflug in die Zukunft. Kommata sind ihre selbsterklärten Todfeinde, ihre ewige Dankbarkeit gebührt daher professionellen Korrektoren. ZUR AUTORINNENSEITE
Taschenbuch: 360 Seiten
Sprache: Deutsch
Verlag: Selfpublisher
Erscheinungstermin: 1. Auflage Mai 2020
ISBN: 978-3-96698-306-8

Ankündigung: 33. Gemütliches Lese-Miteinander

Das traumhaft schöne Banner wurde erstellt von Ascari vom Blog Der Leseratz

Hallo ihr Lieben

Wie geht es euch denn so? Seid ihr bereit, mal wieder gemeinsam zu lesen?

Am Freitag, 21.5.21 (was für ein Datum), starten wir mit einem gemütlichen Lese-Miteinander lesend ins Pfingstwochenende und befassen uns mit Blüten und Blumen. Blüht es auf euren Covern? Gärtnert eine Protagonistin/ein Protagonist? Ist eure Lektüre mit blühender Fantasie geschrieben? Oder blüht jemandem in eurem Buch etwas? Eine saftige Strafe? Eine Tracht Prügel, eine Verurteilung oder ein ernstes Gespräch?

Ihr findet sicher einen Link zum Thema, schliesslich weiss ich, dass auch eure Fantasie keine Grenzen kennt :-)

Wir beginnen am 21.5.21 um 18.00 Uhr, das Ein- und Aussteigen ist jederzeit möglich. Anmelden könnt ihr euch direkt unter dem Post am Freitag.

Ich freue mich sehr auf euch
Livia

Rezension: Mars

Mars - Asja Bakić

Beschreibung des Verlages:
In »Mars« zeigt Asja Bakić eine Reihe einzigartiger Universen, in deren Mittelpunkt Frauen stehen, die vor die Aufgabe gestellt sind, der seltsamen Realität, die sie erleben, einen Sinn zu geben. Eine Frau wird von Tristessa und Zubrovka aus einer Art Vorhölle befreit, sobald sie eine Aufgabe erfüllt. Eine Meisterin der Täuschung wird mit jemandem konfrontiert, der ihr Geheimnis kennt. Eine Schriftstellerin soll einen Bestseller unter Pseudonym geschrieben haben, woran sie sich jedoch nicht erinnern kann. Abby scheint ihr Gedächtnis verloren zu haben, und doch weiß sie, dass mit ihrem misstrauischen Ehemann etwas nicht stimmt. Eine weitere muss auf dem Mars über ihr Verbrechen reflektieren, Autorin zu sein.
Nicht nur das inhaltliche Konzept der Erzählungen ist beeindruckend, sondern auch die Methode: Gekonnt verwebt sie in das klassische Erzählmuster Elemente aus der Genre-Literatur – Horror, Science-Fiction und Fantasy. Entstanden sind so spannende, oft humorvolle Geschichten, die emanzipierend sind, ohne in politische Agitation zu verfallen. Publishers Weekly kürte die amerikanische Ausgabe von »Mars« 2019 zu einem der 25 besten Büchern des Jahres in den USA der Kategorie Belletristik.
Die Herausgabe dieses Werks wurde durch das Literaturnetzwerk TRADUKI gefördert.

Inhalt:
In zehn Erzählungen schildert Asja Bakić die befremdlich und zugleich seltsam vertraut anmutenden Lebensrealitäten von zehn Protagonistinnen. In allen Erzählungen stossen die Hauptfiguren an die Grenzen ihrer Welt und ihres Verstandes, werden eingeschränkt und schaffen es, sich zu befreien, zu sich selber zu finden, oder gehen in ihrer eigenen Welt verloren. Dabei begegnen sie Schwierigkeiten, welche wir alle aus unserer eigenen Welt auch kennen, haben aber zugleich Fähigkeiten oder machen Erfahrungen, die fremder und aussergewöhnlicher nicht sein könnten.

Meine Meinung:
Bereits die erste Erzählung hat mich komplett für sich eingenommen. Asja Bakić spielt dabei mit einer kafkaesk anmutenden Verwirrung der Sinne und obwohl ich Kafkas Literatur sehr gerne mag, kann ich sagen, dass Bakić viel eindringlicher, modernder, unverblümter und definitiv auch unheimlicher schreibt. Bereits die zweite Erzählung hat mich aber wieder in eine ganz andere Realität entführt und so hat sich schnell herausgestellt, dass jede der zehn Erzählungen über eine sehr eigene Grundstimmung und Wirklichkeit verfügt. Alle diese Wirklichkeiten existieren scheinbar nebeneinanderher und oft ist die Atmosphäre der Erzählungen dabei sehr melancholisch oder sogar düster. Einige wirken eher aussichtslos, andere enden positiver als sie beginnen oder sorgen zumindest dafür, dass die Protagonistin ein wenig mehr über sich selbst herausfinden kann.
Besonders begeistert hat mich, wie es Bakić gelungen ist, jede einzelne Erzählung so zu gestalten, dass ich das Gefühl hatte, nur schnell durch ein kleines Fenster in das Leben eines Menschen zu blicken und dieses Fenster auch kurz danach wieder zu schliessen. Manchmal bin ich ratlos zurückgeblieben, manchmal erleichtert und manchmal versöhnt.

Meine Empfehlung:
Von mir gibt es eine sehr herzliche Empfehlung für diese schöne, spannende und auch ein wenig unheimliche Sammlung von Erzählungen.

Zusätzliche Infos:
Titel: Mars
Originaltitel: Mars
Autorin: ASJA BAKIĆ, geboren 1982, ist eine bosnischkroatische Autorin und Kulturkritikerin. Sie hat bisher einen Gedichtband mit dem Titel »Es kann ein Kaktus sein, solange er sticht« (2009) sowie zwei Kurzgeschichtensammlungen, »Mars« (2015) und »Sweetlust« (2020), veröffentlicht. Ihr viertes Buch »Komm, ich sitze auf deinem Gesicht« (2020) ist eine Sammlung von Essays über Popkultur. Bakić wurde als eine der New Voices from Europe 2017 von Literary Europe Live ausgewählt. Sie lebt in Zagreb.
Sprache: Deutsch
Aus dem Kroatischen von: Alida Bremer
Hardcover: 160 Seiten
Verlag: Verbrecher Verlag
Ersterscheinung:
08.03.2021
ISBN:
9783957324740

Rezension: Das Flüstern der Bienen


Das Flüstern der Bienen - Sofía Segovia

Beschreibung des Verlages:

Ein einzigartiger Junge, der das Schicksal eines Dorfes für immer verändert
In der kleinen mexikanischen Stadt Linares erzählt man sich noch immer von dem Tag, an dem die alte Nana Reja ein Baby unter einer Brücke gefunden hat. Von einem Bienenschwarm umhüllt, erweckt der kleine Simonopio zunächst Misstrauen bei den abergläubischen Dorfbewohnern. Doch die Gutsbesitzer Francisco und Beatriz Morales nehmen den wilden stummen Jungen bei sich auf und lieben ihn wie ihr eigenes Kind. Während die Spanische Grippe die Region trifft, und um sie herum die mexikanische Revolution wütet, lernen sie Simonopios Gabe zu vertrauen und können die Familie so vor dem größten Unheil bewahren. Doch nicht alle Bewohner der Hacienda meinen es gut mit dem Jungen …

Inhalt:
Simonopio wird als Säugling am Dorfrand aufgefunden und ist nicht nur kräftig und munter, sondern auch von einem friedlichen Bienenschwarm umgeben und hat eine Hasenscharte, was zu dieser Zeit (um 1900 herum) als Todesurteil gilt und zudem von der abergläubischen Bevölkerung mit Verachtung bestraft wird. Aber wie durch ein Wunder überlebt Simonopio und wird von seiner Nana Reja mit viel Liebe und dem Honig seiner Bienen aufgepäppelt. Von reichen Gutsbesitzern wird er als Ziehsohn aufgenommen und er schafft es, seine Lieben vor dem sicheren Tod durch die spanische Grippe zu bewahren, indem er seinem sechsten Sinn, den Bienen, vertraut. Doch sein Ziehvater Francisco hat als erfolgreicher Geschäftsmann nicht nur Freunde und auch Simonopio wird immer noch von einigen Menschen im Dorf verachtet und es geschehen Verbrechen und Unglücke, welche die Dorfgemeinschaft erschüttern.

Das Lesegefühl:
Selten ist es mir so schwer gefallen, in Worte zu fassen, ob und wie sehr (oder wenig) mir ein Buch zugesagt hat... Zuerst einmal muss ich erwähnen, dass ich dieses Buch in einer Leserunde bei Instagram gelesen habe. Respektive: die Leserunde ist schon lange vorbei, ich habe mich irgendwann ausgeklinkt, weil ich mich so sehr durch die Seiten gequält und mich vom Buch habe bremsen lassen. Trotzdem kann ich nur schwer beschreiben, was mich am Buch gestört hat. Es ist nämlich grandios recherchiert, lässt zahlreiche historische Ereignisse und Figuren in das aussergewöhnliche Setting einfliessen, beschreibt eine herzliche und von Liebe und Vertrauen geprägte Beziehung zwischen Simonopio und dem Sohn seiner Ziehfamilie, den er wie einen Bruder liebt und ist sprachlich enorm vielfältig ausgearbeitet. Ausserdem hat es unsere Leserunde gespalten und die einen Leserinnen komplett begeistert, die anderen eher abgeschreckt und auch ich hätte das Buch mehrmals fast abgebrochen, wollte aber einfach unbedingt erfahren, wie es enden würde und hatte vor allem nach über 300 Seiten das Gefühl, es nun einfach beenden zu müssen, ich war ja schliesslich schon so weit.

Warum mir dieses Buch nicht zugesagt hat:
Tatsächlich habe ich das Buch heute früh beendet und bin leider - trotz vieler Meinungen, die von einem rasanten und packenden Schluss sprechen, nach wie vor nicht begeistert. Doch warum?
Grundsätzlich mag ich langsame, detaillierte Beschreibungen. Beschreibungen, welche einen warmen, schweren Sommer, kalte Winternächte, Angst, Freude und ganz viele optische Details einfliessen und spüren lassen. All dies kann "Das Flüstern der Bienen" bieten, aber leider wird es dadurch nicht einfach nur langsam, sondern langweilig, langatmig, ziellos... Es mischt verschiedene Elemente aus den Genres Liebesgeschichte, Familienchronik, historischem Roman und Krimi, tut dies aber nicht wirklich konsequent. Historische Ereignisse nehmen manchmal sehr viel Raum ein und werden wenig später komplett ausgeblendet, die Gefühle der Liebesgeschichte sind nicht zu mir durchgedrungen. Der Krimi war vorhersehbar und die Familienchronik zu ausufernd erzählt. Ausserdem bleibt die Erzählung bis zum Schluss ein wenig oberflächlich und kriecht zäh vor sich hin. Keine der Figuren hatte ich beim Lesen vor Augen, auch die schmerzlichsten Gefühle (für die ich sehr empfänglich wäre) und die glücklichsten Stunden bleiben blass und haben sich nicht auf mich übertragen. Trotzdem weiss ich, dass dieses Buch gut geschrieben ist, das es humorvoll, spannend und emotional sein kann und dass es einen anderen Platz finden und dort sicher geschätzt und vielleicht sogar geliebt werden wird.

Fazit:
"Das Flüstern der Bienen" und ich sind keine Freundinnen geworden und werden es auch nicht mehr. Was andere vielleicht als Qualität sehen und zwischen den Zeilen gelesen haben wollen, ist mir verborgen geblieben oder hat mich gelangweilt. Schade.

Zusätzliche Infos:
Titel:
Das Flüstern der Bienen
Originaltitel:
El murmullo de las abejas
Autorin: Sofía Segovia, geboren in Monterrey, Mexiko, studierte Kommunikationswissenschaften in Monterrey und wollte eigentlich Journalistin werden, doch dann entdeckte sie ihre Liebe für fiktives Schreiben. Mit Das Flüstern der Bienen stand sie wochenlang auf den Bestsellerlisten in Mexiko und wurde international von den Kritikern hoch gelobt. Heute reist sie dorthin, wo ihre Romane sie hinführen, lebt aber mit ihrem Ehemann, drei Kindern und drei Haustieren in den Bergen von Monterrey. » Website
Sprache: Deutsch
Aus dem Spanischen von: Kirsten Brandt
Hardcover mit Schutzumschlag: 480 Seiten
Verlag: List Hardcover
Erschienen: 01.03.2021
ISBN: 9783471360354

Rezension: Nussschale

Nussschale - Ian McEwan

Beschreibung des Verlages:

Trudy betrügt ihren Ehemann. Sie wohnt nach wie vor in seinem Haus – einem heruntergekommenen Einfamilienhaus in London, das ein Vermögen wert ist –, aber ohne ihren Gatten, den Dichter und Verleger John. Stattdessen geht dort sein Bruder ein und aus, der zutiefst banale Bauunternehmer Claude. Trudy und Claude haben einen Plan. Doch ihre Intrige hat einen Zeugen: das wissbegierige, knapp neun Monate alte, ungeborene Kind in Trudys Bauch.
Von List und Leidenschaft, Verrat und Mord – ein atemberaubendes Drama, erzählt aus einer der ungewöhnlichsten Perspektiven der zeitgenössischen Literatur.

Inhalt:
Es wird enger in Trudys Bauch und das ungeborene Kind beginnt, sich auf die Geburt vorzubereiten. Vorher aber wird es noch Zeuge eines perfiden Planes, der von seiner Mutter und deren Liebhaber Claude ausgeheckt wird. Der Plan richtet sich gegen Claudes Bruder John, den Vater des ungeborenen Kindes. Ein für alle Mal sollen die Beziehungen geklärt werden, welche die drei Erwachsenen miteinander verbinden. Das Kind als stiller Mitwisser erfährt aber auch, wie seine Mutter ihren emotionalen Schmerz mit Alkohol stillt und welche Gefühle sonst in ihr toben.

Meine Meinung:
Nachdem ich von "For You" von Ian McEwan komplett begeistert war, habe ich die Augen nach einem weiteren Buch von McEwan offen gehalten und deshalb "Nussschale" im April beim Stöbern im Bärner Brocki secondhand für lediglich zwei Franken entdeckt und sofort gekauft. Den Klappentext kannte ich beim Lesen noch nicht, weshalb ich um so überraschter und begeisterter war vom Schreibstil und der äusserst ungewöhnlichen Erzählperspektive. Wann liest man schon die - intellektuel hochstehenden und äusserst unterhaltsamen - inneren Monologe eines Kindes im Mutterleib?
Besonders gut gefallen hat mir, dass "Nussschale" alleine aus der Perspektive dieses Kindes erzählt ist und dass es dem Autor dieser starken Einschränkung zum Trotz gelungen ist, so eine vielschichtige Erzählung zu konstruieren. Das Kind sieht ja schliesslich nicht, wie die äussere Umgebung aussieht, wie sich die Figuren bewegen usw., sondern nimmt lediglich Geräusche, Gerüche, den Herzschlag und die Atmung der Mutter, sowie die gesprochenen Unterhaltungen wahr. Trotzdem wird eine Geschichte mit Hand und Fuss gesponnen, die sich spannend und äusserst rasant entwickelt.

Schreibstil:
Wie auch schon bei der Lektüre von "For You" hat mich der besondere Humor des Autors beeindruckt und bestens unterhalten und innerhalb von wenigen Seiten bin ich zwischen Liebesroman, Familiendrama und Krimi hin und her gependelt. Dabei faszinierten mich die Schilderungen des ungeborenen Kindes, das sich aufgrund seiner Sinneswahrnehmungen und den mitangehörten Dialogen seine Umgebung zusammenfantasiert und interpretiert, was manchmal zu äusserst skurrilen, manchmal aber auch verstörenden und oft auch ziemlich philosophischen Gedankengängen und Beschreibungen führt.

Meine Empfehlung:
Von mir gibt es eine überzeugte Leseempfehlung für dieses unterhaltsame, skurrile und intelligente Buch.

Zusätzliche Infos:
Titel:
Nussschale
Originaltitel: Nutshell
Autor: Ian McEwan, geboren 1948 in Aldershot (Hampshire), lebt bei London. 1998 erhielt er den Booker-Preis und 1999 den Shakespeare-Preis der Alfred-Toepfer-Stiftung. Seit seinem Welterfolg ›Abbitte‹ ist jeder seiner Romane ein Bestseller, viele sind verfilmt, zuletzt kamen ›Am Strand‹ (mit Saoirse Ronan) und ›Kindeswohl‹ (mit Emma Thompson) in die Kinos. Ian McEwan ist Mitglied der Royal Society of Literature, der Royal Society of Arts und der American Academy of Arts and Sciences.
Sprache: Deutsch
Aus dem Englischen von: Bernhard Robben
Taschenbuch: 288 Seiten
Verlag: Diogenes
Erschienen am: 01. November 2016
ISBN: 978-3-257-06982-2

Rezension: Wildauge

Wildauge - Katja Kettu

Beschreibung des Verlages:

»Zu einem Star der finnischen Literatur ist Kettu allein durch dieses eine Buch geworden.« Die Zeit
Lappland im Sommer 1944. Johannes Angelhurst ist deutscher Offizier, er soll als Fotograf die finnischen Verbündeten porträtieren. Als er der Hebamme »Wildauge« begegnet, ist er fasziniert. Ihr Blick ist frei und ungestüm - fast wie der eines wilden Tieres. Auch Wildauge fühlt sich sofort zu dem schweigsamen Mann in seiner schwarzen Uniform hingezogen. Und so lässt sie sich, als er in ein Kriegsgefangenenlager abkommandiert wird, dort als Krankenschwester einschleusen. Zwischen beiden entbrennt eine bedingungslose, wilde Leidenschaft. Doch im Lager passieren grauenvolle Dinge. Und der Krieg geht dem Ende zu, Deutsche und Finnen stehen nicht länger auf derselben Seite ...

Inhalt:
"Wildauge" ist eine angesehene Hebamme. Sie gibt Leben und sie nimmt Leben. Mitten im Krieg ist sie es, welche den Frauen unter der Geburt beisteht und zahlreiche Mittelchen kennt, um diverse Wehwechen zu lindern, aber auch grosse Operationen durchzuführen. Sie ist ungezähmt und willig zugleich, leidenschaftlich, eifersüchtig und selbstbewusst und als sie sich in den deutschen Offizier Johannes Angelhurst verliebt, ist es um sie geschehen. Sie riskiert Kopf und Kragen und folgt ihm als Krankenschwester in ein Kriegsgefangenenlager. Dort sieht sie die Hölle und wird Teil von Kriegsmechanismen, welche sie weder überblicken, noch steuern kann.

Meine Meinung:
Ich habe dieses Buch aufgrund der begeisterten Rezension von Mareike Fallwickl gemeinsam mit Melanie von @nocheinbuch gelesen und bin wirklich froh, dass Melanie und ich uns intensiv darüber austauschen und unsere persönlichen Erfahrungen miteinander teilen konnten. "Wildauge" ist ein Buch, das fordert. Es ist roh und hart und kalt. Es beschreibt zuerst, wie Menschen und Orte riechen (und meistens ist das ein entsetzlicher Gestank), bevor es die Blicke beschreibt, welche sich die Figuren über Lazarette und Schlachtfelder, über gefrorenes Wasser und unsägliches Leid hinweg zuwerfen. Ja, ich habe mich geekelt und dabei fasziniert der Hebamme "Wildauge" über die Schultern geblickt, die im einen Moment bis zu den Ellenbogen in einer Gebärenden drinsteckt und im nächsten Augenblick ohne Schmerzmittel ein Bein amputiert. Voller Abscheu habe ich gelesen, wie sehr sich ihr Geliebter Johannes Angelhurst vor der Wirklichkeit und seinen eigenen Taten verschliesst und dabei natürlich auch bemerken müssen, dass er auch nur ein kleines Rädchen im System ist und dass Krieg nun einmal genau so ist, wie die Handlung sich in diesem Buch entwickelt: chaotisch, schmutzig, leidvoll, unschön und grausam.

Schreibstil:
Zuerst einmal möchte ich erwähnen, dass "Wildauge" von Angela Plöger hervorragend übersetzt und mit einem ausführlichen Nachwort ausgestattet worden ist. Dieses Nachwort, sowie der Glossar und die Quellenverweise machen dieses Buch erst so richig komplett. Es fällt mir nämlich nach wie vor schwer, Worte zu finden, um die aussergewöhnliche Sprache von Katja Kettu zu beschreiben. Erst beim Lesen des Nachworts hat sich mir auch ein wenig erschlossen, woran das liegen könnte: Katja Kettu hat eigene, passende Wortkreationen oder sogar ganz neue Wörter erfunden, um zu beschreiben, was ihre Protagonistin erlebt und vor allem auch fühlt. Die Übersetzerin musste es ihr folglich gleichtun, was ihr grandios gelungen ist.
Kettu beschreibt liebevoll, fast zärtlich, wie sich die Gezeiten verhalten, wie sich das Meer kräuselt, der Himmel sich verfärbt oder das Wasser zufriert. Dieser Zartheit und Schönheit setzt sie die Gräuel des Krieges - menschliche Abgründe, klaffende Wunden, stinkende Fäulnis, rohes Töten, gierige Geilheit - gegenüber und verwendet dafür eine brutale, zupackende, derbe Sprache, an der Natur und Tierwelt angepasste Formulierungen (Frauen kalben oder werden besprungen) und detaillierte Beschreibungen von Taten und Geschehnissen. Dies alles wird in Etappen und Zeitsprüngen erzählt und setzt sich erst nach und nach aus Tagebuchberichten, Erinnerungen und Erzählungen zusammen. Dort, wo alles seinen Anfang nahm und vielleicht oder vielleicht auch nicht enden wird: in der Bucht des toten Mannes.

Meine Empfehlung:
"Wildauge" bewegt, begeistert, widert an und entsetzt und doch habe ich mich von der Protagonistin und den atemberaubenden Naturschilderungen an der Hand genommen gefühlt und dieses Buch in kleinen Etappen und mit Gänsehaut verschlungen. Seid mutig und lest es.

Mareike Fallwickl hat für dieses Buch übrigens die passendste Empfehlung getextet, die man sich nur vorstellen kann:
"Traut euch an dieses Buch heran, wenn ihr etwas spüren wollt bei eurer Lektüre, wenn ihr euch fürchten und ekeln wollt, wenn ihr eine Axt wollt für das gefrorene Meer in euch."

Zusätzliche Infos:
Titel:
Wildauge

Originaltitel: Kätilö
Autorin: Katja Kettu, Jahrgang 1978, ist eine der wichtigsten Autorinnen Finnlands. Ihr preisgekröntes Debüt Wildauge stand wochenlang auf Platz 1 der finnischen Bestsellerliste. Der Roman erschien in 20 Sprachen und wurde verfilmt.
Sprache: Deutsch
Aus dem Finnischen von: Angela Plöger
Taschenbuch: 416 Seiten
Verlag: Ullstein Taschenbuch
Erschienen: 06.11.2015
ISBN: 9783548286167

Lese-Statistik April 2021

Hallo ihr Lieben

Nun ist der April auch schon wieder Geschichte und ich habe sehr viel gearbeitet, zwei Bücher bei mir einziehen lassen, viel gelesen, ein Buch abgebrochen, eines auf die Abschussliste gesetzt und stecke mitten in zwei Leserunden.

Aber schön der Reihe nach :-)

Im April habe ich folgende Bücher gelesen und rezensiert:

Ein autofiktionales Buch über Depressionen und das Frausein, das wie ein atemloser Essay wirkt

Dieses Buch macht Mut, tröstet, bewegt, schockiert, zeigt aber auch Hoffnungsschimmer auf, Highlight!!

Wie Sprache einschränkt, diskriminiert, aber auch sichtbar macht, absolutes Highlight!!

Der Jugoslawienkrieg in all seinen Facetten, sprachlich und inhaltlich ein faszinierendes, bewegendes Buch

Ein autobiografisches, unterhaltsames, die Reiselust weckendes Buch, in dem es auch um Tierliebe geht

Eine absolute Enttäuschung, da hätte man so viel mehr daraus machen können...

Sommerliche Lektüre mit Liebe erzählt, Eis, Meer und ein altes Kino, ein alter Bahnhof und ein Jugendfreund


Alle Rezensionen und Seitenzahlen in der Übersicht:

Tagebuch - Anne Frank   (368 Seiten, wird nicht rezensiert)
Das Benefizium des Ettore Camelli   (nach 96 von 327 Seiten abgebrochen)


Darin steckt meine Nase aktuell:

Nach wie vor lese ich mich gaaaanz langsam und gemütlich (und immer noch sehr, sehr begeistert) durch "Legende" von Ronald M. Schernikau. Ausserdem lese ich gerade "Wildauge" von Katja Kettu gemeinsam mit Melanie in einer Leserunde.
Auf meiner Abschussliste steht "Das Flüstern der Bienen" von Sofia Segovia. Ich hätte das Buch schon lange abgebrochen, wenn ich es nicht in einer Instagram-Leserunde lesen würde, es zieht sich nur so... Am Montag werde ich ihm noch eine Chance geben und dann entscheiden, Leserunde hin oder her.


Diese Bücher sind bei mir eingezogen:

"Heute Abend in der Eisdiele am Meer" von Holly Hepburn hat mich via Bloggerportal als Rezensionsexemplar aus dem Penguin-Verlag erreicht und ich bin wirklich froh, dass ich in dieser vielbeschäftigten Zeit und nach einigen anspruchsvolleren Lektüren so einen unterhaltsamen Sommerroman lesen durfte.
Weiter habe ich mir im Bärner Brocki "Nussschale" von Ian McEwan gegönnt, nachdem ich von "For You" so begeistert war.


Alle Zahlen auf einen Blick:

Gelesene Bücher: 8
Abgebrochene Bücher: 1
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Differenz: -7 (zweistelliger Bereich, ich kooooommmeeeeeeeee)

Und auch privat und beruflich läuft es:

Ihr Lieben, ich habe wieder Konzerte gespielt. Nicht Gottesdienste (die waren hier mit Ausnahme des Lockdowns von März-Mai 2020 bis 50 Personen immer erlaubt), sondern richtige Konzerte. Ok, Gottesdienste auch, es war ja Ostern und ausgerechnet am Ostersonntag waren fast alle 50 erlaubten Plätze besetzt und obwohl es ein Gottesdienst war, haben wir so viel Applaus bekommen, dass wir eine Zugabe spielen mussten, in einem Gottesdienst!!!! Wir wussten gar nicht, wie uns geschah und waren null darauf vorbereitet.
Letzte Woche dann habe ich mit langjährigen Freund*innen und Kolleg*innen "Des Knaben Wunderhorn"zweimal in einer Kammermusikbesetzung aufgeführt und dabei gab es auch den ersten Livestream meines Lebens. 
Heute und morgen werde ich mit meinem Flötenquartett drei Konzerte spielen und weil ich jetzt drei Wochen jeweils sieben Tage die Woche durchgearbeitet habe, werde ich mir am Montag frei nehmen und endlich, endlich, endlich wieder ganz viele Stöberrunden auf euren Blogs unternehmen und ganz viele Kommentare schreiben, versprochen. Ich freue mich komplett darauf.

Noch ein paar Worte zur allgemeinen Situation:
Ja, auch ich bin den Öffnungen (und Schliessungen) gegenüber skeptisch und ja, auch mit bin und war nicht immer mit allem einverstanden. Aber etwas muss ich euch sagen: ich habe in dieser ganzen Zeit bereits so viele Gottesdienste mit bis zu 50 Personen (oder maximal einem Drittel Auslastung, sofern die Kirche/Kapelle sehr klein ist) gespielt und hätte in der gleichen Kirche kein Konzert für die gleiche Personenzahl mit den gleichen Masken- und Abstandregelungen spielen dürfen, dass ich die Welt wirklich nicht mehr verstanden habe. Versteht mich nicht falsch: ich bin der Meinung, dass Gottesdienste wichtig sind und gerade in dieser Zeit vielen Menschen Halt geben. Aber aus epidemologischer Sicht macht es keinen Unterschied, ob sich 50 Leute zum Beten oder zum Hören eines Konzertes treffen. Resp. ist beten durch das gemeinsame Sprechen wahrscheinlich "gefährlicher" als ein Konzert. Deshalb begrüsse ich diese längst überfälligen Öffnungen sehr und bin dankbar, dass für einmal unsere Planung aufgegangen ist und dass ich wirklich mit allen meinen kleinen Ensembles und bis zum Sommer hin sogar mit grösseren Projekten so bereit bin, dass ich jetzt bis Mitte Juli nicht nur unter der Woche, sondern auch an jedem Wochenende gut ausgebucht bin.

Wie ergeht es euch denn so? Was beschäftigt euch? Und vor allem: wofür seid ihr gerade dankbar?

Ich grüsse euch von ganzem Herzen und freue mich auf meine Stöberrunde am Montag, lasst mir gerne eure Links in den Kommentaren
Livia