Aus aktuellem Anlass

Dirk Bach ist tot. Eponine liest, und schweigt. Gibt dann im Internet Dirk Bach ein und sieht, wie viele Menschen Anteil nehmen. Sie findet es lächerlich, dass so viele Leute es nötig haben R.I.P. in irgendwelchen Foren zu posten und dann noch Texte zu schreiben von wegen "kleiner, dicker Mann ist tot" und "mein Beileid an seine Angehörigen".

Internet sei Dank (oder Fluch) ist es heute möglich, überall Anteil zu nehmen. Nicht nur Promigeburten und Hochzeiten, Babyfotos und Nacktbaden sondern auch privateste Privatmitteilungen werden mit der ganzen Welt geteilt. Freude und Leid. Und genau so oberflächlich und gedankenlos wie das alles im Netz landet, wird es auch kommentiert und am nächsten Tag wieder vergessen. Natürlich stimmt es traurig, wenn eine Persönlichkeit stirbt, die man als Fersehstar gemocht hat, natürlich betrübt der Tod des Lieblingssängers oder -schauspielers und gerade wenn jemand jung stirbt und Kinder und eine liebe Familie hinterlässt und sein Leben lang nur für positive Schlagzeilen gesorgt hat, ist die Betroffenheit gross und grösser. Ist es aber nötig, sein Beileid so auszudrücken? Wenn man die Betroffenen und deren Angehörigen nicht einmal persönlich kannte? Ist es nicht viel sinnvoller, sich vertrauensvoll an einen lieben Mitmenschen zu wenden, wenn ein Tod wirklich betroffen macht und dann im Stillen eine Kerze anzuzünden anstatt einfach eine Nachricht im Irgendwo des Irgendwos zu hinterlassen, nur weil man gerade zufällig darüber gestolpert ist und weil es eben alle so machen?
Und trotzdem sind da die vielen Dinge, die positiv stimmen. Schauspielkollegen und enge Freunde von Dirk Bach kommen zu Wort. Einige sagen nichts, einige schliessen sich den Beileidsbekundigungen an und dann gibt es noch die, welche rühmen, bewundern, loben. Alle diese Menschen, welche das Gute noch einmal hervorheben und zeigen, was genau sie gemocht und geschätzt und worüber sie gelacht und geweint haben. Und dies geschieht immer, wenn eine Person der Öffentlichkeit oder auch generell jemand stirbt. Immer dann, wenn so etwas Tragisches und Unvorgesehenes passiert, kommen Freunde zu Wort, Politiker, andere Prominente und loben posthum noch einmal den Verstorbenen. Und dies ist eine wunderschöne Geste. Schöne Geschichten und witzige Kommentare werden so immer denen in Erinnerung bleiben, die sich wirklich für jemanden interessiert haben.
Nur schade ist, dass erst jemand sterben muss, damit die Welt (und vielleicht auch er selber) erfährt, was an seiner Person und seinem Werk geschätzt wurde. So wie gewisse Musiker zu ihrer Zeit am Hungertuch nagten und als Schwachsinnige abgetan wurden und nun täglich und zu jeder Uhrzeit irgendwo gespielt werden und so, wie gewisse Maler nie auch nur einen Rappen in der Tasche hatten und nun so bekannt sind, dass ihre Bilder aufAuktionen Millionenpreise erziehlen. Diese unglaubliche, an Perversion heranreichende, Entwicklung zur Übertreibung hin macht Angst und verunsichert. Wüssten die Maler, dass ihre Bilder heute teurer verkauft werden, als alles, was sie zu ihren Lebzeiten je besessen hatten und wüssten die Komponisten berühmter Opern, dass Starsopranistinnen pro Abend eine Gage von 30'000 Franken verlangen um aufzutreten, sie würden sich alle im Grab herumdrehen und sich vielleicht sogar fragen, warum sie aus ihren Werken nicht mehr Profit geschlagen hatten. Vielleicht aber auch genau nicht. Und zwar, weil sie alles - ohne je Dank oder Lob oder übermässiges Geld zu erhalten - in erster Linie getan hatten, um des Werkes Willen. Und trotzdem hätten sie es verdient gehabt, dass jemand einmal gesagt hätte, dass sie einfach alle wunderbar, geistreich, beliebt, geliebt und verehrt sind. Genau so, wie es jeder Mensch verdient hätte, für seine Arbeit und seine Person, für seinen Charakter, sein Lachen, seine Fähigkeit zuzuhören, seine Grosszügigkeit, seine Anteilnahme, seinen Humor und allen, allen, allen Dingen, welche an ihm geschätzt werden, gelobt und geachtet zu werden.

Und Eponine greift zum Hörer und sagt jemandem, wie gerne sie ihn mag. Sie schreibt eine SMS und einen Brief. Weil das viel zu selten vorkommt und weil sie genau jetzt in der Stimmung dafür ist, gewissen Menschen einfach einmal zu sagen, was sie an ihnen schätzt. Und gewissen Menschen einfach nur Danke zu sagen. Für alles.
Denn es ist immer das Gute, was bleibt.

2 Kommentare:

  1. Du hast da wirklich wahren Worte aufgeschrieben, und das in einer wundervollen Art sich auszudrücken :)
    Es stimmt, vieles wird gehyped. Und die wichtigen Dinge gehen unter. Das Eigentliche. Doch wenn man, so wie du, von dem Einen zu dem Anderen kommt und die richtigen Schlüsse zieht, dann hat es alles einen Sinn. Oder so ähnlich...
    Danke jedenfalls für deine Gedanken :)

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Vielen Dank für deine lieben Worte, welchen eine aufmerksame Lektüre vorausging.

      Dir wünsche ich einen schönen Sonntag und alles Gute
      Eponine

      Löschen

Ich freue mich über jeden lieben Kommentar, über Anregungen und konstruktive Kritik. Ausserdem möchte ich darauf hinweisen, dass ihr mit Absenden eines Kommentars zur Kenntnis nehmt und zustimmt, dass dabei personenbezogene Daten gespeichert werden.