Rezension: Die nicht sterben

Die nicht sterben - Dana Gricorcea

Beschreibung des Verlages:

Nominiert für den Deutschen Buchpreis 2021, ausgezeichnet mit dem Schweizer Buchpreis 2022!
»Ihre Prosa ist wie mit dicken Pinselstrichen gemalt, draufgängerisch, genüsslich, üppig und humorvoll.« Anne-Catherine Simon, Die Presse

B. ist eine kleine Stadt in den Bergen, an der Grenze zu Transsilvanien. Eine junge, in Paris ausgebildete Künstlerin verbringt hier ihre Sommerferien in der Villa ihrer Großtante. Sie liebt die Natur, die bukolische Landschaft und das einfache Leben der Einheimischen. Was sie lange Zeit nicht wahrhaben will, sind die sozialen Abgründe, die Perspektivlosigkeit und die Verzweiflung ihrer Freunde. Das Unheil aber kommt mit dem Fund einer Leiche – übel zugerichtet vom Fürsten der Finsternis.
Schaurig, tiefgründig, archaisch: Ein atemberaubend atmosphärischer Roman über Rache und Extremismus und die Sehnsucht nach der starken Hand, nach einem gestrengen, grausamen Richter – wie Dracula.

Inhalt:
Die namenlose Protagonistin, eine junge Künstlerin, kehrt über die Sommermonate nach B. zurück und begegnet in der Villa ihrer Grosstante ihrer Familiengeschichte und der Geschichte ihrer Heimat ganz neu. Kritisch setzt sie sich damit auseinander und kommt dabei immer wieder in Versuchung, einem heimlichen, ungezähmten Verlangen nachzugeben. Dieser Roman steckt voller Metaphern, Gesellschaftskritik und Geschichte. Wenn man sich darauf einlässt und mit detaillierten Schilderungen von Pfählungen umgehen kann, wird man mit einem beeindruckenden Hin und Her zwischen Traum und Wirklichkeit belohnt.

Meine Meinung:
Auf diese Geschichte muss man sich ein wenig einlassen, aber eine gute Freundin von mir kommt aus Rumänien, weshalb ich schnell auf "vertrautes" Terrain gestossen bin. Ihre Geschichten über ihre Heimat decken sich nämlich sehr mit Grigorceas Schilderungen. Korruption, resp. Erfindungsreichtum, wenn es um die Dehnbarkeit von Gesetzen geht, Armut, Ungleichbehandlungen sowie ein tief verankerter Konservativismus und Aberglaube beherrschen und beschäftigen die Menschen des Dorfes B. Als für eine Beerdigung ein Familiengrab geöffnet wird, dabei eine unschön zugerichtete Leiche zum Vorschein kommt und dieser Fund überregionales Aufsehen erregt, zeigt sich, wie tief Vorurteile und Machtmissbrauch in der Gesellschaft verankert wird. Die Protagonistin ist es letztendlich, welche am schonungslosesten mit dieser bitteren Realität konfrontiert wird und die der bis in die Neuzeit reichenden Ausstrahlung von Vlad (Dracula) dem Pfähler am nächsten kommt.
Genau dieser Dracula und die vermutete (und angekündigte) Vampirgeschichte ist leider nicht so spannend und gruselig, wie erwartet. So sehr die gesellschaftlichen Abgründe und Schilderungen der Pfählungen aufwühlen, so wenig hat mich der Fürst der Finsternis beeindrucken können, was leider sehr schade ist.

Meine Empfehlung:
Bildgewaltig, manchmal brutal und immer wieder sehr unterhaltsam? Auf jeden Fall. So richtig gruselig wird es aber nie und die zwar gekonnt zwischen Traum und Wirklichkeit verschwimmende Vampirthematik hat mir leider insgesamt zu wenig Hand und Fuss (respektive Biss ;-) ). Dennoch empfinde ich das Buch als sehr lesenswert und empfehle es gerne weiter.

Zusätzliche Infos:
Titel:
Die nicht sterben
Autorin: Dana Grigorcea wurde 1979 in Bukarest geboren, sie studierte Germanistik und Nederlandistik und lebt seit vielen Jahren mit ihrer Familie in Zürich. Die Werke der rumänisch-schweizerischen Schriftstellerin, etwa der Roman »Das primäre Gefühl der Schuldlosigkeit« und die Novelle »Die Dame mit dem maghrebinischen Hündchen«, wurden in mehrere Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem 3sat-Preis beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb. Ihr Roman »Die nicht sterben« wurde 2021 für den Deutschen Buchpreis nominiert und 2022 mit dem Schweizer Literaturpreis ausgezeichnet.
Sprache: Deutsch
Taschenbuch: 272 Seiten
Verlag: Penguin Verlag
Erschienen am: 10. August 2022
ISBN: 978-3-328-10853-5

4 Kommentare:

  1. Hallo Livia

    Schön, dass du durch einen persönlichen Bezug in die Geschichte hineingefunden hast. Solche Erfahrungen kenne ich aus anderen Büchern auch.

    Schade, dass das Buch nicht so gruselig wird, wie man bei dem Thema erwarten würde, aber dir scheint das Buch ja dennoch gefallen zu haben. :)

    Liebe Grüsse
    Mel

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    1. Hey liebe Mel

      Ja, das stimmt auf jeden Fall. So findet man einen ganz anderen Zugang zu einer Geschichte und den Figuren.

      Genau, das Buch hat mir gefallen, es wird aber leider kein Herzensbuch werden. Die Autorin werde ich aber auf jeden Fall weiterverfolgen. Ihr Erzählstil gefällt mir sehr.

      Alles Liebe an dich
      Livia

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  2. Liebe Livia,
    das klingt trotz allem sehr spannend und interessant. Muss ich mir gleich mal merken.
    Liebe Grüße
    Anett

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    1. Liebe Anett

      Das stimmt, das Buch ist wirklich sehr interessant und die Idee finde ich sehr gelungen. Die Umsetzung hat mich nicht ganz überzeugt, aber das Buch hat immer noch sehr gut abgeschnitten.

      Alles Liebe
      Livia

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