Zahra - Das Leben meiner Tochter

Dieses Buch wurde mir vom elfundzehn Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Dafür möchte ich mich von Herzen bedanken.

Zahra - Das Leben meiner Tochter - Adelheid Schär

Beschreibung:
Zahra wurde im März 1986 geboren. Mit zwei Monaten erlitt sie bei einem Narkosezwischenfall eine schwere Hirnverletzung. Ihr ganzer Körper blieb gelähmt, und das Erlernen der gesprochenen Sprache war dem Kind nicht mehr möglich. Trotzdem besuchte Zahra die Grundschule und schaffte den Eintritt ins Gymnasium. Mit 16 Jahren starb sie an einer Grippe. Ihre mit Hilfe der gestützten Kommunikation überlieferten Texte bezeugen, dass sie trotz ihrer Hirnverletzung kein geistig behindertes, sondern ein intelligentes, denkendes und fühlendes Mädchen war.

Inhalt:
Zahra ist ein gesundes Kind, aber das Glück ihrer Eltern währt nur kurz. Nach einem Narkosefehler verändert sich das Leben der kleinen Familie von einer Sekunde auf die andere. Die Ärzte geben Zahra auf. Wenn sie überhaupt überleben werde, werde sie wohl für immer stark behindert bleiben. Aber die Ärzte haben nicht mit Zahras Überlebenswillen und mit der Konsequenz der Mutter gerechnet. Adelheid Schär beginnt, wie eine Löwin um ihre Tochter, um jeden Schritt hin zu einem einfacheren Leben zu kämpfen. Tag und Nacht betreut, fördert und therapiert sie Zahra und wenn sie nicht gerade Ausflüge mit ihr unternimmt, ins Therapieschwimmen geht oder neue Pflegerinnen einstellt, befasst sie sich mit Fachliteratur, Eltern und Ärzten mit ähnlichen Erfahrungen und entwirft neue Therapiepläne. Entgegen jeder Prognose lernt Zahra, gestützt zu kommunizieren und so haben wir nicht nur Erlebnisberichte der Mutter, sondern auch Erfahrungen und Gedanken von Zahra selber überliefert. Aus diesen Berichten wird ersichtlich, wie lernfähig das menschliche Gehirn mit dem richtigen und andauernden Training sein kann. Bisherige Erkenntnisse und Überzeugungen werden widerlegt oder in Zweifel gezogen und dies lässt in vielen Fällen die herkömmlichen Behandlungsmethoden, sowie das Abschieben in Heime in einem ganz anderen Licht erscheinen.
Mutig und ehrlich schildert Adelheid Schär den Alltag mit ihrer Tochter, die persönlichen Zwiste, das Schwimmen gegen den Strom, den Kampf um jeden Rappen und um einen Ausbildungsplatz und nicht zuletzt auch die Verzweiflung, die eigenen Grenzen und die Ablehnung der Umwelt.

Meine Meinung:
Dieses Buch hat mich erschüttert. Natürlich mit seinem Inhalt, aber auch mit der liebevollen und ehrlichen Sprache, in der es geschrieben ist und mit Zahras Worten und Gedanken, die berühren und Einblicke in ein Leben geben, das wir uns überhaupt nicht vorstellen können.
Sachlich und medizinisch, aber auch sehr emotional kommt der Schreibstil daher. Es handelt sich aber weder um einen kalten, noch um einen um Mitleid flehenden Bericht. Vielmehr ist es eine ehrliche Dokumentation über Höhen und Tiefen eines sehr kurzen Lebens und zugleich eine medizinische Studie um aufzuzeigen, wie lernfähig das Gehirn sein kann.
Sehr beeindruckend ist die Tatsache, dass Zahre selber auch zu Wort kommt. Sobald sie gestützt kommunizieren kann - sie schreibt, indem eine Therapeutin ihren Arm hält und auf feinste Impulse achtend führt - ist es ihr möglich, ihre Situation zu beeinflussen. Lange Zeit war gar keine Kommunikation möglich später konnte Zahra mit "Ja" und "Nein" antworten und schon bald kam die gestützte Kommunikation dazu. Eine Kommunikation, die es ihr ermöglichte, eigene Gedanken und Gefühle auszudrücken, Wünsche zu äussern und konkrete Forderungen zu stellen.
Diese neue Ausdrucksmöglichkeit zeigt dem Leser aber auch auf, in welcher Lage Zahra sich befindet. Sie ist hochintelligent und realisiert alles, was geschieht und natürlich auch ihre eigene Situation. Diese beschreibt sie auch manchmal als ein Gefängnis. Damit hat sie wohl Recht. Sie ist gefangen in ihrem fast starren Körper und kann sich nur schriftlich und deshalb eher langsam äussern. Der Wunsch nach Freunschaft wird immer grösser in ihr und ihre Einsamkeit und Verzweiflung ging mir wirklich an die Nieren.
Adelheid Schär will mit diesem Buch aufzeigen, dass ein Leben, wie Zahra es führte, durchaus lebenswert sein kann. Dem stimme ich natürlich zu. Wenn man diesen ganzen Aufwand auf sich nehmen kann, ist dieses Leben lebenswert. Zahra hatte sehr viele schöne Momente in ihrem Leben. Vor allem aber gegen Ende ihres Lebens wird klar, wie sehr sie leidet und wie gross ihre Verzweiflung ist. Sie wäre wohl nie an ihrer Grippe gestorben, wenn sie mit 16 Jahren den gleichen Lebenswillen gehabt hätte, wie direkt nach dem Ärztefehler. Deshalb bin ich nach wie vor skeptisch. Ich bewundere Zahra und ihre Mutter um ihren Mut und ihre Kraft. Trotzdem frage ich mich, ob Zahra diese schreckliche Einsamkeit und diese zermürbende Hoffnungslosigkeit vielleicht hätte erspart werden können. Und gleichzeitig verurteile ich mich dafür, dass ich dies überhaupt zu denken wage. Was auf jeden Fall klar ist: so viel Mut müsste besser unterstützt und akzeptiert werden. Wer sich dafür entscheidet, einen Weg zu gehen, wie Adelheid Schär ihn mit Zahra gegangen ist, dem sollten nie und nimmer zusätzlich Steine in den Weg gelegt werden.

Fazit:
Erschüttert und aufgewühlt hinterlässt dieser ehrliche und wahre Bericht den Leser. Er regt zum Nachenken an und tröstet zugleich mit der mutigen Haltung einer Mutter, die das Leben und sich selbst herausfordert und mit der Stärke einer Tochter, die das Unmögliche zwingt, möglich zu werden.

Zusätzliche Infos:
Autorin: Adelheid Schär
Taschenbuch: 280 Seiten
Verlag: elfundzehn
Sprache: Deutsch
ISBN 978-3-905769-24-1

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