Rezension: Mängelexemplar

Mängelexemplar - Sarah Kuttner

Beschreibung des Verlages:
»Die Psyche ist so viel komplizierter als eine schöne glatte Fraktur des Schädels.«
Karo lebt schnell und flexibel. Sie ist das Musterexemplar unserer Zeit: intelligent, selbstironisch und liebenswert. Als sie ihren Job verliert, ein paar falsche Freunde aussortiert und mutig ihre feige Beziehung beendet, verliert sie auf einmal den Boden unter den Füßen. Plötzlich ist die Angst da. Als auch die cleversten Selbsttäuschungen nicht mehr helfen, tritt sie verzweifelt und mit wütendem Humor ihrer Depression entgegen.
Dem Wahnwitz unserer Gegenwart gibt Sarah Kuttner eine Stimme. Lustig und tieftraurig, radikal und leidenschaftlich erzählt sie von dem der Verlorenheit, die manches Leben heute aushalten muss.

Inhalt:
Karo hat schon einige Schicksalsschläge hinter sich, steckt in einer unglücklichen Beziehung fest und verliert ihren Job. Ihre Trauer und Angst lähmen sie und sie beginnt, ihr Leben zu sortieren, sich Hilfe zu holen und sich von Dingen und Menschen, welche sie unglücklich machen, zu trennen. Zur Angst kommen Panikattacken hinzu und Karo realisiert, dass die Psyche nicht eine Wohnung ist, die man einfach abstauben und umräumen kann und schon ist alles wieder gut. Um tiefe und alte Wunden heilen zu lassen, braucht es mehr Zeit und Unterstützung, als sie erwartet hat. Und auf diesem Weg begleiten wir sie ein Stück.

Meine Meinung:
So gut und spannend dieses Buch auch klingt und so wichtig es auch ist, über psychische Erkrankungen zu lesen, sprechen und schreiben, so unpassend erscheint mir "Mängelexemplar" als Grundlage für den Austausch über dieses wichtige Thema. Das Buch war mir zu brav, zu oberflächlich, zu stereotyp und ein wenig zu gewollt provokativ. Der Stil erinnert sehr stark an eine Mischung aus "Axolotl Roadkill" und "Drüberleben". Einerseits gewollt überspitzt, was die Schilderungen der psychischen Erkrankung anbelangt und andererseits gekünstelt intellektuell, wenn es um den sprachlichen Ausdruck geht. Radikal war das nicht, eher ermüdend. Als tieftraurig und leidenschaftlich habe ich "Mängelexemplar" ebenfalls nicht erlebt, eher ähnlich brav wie "Schäfchen im Trockenen". Es stört mich sehr, dass dieser Schreibstil anscheinend ein Merkmal für zeitgenössische Literatur vor allem von Frauen sein soll (HIER finden sich Hinweise darauf in den Pressestimmen) und ich frage mich wirklich, ob es die Idee sein soll, dass man in der zeitgenössischen, Missstände anprangernden Literatur (vor allem als Frau) über ernste, anspruchsvolle Themen nur noch gewollt provokativ, ein wenig derb aber trotzdem gerade noch brav genug, dass sich niemand auf den Schlips getreten fühlt, schreiben darf. Wenn jemand Wut und Schmerz ausdrücken will, soll diese Person doch wütend und schmerzvoll schreiben. Gerne düster, brutal, heftig, aber - wenn es der Person besser entspricht - auch melancholisch, leise und zart. Dieser nichtssagenden Einheitsbrei, bei dem irgendwie jedes Buch, zu dem ich aktuell greife, ähnlich klingt, ist mir leider zu undifferenziert, was schade ist, weil so Themen, die mehr Aufmerksamkeit erhalten sollten oder auch Autor*innen, welche gelesen werden sollten, in der Masse untergehen. 

Mein Fazit:
Das Buch kommt in den offenen Bücherschrank, weil ich mir sicher bin, dass es jemand anderem viel besser gefallen wird als mir. Es ist nicht schlecht geschrieben, es ist nicht langweilig, aber es ist ein wenig nichtssagenden, was schade ist, weil das sehr viel Potenzial auf der Strecke geblieben ist.

Zusätzliche Infos:
Titel: Mängelexemplar
Autorin: Sarah Kuttner wurde 1979 in Berlin geboren und arbeitet als Moderatorin. Sie wurde mit ihren Sendungen »Sarah Kuttner – Die Show« (VIVA) und »Kuttner.« (MTV) bekannt und arbeitete mehrfach für die ARD. Bei zdf.neo hat sie das Großstadtmagazin »Bambule« und die Talkshow »Kuttner plus Zwei« moderiert. Seit 2016 produziert und moderiert sie die monatliche Veranstaltungsreihe »Kuttners schöne Nerdnacht« und seit 2017 moderiert sie gemeinsam mit Stefan Niggemeier den Podcast »Das kleine Fernsehballett« auf Deezer. Ihre Kolumnen für die Süddeutsche Zeitung und den Musikexpress wurden im Fischer Taschenbuch Verlag veröffentlicht. Ihr erster Roman »Mängelexemplar« erschien 2009 und stand wochenlang auf der Bestsellerliste. Danach erschienen die Romane »Wachstumsschmerz« (2011), »180 Grad Meer« (2015) und »Kurt« (2019). Sarah Kuttner lebt in Berlin.
Sprache: Deutsch
Taschenbuch: 320 Seiten
Erschienen am: 19.01.2012
ISBN: 978-3-596-51189-1

2 Kommentare:

  1. Ach ja, dieses Buch... Ich hatte es mir mal vor ein paar Jahren aus der Bibliothek ausgeliehen und da wurde es mir auch wärmstens empfohlen. Allerdings wurde ich wie du nicht warm mit der Geschichte. Schlussendlich habe ich es ungelesen wieder zurück gebracht.

    Grüessli, Daniela

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    1. Liebe Daniela

      Wie spannend, das Thema wäre doch so wichtig... Aber ich habe beim Stöbern ein paar durchwachsene Rezensionen gelesen, was natürlich total schade ist.
      So kann es halt manchmal gehen. Sicher wird sonst jemand Freude am Buch haben.

      Ganz liebe Grüsse
      Livia

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