Rezension: Die Unbezwingbare

Die Unbezwingbare - Katja Kettu

Beschreibung des Verlages:
Zwischen Traum und Wirklichkeit, wild und zugleich poetisch erzählt
Jahrzehnte nach dem Verschwinden ihrer Mutter Rose kehrt Lempi in das Reservat in Minnesota zurück, in dem sie aufgewachsen ist. Ihr Vater Ettu hat zum wiederholten Mal Rose bei der Polizei als vermisst gemeldet – dieses Mal berichtet er aber zusätzlich von einem verschwundenen blonden Mädchen. Lempi, halb Finnin, halb Ojibwe, kämpft seit jeher mit dem Konflikt ihrer Identität: Im Reservat gilt sie als zu weiß, außerhalb ist sie nicht weiß genug. Zurück im Reservat sieht sie sich sofort mit den alten Vorurteilen konfrontiert und einer Gesellschaft, die Verbrechen gegen indigene Frauen systematisch totschweigt. Unbeirrt macht sie sich trotzdem daran herauszufinden, was mit dem blonden Mädchen passiert ist, und begibt sich auf Spurensuche in die Vergangenheit. Dabei offenbart sie ein Mosaik ihres Lebens bestehend aus Gewalt und Missbrauch, Spiritualität, Begehren, tief empfundener Liebe und dem Kampf um Emanzipation.

Inhalt:
Die Ich-Erzählerin Lempi ist  die Tochter des finnischen Immigranten Ettu und der dem Ojibawe-Stamm angehörigen Rose. Sie erzählt die Geschichte vom Verschwinden ihrer Mutter, die zugleich die Geschichte der systematischen Unterdrückung, Vergewaltigung, Zwangsprostitution und -sterilisierung zahlreicher weiterer junger Frauen und Mädchen ist. Briefe, die Rose in den 1970er Jahren unmittelbar vor ihrem Verschwinden verfasst hat, wechseln sich dabei mit Lempis Erinnerungen aus dem Jahr 2018 ab. Lempi und Rose stehen stellvertretend für zahlreiche in Reservaten lebende Frauen und Mädchen und haben von Katja Kettu eine Stimme bekommen. Diese Stimme, die ihnen von behördlicher Seite aus genommen und auch von Historiker:innen jahrzehntelang mundtot gemacht und ignoriert worden ist.

Es gab ein ganzes System von Internaten, in denen man indigene Kinder prügelte, damit sie ihre Sprache und Kultur aufgaben. Sie wurden missbraucht und getötet – und niemand schreibt über sie. Ich wollte ihnen eine Stimme geben. Meine Stimme.
- Katja Kettu in einem Interview mit dem Ecco Verlag -

Meine Meinung:
Weil ich erst gerade "Wildauge" von Katja Kettu gelesen habe, wollte ich unbedingt weitere Bücher dieser überzeugenden Autorin lesen und wurde von "Die Unbezwingbare" nicht enttäuscht. Das im neuen Ecco Verlag erschienene Buch hat mir sogar noch besser gefallen, als "Wildauge". Einmal mehr hat es die Autorin geschafft, mich mit ihrer wortgewaltigen, kraftvollen und ungezähmten Sprache für sich einzunehmen und mir dabei eine grausame und zugleich packende Geschichte zu erzählen, die definitiv erzählt und verbreitet werden muss.

Erzählsprache:
Entgegen einiger anderer Leser:innen hatte ich nicht das Gefühl, dass dieses Buch verwirrend oder unübersichtlich erzählt ist, die Kapitelüberschriften ordnen nämlich ganz klar ein, in welchem Jahr man sich gerade befindet. Auch hat mich nicht gestört, dass die direkte Rede nicht gekennzeichnet ist und dass Traum und Wirklichkeit stets ein wenig verschwimmen. Dies macht den einzigartigen Erzählstil der Autorin schliesslich aus und sie schafft es, ihre Geschichte unendlich dicht und trotzdem durchlässig zu weben und das Leben der indigenen Bevölkerung sowie die Geschichte hinter dem Verschwinden der Mädchen und Frauen bewegend zu erzählen.

Meine Empfehlung:
Dieses Buch lege ich euch ausdrücklich ans Herz. Aber bitte seid euch bewusst, dass es heftige Themen beinhaltet und deshalb unter Umständen triggernd sein kann. Die unglaublich intensive Sprache und die wissenswerte Aufklärungsarbeit, welche Katja Kettu damit leistet, lassen aber gerne zum Buch greifen und nach wenigen Sätzen entsteht ein Sog, der nicht mehr loslässt.

Zusätzliche Infos:
Titel:
Die Unbezwingbare
Originaltitel: Rose on poissa
Autorin: Katja Kettu zählt zu den wichtigsten Autorinnen Finnlands. 1978 in Rovaniemi im Norden des Landes geboren, schloss sie 2001 ihr Studium an der Kunstakademie ab. Ihr literarischer Durchbruch gelang ihr 2011 mit dem mehrfach preisgekrönten Roman Wildauge, der in Finnland wochenlang auf Platz 1 der Bestsellerliste stand, in 20 Sprachen übersetzt und verfilmt wurde.
Sprache: Deutsch
Aus dem Finnischen von: Angela Plöger
Gebunden mit Lesebändchen: 336 Seiten
Verlag: Ecco Verlag
Erscheinungstermin: 23. März 2021
ISBN: 978-3-7530-0001-5

4 Kommentare:

  1. Hallo liebe Livia,
    du hast mich jetzt definitiv neugierig auf das Buch gemacht. Schwierige Themen schrecken mich nicht ab. Ich bin auch sehr neugierig auf den Schreibstil der Autorin geworden. Du schreibst, dass die direkte Rede nicht gekennzeichnet ist und dass Traum und Wirklichkeit stets ein wenig verschwimmen. Ich kann mir vorstellen, dass das nicht jedermanns Sache ist. Aber gerade solche schriftstellerische "Spielereien" können mich manchmal auch sehr begeistern. Ich werde mir das Buch mal auf die Merkliste setzen.

    Vielen Dank für diese interessante Buchvorstellung.

    Ich wünsche dir einen wundervollen Start ins Wochenende.

    Ganz liebe Grüße
    Tanja :o)

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    1. Liebe Tanja

      Dann ist das Buch auf jeden Fall etwas für dich und mir persönlich hat es sogar noch besser gefallen, als das viel gelobte "Wildauge". Ich habe irgendwie auch schneller ins Buch gefunden... Manchmal ist das einfach so.

      Alles Liebe an dich und ich hoffe, dass du das Buch bald lesen und auch lieben wirst
      Livia

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  2. Liebe Livia,

    jetzt bin ich wirklich neugierig auf das Buch!
    überhaupt finde ich die Bücher im Ecco Verlag sehr gut, die machen irgendwie alle Lust aufs lesen! Dieses hier werde ich mir auf jeden Fall vormerken!

    Liebe Grüße Anett

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    1. Liebe Anett

      Ja, aus dem Verlag möchte ich auch noch ganz viele Bücher lesen, die machen alle total neugierig. "Die Unbezwingbare" lohnt sich wirklich total, ich empfehle es dir sehr.

      Ganz liebe Grüsse
      Livia

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