Habt ihr ein absolutes Lieblingsbuch? Eines, von dem ihr ganze Abschnitte zitieren könnt, eines, welches eure Entscheide und Gedankengänge beeinflusst?
Ich schon.
Und das ist mein Lieblingsbuch:
Der junge Elio lebt mit seiner Familie in einem langweiligen Dorf am Meer. Jedes Jahr empfängt die stille Gruppe Studenten, welche ihre Arbeiten zu Ende schreiben oder einfach in Ruhe lernen wollen. Dieses Jahr trudelt der intelligente, bildschöne Oliver in der italienischen Riviera ein, wo er sein Buch über Heraklit beenden will.
Oliver ist viel älter und verwegener als Elio und hat, wie auch Elio, jüdische Wurzeln. Dies ist nicht die einzige Gemeinsamkeit der beiden Männer. Während Elio Olivers Belesenheit bewundert, schätzt Oliver Elios Musikalität. Gemeinsam verbringen sie viele Stunden und während Elio seinem Gast die Umgebung zeigt und ihn auf einigen Ausflügen begleitet, lernt er den attraktiven Mann viel besser kenne. Denn Oliver ist anders. Er weckt in Elio ein unbezähmbares, verbotenes Verlangen, weist ihn aber mit seiner kalten Art immer wieder zurück. Gefangen zwischen ihren Gefühlen und dem Willen, sich vollständig mit dem anderen zu vereinen und sich somit in den anderen zu verwandeln, beginnt für beide ein schmerzhaftes Spiel voller Liebe und Enttäuschung.
Dieses Buch habe ich in zwei Nächten gelesen und bereits in der zweiten und auch der darauf folgenden dritten Nacht habe ich nur noch geweint. So berührend, so ehrlich, so feinfühlig, dieses Buch hat mich ver- und entzaubert.
Ich bewundere die Wortwahl des Autors, die Fähigkeit, mit wenigen Bildern ganz grosse und abgrundtiefe Gefühle entstehen zu lassen.
Dieses Buch ist ein Sommerbuch. Oder ein Winterbuch voller Sommer.
Ich habe über dieses Buch bislang ausschließlich positive Kritiken gelesen. Ich finde es schon faszinierend, dass Aciman als heterosexueller, verheirateter Mann und Vater von vier Kindern den wohl besten homoerotischen Roman aller Zeiten geschrieben hat. Er hat offenbar die Gabe, sich ganz in die Gefühlswelt seiner Protagonisten hineinversetzen zu können. Es wird Zeit, dass ich das Buch endlich auch einmal lese. Danke für den Hinweis!
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Inka
@Inka
AntwortenLöschenDu hast Recht, es wirkt erstaunlich. Ist es aber nicht. Aciman überzeugt nicht dadurch, dass er ein homoerotisches Buch geschrieben hat - was es meiner Meinung nach auch gar nicht wirklich ist, weil "homoerotisch" immer so nach schwuler Schundliteratur klingt und weil die Sexualität an sich nur ein kleiner Bestandteil der Handlung ausmacht, was in nicht wenigen "Frauenromanen" über Liebe und andere Pannen ganz anders aussieht - sondern weil er sein Handwerk nahezu perfekt beherrscht. Er "beobachtet" seine Protagonisten und vor allem die Gesellschaft sehr genau und beschreibt mit wunderschönen Worten und einem hohen Anspruch an den Leser, was er sieht. Dabei spielen natürlich auch noch die wundervollen Naturbeschreibungen mit, welche die Stimmung herrlich untermalen. Dass es im Buch vor allem um eine Liebe zwischen zwei Männern geht (wobei mindestens einer der beiden sexuelle Höhenflüge mit einer Frau erlebt), spielt fast gar keine Rolle. Es könnte jedes andere von der Gesellschaft nicht akzeptierte "Paar" mit jedem anderen Hintergrund an die Stelle von Elio und Oliver gesetzt werden. Vielleicht ist es auch das, was die Handlung so ergreifend, was mich persönlich so betroffen macht.
Lies es auf jeden Fall. Ich hoffe sehr, dass es dir gefallen wird.
Ganz liebe Grüsse
Eponine