Rezension: Tschick

 
Tschick - Wolfgang Herrndorf

Beschreibung des Verlages:
"Ein klappriges Auto kam die Straße runtergefahren. Es fuhr langsam auf unser Haus zu und bog in die Garagenauffahrt ein. Eine Minute stand der hellblaue Lada Niva mit laufendem Motor vor unserer Garage, dann wurde der Motor abgestellt. Die Fahrertür ging auf, Tschick stieg aus. Er legte beide Ellenbogen aufs Autodach und sah zu, wie ich den Rasen sprengte. ‹Ah›, sagte er, und dann sagte er lange nichts mehr. ‹Macht das Spaß?›"
Mutter in der Entzugsklinik, Vater mit Assistentin auf Geschäftsreise: Maik Klingenberg wird die großen Ferien allein am Pool der elterlichen Villa verbringen. Doch dann kreuzt Tschick auf. Tschick, eigentlich Andrej Tschichatschow, kommt aus einem der Asi-Hochhäuser in Hellersdorf, hat es von der Förderschule irgendwie bis aufs Gymnasium geschafft und wirkt doch nicht gerade wie das Musterbeispiel der Integration. Außerdem hat er einen geklauten Wagen zur Hand. Und damit beginnt eine Reise ohne Karte und Kompass durch die sommerglühende deutsche Provinz, unvergesslich wie die Flussfahrt von Tom Sawyer und Huck Finn.

Meine Meinung:
Endlich, endlich habe ich gestern Abend zu diesem Buch gegriffen und es innerhalb von wenigen Stunden beendet. Wenn ich in diesem Tempo weiterlese, werden meine SuB-Ziele 2018 doch noch erfüllt. Aber zurück zu "Tschick" und der grandiosen Geschichte, die sich auf so wenigen Seiten verbirgt. Ich kann kaum in Worte fassen, was "Tschick" alles ist, denn nur schon vom Genre her lässt sich das Buch kaum verordnen. Ja, es ist ein Jugendbuch, aber ja, alle Menschen können es lesen. Vor allem auch Erwachsene. Und ja, eigentlich dreht sich alles um einen Roadtrip. Aber "Tschick" handelt vom Erwachsenwerden, von einer grossen Freundschaft, von zerrütteten Familien, Liebe und einem Sommer, der nicht nur in Maik Klingenbergs Erinnerung bleiben wird, sondern  uns alle, die wir Maik und Tschick auf ihre abenteuerliche Reise begleiten, nicht mehr loslässt.
Wie kann man Tschick nicht lieben? Wie kann man nicht mitträumen, mitleiden und den Kopf über die nur angedeuteten schwierigen Verhältnisse seiner (und Maiks) Familie schütteln? Dieses Buch ist so traurig und zugleich so lebensfroh und echt und es thematisiert den Wunsch, Fühlen, Leben und Lieben zu wollen und dies wenn nötig auch durch Schmerz und Angst. Denn was ist schlimmer als die eigene Realität, das Langweilerdasein oder die Eltern, die gerade wirklich nur mit ihren eigenen Sorgen beschäftigt sind? Das Unbekannte ist ein Versprechen, die Gefahr eine Herausforderung und dieser Sommer verspricht, der beste Sommer in ihrem jungen Leben zu werden, also machen sich Maik und Tschick auf eine abenteuerliche Reise, die vor allem zu einem führt: dass ihre Freundschaft unzerbrechlich wird.

Schreibstil und Handlung:
Am liebsten wäre ich noch viel länger durch eine Wirklichkeit gereist, die sämtliche Alltagssorgen wie Eltern, die Schule und Herzschmerz ganz klein werden lässt und die von der Suche nach der richtigen Himmelsrichtung, einer eher unbefahrenen Kleinstrasse und etwas Essbarem dominiert wird. Eine heilige Scheinwelt also, die unseren Protagonisten ein wenig Aufschub vor unangenehmen Realitäten und dem endgültigen Schritt ins Erwachsenenleben bietet.
Wolfgang Herrndorf ist dabei vor allem sprachlich gelungen, dass Maik nicht einfach nur spricht, sondern direkt zu uns spricht, mitten in unser Herz. Dies liegt selbstverständlich nicht nur an der Ich-Erzählung, sondern vor allem an den typischen Sorgen, Ängsten und verrückten Ideen, welche Maik und Tschick so typisch pubertär und gleichzeitig bereits sehr reif und erwachsen wirken lassen. Und das sind sie ja eigentlich auch und auch wenn Maik und Tschick auf den ersten Blick sehr verschieden wirken - Maik aus reichem Hause, ein guter Schüler, still und unauffällig und Tschick aus einer "Asi-Familie", betrunken im Unterricht, was sich natürlich auf seine Schulleistungen auswirkt, eingewandert und scheinbar älter, als sein Jahrgang - gleichen sich die beiden Jungs doch eigentlich sehr stark. Verwahrlosung und Armut äussern sich nämlich nicht nur finanziell und indem man die Wohnhäuser und das familiäre Umfeld vergleicht. Auch hat Intelligenz weder zwingend etwas mit Schulleistungen zu tun, noch zeigt sich Einsamkeit bei allen gleich. Und so erstaunt es nicht, dass Maik zwar anfangs zögert, aber dann über sich selber hinauswächst, als Tschick plötzlich mit einem "geliehenen" Lada vor seiner Haustür steht. Und was dann geschieht wirkt so erfunden, dass es sich eigentlich nur so zugetragen haben kann.

Meine Empfehlung:
Wird aus dieser Rezension ersichtlich, wie sehr ich "Tschick" geliebt habe? Ich bin mir nicht sicher, da nach wie vor Worte fehlen... Aber deshalb: lest bitte dieses Buch. Verschenkt es euren Kindern, Nichten und Neffen, Enkeln, Patenkindern und auch allen Erwachsenen, die gerne wieder ein wenig mehr Zeit mit ihren Träumen und Wünschen, ihren besten Freunden und ihrem inneren Kind verbringen dürfen.

Zusätzliche Infos:
Titel: Tschick
Autor: Wolfgang Herrndorf, 1965 in Hamburg geboren und 2013 in Berlin gestorben, hat ursprünglich Malerei studiert. 2002 erschien sein Debütroman "In Plüschgewittern", 2007 der Erzählband "Diesseits des Van-Allen-Gürtels". Es folgten die Romane "Tschick" (2010), mittlerweile in sechsunddreißig Sprachen übersetzt, "Sand" (2011), ausgezeichnet mit dem Preis der Leipziger Buchmesse, sowie posthum das Tagebuch "Arbeit und Struktur" (2013) und der unvollendete Roman "Bilder deiner großen Liebe" (2014).
Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen: 256 Seiten
Sprache: Deutsch
Erscheinungstermin: 17.09.2010
ISBN: 978-3-87134-710-8

5 Kommentare:

  1. Liebe Livia,
    deine Begeisterungn kann man richtig fühlen! =) Schön, dass es dir auch so gut gefallen hat!
    Alles Liebe
    Martina

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    1. Liebe Martina

      Das freut mich sehr :-) Ja, es hat mir wirklich sehr gut gefallen und ich kann es kaum erwarten, weitere Bücher von Wolfgang Herrndorf zu lesen.

      Dir auch alles Liebe
      Livia

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  2. Hallo nochmal :D

    Na bei diesem Buch sind wir dafür gänzlich einer Meinung :D Ich finde es schlichtweg grandios und habe mich ungeheuerlich gut dabei amüsiert, insbesondere bei der Szene wo die beiden im Auto mitgenommen werden und Tschick die Atemübungen machen musste. Einfach köstlich!

    Liebe Grüße :D

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  3. Hallo Livia,

    es freut mich, dass dir Tschick so gut gefallen hat :)

    Ich mochte Maik und Tschick zwar, aber inhaltlich fand ich es leider eher langweilig.
    Wahrscheinlich lag das aber auch daran, dass ich generell nicht so der Fan von Roadtrips bin.

    Den Trailer des Films fand ich dafür aber sehr unterhaltsam, weshalb ich den unbedingt noch anschauen möchte.

    Liebe Grüße
    Julia

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