Mär
26
2025

Rezension: Hey guten Morgen, wie geht es dir?

Hey guten Morgen, wie geht es dir? - Martina Hefter

Beschreibung des Verlages:

Tagsüber hilft Juno ihrem schwerkranken Mann Jupiter dabei, seinen Alltag zu meistern. Außerdem ist sie Künstlerin, tanzt und spielt Theater. Und nachts, wenn sie wieder einmal nicht schlafen kann, chattet sie mit Love-Scammern im Internet. Martina Hefter hat einen berührenden Roman über Bedürfnisse und Sehnsüchte im Leben geschrieben. Und darüber, wie weit man bereit ist, für die Liebe zu gehen.
Juno schreibt online mit Männern, die Frauen online ihre Liebe gestehen und so versuchen, sie um ihr Geld zu bringen. Doch statt darauf hereinzufallen, werden genau diese Männer zu einer Form von Freiheit für Juno. In den Gesprächen kann sie sein, wer sie will und sagen, was sie will – und das vermeintlich ohne Konsequenzen. Ganz im Gegensatz zu ihrem sonstigen Leben, in dem sie immer unterwegs, immer besorgt um Jupiter, immer beschäftigt und eingebunden ist. Also flüchtet Juno ab und zu vor ihrem Alltag ins Internet und spielt dort Spielchen mit Männern, die sie anlügen. Sie selbst wird zur Lügnerin. Aber ist es nicht so, dass man sich beim Lügen zuallererst selbst belügt?
Eines Tages trifft Juno auf Benu, der ihre Behauptungen ebenso durchschaut wie sie seine. Und trotz der Entfernung zwischen ihnen entsteht eine Verbindung. »Hey guten Morgen, wie geht es dir« ist ein tiefgehender Roman, aber so leichtfüßig wie eine Komödie.

Inhalt:
Tagsüber ist Juno Performerin, Tänzerin. Sie kreiert neue Stücke, probt viel, tritt regelmässig auf und greift ihrem schwerkranken Mann unter die Arme, damit dieser zu Hause wohnen kann. Nachts ist sie schlaflos und unterhält sich mit Love Scammern, die sich bevorzugt an ältere Frauen heranmachen und lügt diesen und manchmal auch sich selbst ein anderes Leben vor. Bis sie eine Unterhaltung mit Benu beginnt und plötzlich echter und ernsthafter ist, als sie es je einem fremden Menschen gegenüber sein wollte.

Meine Meinung:

Juno ist eine Protagonistin, mit der ich mich in vielen Lebensbereichen sehr gut identifizieren konnte und ich finde es so wichtig, mal von einer älteren Frau zu lesen, die sich tätowieren lässt, die ihren Alltag selbstständig stemmt und die eine ziemlich pragmatische und trotzdem liebevolle Beziehung mit ihrem Mann führt, der schwerkrank und immer mal wieder auf ihre Hilfe angewiesen ist. Juno ist selbstständige Künstlerin, wie ich. Sie reicht immer wieder neue Finanzierungspläne, Sponsoringdossiers und Schlussberichte ein, um sich zu finanzieren, wie ich und sie liebt den Film "Melancholia", wie ich. Anders als ich geht sie aber keinem Brotberuf nach. Sie führt ihren Alltag ohne Netz und doppelten Boden. Und in der Nacht unterhält sie sich mit Männern, welche es sich zum Ziel gemacht haben, vor allem ältere Frauen um grosse Geldbeträge zu erleichtern, sogenannten Love Scammern. Und sie dreht in diesen Gesprächen den Spiess um und spielt ihre Spielchen mit den Männern, bis diese aufgeben. Als sie aber mit Benu ins Gespräch kommt, bemerkt sie plötzlich, dass sie ihn nicht auch einfach belügen will, sondern tauscht sich länger mit ihm aus, lernt ihn kennen und lässt sich zumindest ein wenig hinter die mühsam erbaute Fassade blicken. Sie beginnt, sich Gedanken zu Abhängigkeiten, Rassismus und Fairness zu machen. Sie hinterfragt ihre Privilegien und lernt einiges über ihren neuen Gesprächspartner und seine Heimat. Und am meisten lernt sie dabei auch über sich selbst.

Schreibstil und Aufbau:
In kurzen Abschnitten, Chatverläufen und inneren Monologen lernen wir Juno und ihren Alltag kennen. Wir entdecken ihre Rastlosigkeit, begleiten sie bei harten Trainings, sehen sie verzweifelt und kämpferisch für sich und ihren Mann einstehen und nächtelang um Schlaf ringen und schliesslich aufgeben, ihre Nachrichten lesen und sich mit Benu austauschen. Sehr gekonnt lässt Hefter eigene Erfahrungen als Performancekünstlerin in diesen Roman einfliessen. Aus jeder Zeile lassen sich ihre Leidenschaft für das Leben auf der Bühne und die harte Arbeit, die dahinter steckt, erkennen. Ihr klug und kraftvoll erzählter Text liest sich stellenweise wie ein Gedicht und mutet in seinem filigranen Aufbau auch wie ein genau choreografierter Tanz an.


Meine Empfehlung:
"Hey guten Morgen, wie geht es dir?" streift pointiert aber ohne erhobenen Zeigefinger ganz unterschiedliche gesellschaftliche Themen und überzeugt mit bewegendem Inhalt aber auch sehr humorvollen Elementen. Dieses Buch wurde in meinen Augen ganz zurecht mit dem Deutschen Buchpreis 2024 ausgezeichnet und ich möchte unbedingt bald weitere Texte von Hefter lesen.

Zusätzliche Infos:
Titel:
Hey guten Morgen, wie geht es dir
Autorin: Martina Hefter lebt als Autorin und Performerin in Leipzig. Ihre Texte bewegen sich zwischen Gedicht, szenischen Schreibformen und Roman. Viele ihrer Texte setzt sie in Zusammenarbeit mit anderen Künstler*innen szenisch um. Sie veröffentlichte drei Romane und – im kookbooks-Verlag Berlin – fünf Gedichtbände. Für ihren letzten Roman, »Hey guten Morgen, wie geht es dir?«, erhielt sie 2024 den Deutschen Buchpreis.
Sprache: Deutsch
Gebunden mit Schutzumschlag: 224 Seiten
Verlag: Klett-Cotta
Erscheinungstermin: 13.07.2024
ISBN: 978-3-608-98826-0

Mär
24
2025

Kurzrezension: Lazarus

Lazarus - Aleksandar Hemon

Klappentext:
1908 wird in Chicago der junge osteuropäische Einwanderer Lazarus Averbuch vom Polizeipräsidenten aus nächster Nähe erschossen. Hundert Jahre später will der bosnisch-amerikanische Schriftsteller Brik die Wahrheit über diesen angeblichen Anarchisten ans Licht bringen. Mit seinem Freund Rora macht er sich auf den Weg in die Heimat von Lazarus. Ihre Reise wird zu einer Suche nach den eigenen Wurzeln.

Inhalt:
Vladimir Brick stösst auf die Geschichte des jungen jüdischen Einwanderers Lazarus Averbuch, der 1908 in Chicago hinterrücks von Polizisten erschossen worden ist. Beim Versuch, den Mord zu vertuschen, ist über Averbuch verbreitet worden, er sei eine Gefahr für die Demokratie gewesen. Brick möchte auf den Spuren des Mannes in die Vergangenheit reisen und nimmt seinen Freund Rora, einen in den 1990er Jahren aus dem belagerten Sarajevo geflüchteten Fotografen, auf einen sonderbaren Roadtrip mit. Auf zwei Zeitebenen erzählt Hemon, wie Rora und Brick sich in der Gegenwart von Chicago aus in den Osten Europas aufmachen und dabei alten Geschichten, Feinden und Verbündeten sowie ihren eigenen Wurzeln begegnen und wie in der Vergangenheit überlebende Freunde und Verwandte von Lazarus um ihn trauern, befragt werden und ihn vermissen.

Leseeindrücke:
Hemons Erzählungen schwanken stets zwischen Traum und Wirklichkeit, Wunsch und Realität und wie bei Roras Geschichten wird auch in Hemons Roman selten klar, was nun wirklich stimmt, und was der Fantasie des Erzählers entsprungen ist. Ganz so, wie es halt immer ist, wenn ein Bosnier eine Geschichte erzählt.
Immer wieder werden die bosnischen Comicfiguren Mujo und Suljo bemüht, immer wieder stoppen aber auch tragische und gewaltvolle Kriegserinnerungen den Erzählfluss. Zarter bis derber Humor und die Brutalität des Alltags in Krieg treffen dabei ungebremst aufeinander.
Der Einstieg in die Geschichte ist mir leicht gefallen, dann wurde diese aber leider sehr zäh und auch wenn ich mich mit vielen der historischen und politischen Hintergründe auskenne (was sich definitiv lohnt), wurde mir irgendwann alles zu theoretisch und die philosophischen Geplänkel zwischen Rora und Brick haben die eigentlich spannende Handlung zu sehr in den Hintergrund gedrängt.

Fazit:
Das Buch beinhaltet zwar immer wieder äusserst unterhaltsame Szenen, es ist gekonnt erzählt und die tragischen historischen Hintergründe, welche es thematisiert, sind wirklich spannend in die Geschichte integriert. Insgesamt war mir das alles aber ein wenig zu zäh erzählt, weshalb das Buch einen Platz in einem offenen Bücherschrank finden darf.

Zusätzliche Infos:
Titel:
Lazarus
Originaltitel: The Lazarus Project
Autor: Aleksandar Hemon wurde 1964 in Sarajevo geboren. 1992 hielt er sich im Rahmen eines Kulturaustauschs in den USA auf, als er von der Belagerung seiner Heimatstadt erfuhr. Er beschloss, im Exil zu bleiben. Seit 1995 schreibt er auf Englisch und veröffentlicht regelmäßig unter anderem in "The New Yorker", "Granta" und "The Paris Review". Sein Erzählband "Die Sache mit Bruno" erschien 2000 in acht Ländern gleichzeitig. 2002 folgte der Roman "Nowhere Man", der für den "National Book Critics Circle Award" nominiert war. Die MacArthur Foundation zeichnete Hemon 2004 mit dem "Genius Grant" aus. Spätestens seit seinem international gefeierten Roman "Lazarus", der in Deutschland auf der Shortlist des Internationalen Buchpreises 2009 stand, gehört er zu den meist beachteten Stimmen der amerikanischen Gegenwartsliteratur. 2013 erschien "Das Buch meiner Leben", wie alle Bücher des Autors in Deutschland bei Knaus. Hemon lebt mit seiner Familie in Chicago.
Sprache: Deutsch
Aus dem Amerikanischen von: Rudolf Hermstein
Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen: 352 Seiten
Verlag: (früher Albrecht Knaus Verlag München, heute gehört der Verlag zu Randomhouse) Knaus Verlag
Erschienen: 2008
ISBN: 978-3-8135-0329-6

Mär
18
2025

Rezension: Das Skalpell des Engels


Das Skalpell des Engels - Claudio Coletta

Beschreibung des Verlages:

Lorenzo Baroldi ist leitender Arzt in einem Krankenhaus in Rom. Nachdem ein junger Nigerianer auf seiner Station mit seltsamen, vorerst unerklärlichen Symptomen plötzlich stirbt und Baroldi von zwei ähnlichen Fällen aus anderen Kliniken Kenntnis bekommt, beschliesst er, der Ursache der beunruhigenden Todesfälle auf den Grund zu gehen.
Zur selben Zeit gibt der Tod eines Unbekannten, der mitten in der Stadt an einem Baukran erhängt aufgefunden wird, Rätsel auf. Baroldi vermutet eine Verbindung zu den unter mysteriösen Umständen verstorbenen jungen Migranten und bittet seinen langjährigen Freund Nario Domenicucci, einen erfahrenen Kommissar aus Genua, um Unterstützung. Immer tiefer geraten die beiden in eine komplizierte Spurensuche, die vom Asylzentrum in Rom bis in die Schweiz und deren berühmte Pharmaindustrie führt.
Claudio Coletta beleuchtet in seinem klassisch komponierten Roman noir nicht nur die Rolle von Pharmakonzernen in der medizinischen Forschung auf spannende Weise, sondern verhandelt auch damit verbundene moralisch-ethische Fragen.

Inhalt:
Der leitende Arzt eines Krankenhauses in Rom geht einem rätselhaften Todesfall in seiner Klinik nach. Ein sehr junger und vorher komplett gesunder Nigerianer ist nämlich innerhalb von kürzester Zeit und mit starken aber diffusen Symptomen verstorben. Kein Medikament hat geholfen und der Arzt vermutet zuerst einen Fehler bei sich und seinen Angestellten, weil sie den Ernst der Lage nicht schnell genug begriffen haben. Bei seinen Nachforschungen entdeckt er aber ähnlich rätselhafte Fälle in den umliegenden Krankenhäusern und zieht einen guten Freund und Kommissar aus Genua hinzu. Schnell bemerken die beiden, dass sie einen Kampf gegen Windmühlen führen und treffen auf unvorstellbare menschliche Abgründe.

Meine Meinung:
Auf diesen Krimi habe ich mich sehr gefreut, weil der Autor als Kardiologe wirklich weiss, wovon er schreibt und entsprechend detailliert und überzeugend werden medizinische Details auch in die Handlung eingearbeitet. Auch die Einblicke ins Krankenhauswesen, den Personalmangel an allen Ecken und Enden sowie die Zusammenarbeit mit der Pharmaindustrie sowie der Kampf gegen verbrecherische und unethische Machenschaften werden eindringlich und mit viel Hintergrundwissen dargestellt. Übrigens sind auch die Schauplätze sehr detailliert und gründlich recherchiert.
Dies hat mich wirklich überzeugt und ich finde, dass Coletta auch seine Figuren äusserst vielschichtig gestaltet hat. Weniger gut gefallen hat mir, dass von Anfang an klar war, worauf die Geschichte hinauslaufen würde und dass die beiden Hauptfiguren durch einige Vorurteile in ihrer Arbeit gehindert werden. Der Krimi wirkt dadurch ein wenig aus der Zeit gefallen, als würde man einen alten Brunetti lesen.
Auch finde ich, dass 100 Seiten mehr der Geschichte nicht geschadet hätten, die vielen Leerstellen haben es mir teilweise ein wenig erschwert, der Handlung zu folgen, ich brauchte oft einen Moment, um in einem neuen Kapitel anzukommen, obwohl ich sonst eigentlich keine Mühe mit komplexen Zusammenhängen habe. Das kann also sicher auch einfach Geschmacksache oder ein persönliches Leseempfinden sein.

Meine Empfehlung:
Der kleinen Kritik zum Trotz möchte ich diesen klug aufgebauten, eindringlich erzählten Krimi mit seiner gesellschaftskritischen und tragischen Handlung sehr, sehr gerne empfehlen und hoffe, dass dieses Buch noch ganz viel Aufmerksamkeit bekommt.

Zusätzliche Infos:
Titel:
Das Skalpell des Engels
Originaltitel: Il taglio dell'angelo
Autor: Claudio Coletta, geboren 1952, ist Kardiologe und Dozent an der Universität La Sapienza in Rom. 2007 war er Mitglied der internationalen Jury des Filmfests Rom. 2011 veröffentlichte er seinen ersten Roman, Viale del Policlinico, für den er mit dem Premio Raffaele Crovi ausgezeichnet wurde. In der Folge publizierte er fünf weitere Romane und zwei Kurzgeschichten.
Sprache: Deutsch
Aus dem Italienischen von: Marina Galli
Softcover: 238 Seiten
Verlag: Lenos
Erschienen: 18. Juni 2024
ISBN: 978-3-03925-036-3

Mär
16
2025

Rezension: Spätsommerliebe

Spätsommerliebe - Petra Durst-Benning

Die Maierhofen-Reihe
1. Kräuter der Provinz
2. Das Weihnachtsdorf
3. Die Blütensammlerin
4. Spätsommerliebe

Beschreibung des Verlages:
Im Genießerdorf blühte im letzten Sommer nicht nur das Geschäft, sondern auch die Liebe. Magdalena und Christine sind glücklich, doch der Alltag holt sie schnell ein. Der Gastwirt Apostoles bringt Feuer in Magdalenas Leben, aber sie ist von den neuen chaotischen griechischen Verhältnissen überfordert. Auch Christine kann sich nur schwer auf Reinhards Fürsorge einlassen und ihre alten Muster aufgeben. Als sich dann eine Autorin von Liebesromanen in ihre Pension einmietet, knistert regelrecht die Luft in Maierhofen. Sich zu verlieben ist einfach – aber wird es den Maierhofen-Frauen gelingen, ihre Gefühle in den Spätsommer hinüberzuretten?

Inhalt:
Der letzte Band der Maierhofen-Reihe setzt dort an, wo viele andere Liebesromane aufhören; beim Happy End. Im dritten Band haben ganz viele glückliche Paare zusammengefunden, im vierten Band geht der Alltag los, der nicht immer eitel Sonnenschein ist, von der Arbeit und den vielen Verpflichtungen im Geniesserdorf unterbrochen und teilweise überschattet wird und es den Paaren nicht immer einfach macht, ihre Beziehung zu pflegen.

Meine Meinung:
Grundsätzlich hat mir dieser vierte und letzte Band der Reihe sehr schöne Lesestunden beschert und ausserdem haben die wunderbaren Beschreibungen der kulinarischen Genüsse und die vielen Rezepte (wenn auch ich 45 Seiten Rezepte nach knapp 280 Seiten Roman als eher viel empfinde) im Anhang die Geschichte wunderschön abgerundet.
Ein paar andere Dinge haben mich aber leider gestört. Es sind die anpackenden, klugen Frauen von Maierhofen, welche das verschlafene Dörfchen ganz gross gemacht und in unzähligen Stunden (teilweise unbezahlter) Arbeit ihre Betriebe zum Laufen gebracht und das Kräuter der Provinz-Festival ins Leben gerufen haben. Es sind die Frauen, welche die Geschicke des Dorfes leiten, sich in ihren wenigen freien Stunden für die Nachbarschaft aufopfern und natürlich sind es auch die Frauen, welche von ihren Partnern dafür kritisiert werden, keine Kapazität mehr für ihre Männer zu haben und sich nicht mehr dem süssen Nichtstun hingeben zu können..
Immer mal wieder wird zwar die Arbeit dieser Frauen geschätzt und grundsätzlich gefällt es mir auch, dass die Kraft dieser Frauengemeinschaft so oft im Zentrum steht und ausgerechnet in der Zusammenarbeit mit der jungen Autorin Michelle auch mit vielen überalterten Klischees aufgeräumt wird. Dass ein Vater aber seine eigenen Kinder nicht "babysitten" kann, weil er halt arbeitet (seine Frau ja nicht und "babysitten"? die eigenen Kinder? ich muss doch sehr bitten), dass ein Mann es schafft, seiner Frau nur im Weg zu stehen, ihre Arbeit permanent zu sabotieren und dass es dann doch sie es ist, die nach einem Konflikt um Verzeihung bitten muss, weil sie ja so "übertrieben hat" und dass sich lediglich Frauen um Dekoration und nicht mehr mobile Menschen in der Nachbarschaft kümmern, das sind Bilder und Umschreibungen, die heutzutage definitiv nicht mehr in eine Geschichte gehören, Romantik und Wohlfühlroman hin oder her.

Fazit:
Es ist gut, dass diese Reihe nun ein Ende gefunden hat. So schön es in Maierhofen auch ist und so sehr ich mich jeweils auf ein Wiedersehen mit den sehr liebgewonnenen Figuren gefreut habe, so sehr habe ich die Gemütlichkeit aus dem ersten und zweiten Band vermisst und stattdessen viel Hin und Her und leider auch viele Klischees angetroffen. Trotzdem haben mich das Buch und die ganze Reihe sehr gut unterhalten.

Zusätzliche Infos:
Titel: Spätsommerliebe
Autorin: Petra Durst-Benning wurde 1965 in Baden-Württemberg geboren. Seit über zwanzig Jahren schreibt sie historische und zeitgenössische Romane. Fast all ihre Bücher sind SPIEGEL-Bestseller und wurden in verschiedene Sprachen übersetzt. In Amerika ist Petra Durst-Benning ebenfalls eine gefeierte Bestsellerautorin. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Hunden südlich von Stuttgart auf dem Land.
Taschenbuch, Broschur: 320 Seiten
Sprache: Deutsch
Verlag: Blanvalet
Erschienen: 16.07.2018
ISBN: 978-3-7341-0637-8

Mär
13
2025

Rezension: Wolf

Wolf - Saša Stanišić

Klappentext (zur Beschreibung des Verlages geht es hier, aber die enthält massive Spoiler)

Ein Ferienlager im Wald. Willkommen zu Mücken und Wanderstöcken, zu Stockbetten und Kletterbäumen! Willkommen am Lagerfeuer! Willkommen zur Folienkartoffel, der traurigsten Kartoffel der Welt! Willkommen in der Gruppe! Alle können Teil der Gruppe sein, oder? Obwohl jeder für sich unterschiedlich und anders ist. "Was, wenn es aber einen gibt, der von den anderen noch mal andersiger gemacht wird? Einen, der überall unwillkommen ist? Sorry, mir fallen nur erfundene Wötert ein."

Inhalt:
Der Protagonist dieser Geschichte muss die Ferien in einem Ferienlager verbringen, obwohl er dies überhaupt nicht will. Gemeinsam mit anderen Jugendlichen, die er aus seiner Schule kennt sowie natürlich einigen Betreuungspersonen verbringt er eine gefühlt unendlich lange Zeit mitten in einem Wald. Er teilt sich das Zimmer mit Jörg, dem begeisterten Wanderer, der immer von Moritz gepiesackt wird. Als sich diesem mehr und mehr Jugendliche anschliessen und die Situation droht, ausser Kontrolle zu geraten, begegnet unser Protagonist in seinen Träumen einem Wolf, der all das Ungesagte verkörpert und ihm zur Seite steht.

Meine Meinung:
Mit riesiger Vorfreude habe ich mich in dieses Abenteuer gestürzt und unseren Protagonisten sooo gut verstanden. Die meisten Aktivitäten, welche dieses sehr kunterbunt zusammengewürfelte Leitungsteam des Ferienlagers zusammengestellt hat, hätten mich nämlich auch abgeschreckt. Von den Duschen ganz zu schweigen... Und ja, auch ich hätte mitten im Wald ausgerechnet Salat vermisst und mich mit dem Koch angefreundet. Dieser scheint so oder so der einzige Erwachsene zu sein, der den Durchblick hat. Alle anderen sprechen lediglich davon, dass die Kinder "ihre Konflikte selber lösen sollen" und vergessen dabei, dass nur ein sehr schmaler Grat zwischen anders sein und anders gemacht werden, zwischen harmlosen Neckerein und Mobbing verläuft. Doch unser Protagonist versteht, dass etwas schief läuft und ähnlich wie das Monster in "Sieben Minuten nach Mitternacht" von Patrick Ness und Siobhan Dowd steht auch der Wolf in seinen Träumen für alles, was er nicht in Worte fassen kann. Für Ängste und Wut und auch für den Mut, für sich und andere einzustehen.

Schreibstil und Gestaltung:
Stanišić kann einfach schreiben und er kann sich in alle möglichen Menschen hineinversetzen und in Worte fassen, was diese fühlen. Mit seinem charakteristischen feinsinnigen Humor aber auch der nötigen Intensität erzählt er diese wichtige Geschichte und lässt dabei sogar einen Hirsch zu Wort kommen (und der Hirsch hat übrigens eine eigene Mailadresse). Das Buch ist so aufgebaut und gestaltet, dass es sich ideal als Schullelktüre eignet, zum Diskutieren und Weiterdenken anregt und durch die wunderbaren Illustrationen von Regina Kehn noch eine zusätzliche Tiefe gewinnt.

Meine Empfehlung:
Ich musste mich beim Lesen zum Pausieren zwingen, damit ich länger etwas von der Geschichte hatte und bin nach der Lektüre absolut begeistert. Lest dieses Buch, lest es mit den Kindern in eurem Umfeld oder lest es ihnen gleich vor, damit ihr den Inhalt direkt miteinander besprechen könnt.

Zusätzliche Infos:
Titel:
Wolf
Autor: Saša Stanišić wurde 1978 in Jugoslawien geboren und lebt seit 1992 in Deutschland. Seine Bücher wurden in über dreißig Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet. Jajaja, aber was heißt das schon? Preiselbeeren sind leckerer als Preise. Außerdem waren das Erwachsenenbücher. Was zählt, ist für Kinder. Stanišić schläft und arbeitet in Hamburg. Er kann (schlecht) Gitarre spielen.
Illustratorin: Regina Kehn wurde 1962 in Hamburg geboren und studierte an der Fachhochschule für Gestaltung in Hamburg Illustration. Seit 1988 ist sie als freiberufliche Illustratorin für verschiedene Verlage und Zeitschriften tätig und wurde für ihre Arbeit mehrfach ausgezeichnet. Sie lebt mit ihrer Familie in Hamburg.
Sprache: Deutsch
Taschenbuch: 192 Seiten
Verlag: Carlsen
Erscheinungstermin (Taschenbuchausgabe):