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30 April 2020

Rezension: Caféglück am Meer

Dieses Buch ist ein Rezensionexemplar aus dem Heyne-Verlag, das mich via Bloggerportal erreicht hat. Vielen herzlichen Dank dafür.
Comfort Food Café-Reihe:
5. Caféglück am Meer 
6. Weihnachten mit Zimt und Happy End (erscheint am 8.3.2021)
 
Caféglück am Meer - Debbie Johnson
Beschreibung des Verlages:
Auf ein Stück Hochzeitstorte im Comfort Food Café
Auburn Longville hat ihre wilden Tage hinter sich. Im beschaulichen Budbury, an der Küste Dorsets, hat sie sich im Kreise ihrer Familie niedergelassen und ihr Glück mit Freund Finn gefunden. Doch während sie mit den Vorbereitungen für die Hochzeit einer Freundin beschäftigt ist, bringt ein überraschender Besuch aus ihrer Vergangenheit ihr schönes, geordnetes Leben durcheinander. Denn was niemand weiß: Auburn ist bereits verheiratet und ihr Ehemann will sie nun zurück. Nun muss sie sich entscheiden, wem ihr Herz gehört …

Inhalt:
Im Jahr, das seit "Veranda zum Meer" vergangen ist, hat sich einiges getan. Babyglück und Hochzeitsfieber halten erneut Einzug im romantischen Städtchen Budbury und mittem im Café hält nach wie vor die gute Seele Cherie die Stellung und macht allerlei Menschen mit ihren fantastischen Kuchenkreationen glücklich. Ins Zentrum dieses Bandes wird Auburn Longville, Willows wilde, abenteuerlustige Schwester gerückt. Aus der Sicht von Auburn erleben wir, wie schwer es manchmal sein kann, sich von toxischen Menschen zu lösen und wie viel Wille und Kraft ein verzweifelter Mensch benötigt, um sein Leben selber in die Hand zu nehmen und sich aus einer Sucht zu befreien. Gerade, als Auburn sich glücklich wähnt, taucht jemand aus ihrer Vergangenheit auf, der sie in Gefahr bringt, rückfällig zu werden und sie muss einmal mehr all ihre Kraft zusammennehmen und auf die Unterstützung iher Familie und Freunde zählen.


Meine Meinung:
Endlich wieder durfte ich ins Comfort Food Café zurückkehren und mir den neusten Klatsch und Tratsch erzählen lassen. Ausserdem habe ich immer mal wieder aktuen Hunger auf Cheries fantastische Kuchenkreationen, Scones und Sandwiches bekommen. Im Café sind wir aber mit Auburn nicht mehr so oft, was ich persönlich ein wenig schade fand, aber dafür lernen wir weitere Personen in und um Budbury kennen. Zu erfahren, wie es allen Bewohnern Budburys geht, hat mir besonders gut gefallen und wenn auch dies alles immer ein wenig zu perfekt und kitschig-schön abläuft, so schafft es Debbie Johnson dennoch, ein paar überraschende Wendungen und glaubwürdige menschliche Dramen und Schicksalsschläge einzubauen. Sie stellt mit Auburn eine starke Frau ins Zentrum, die auch schon ganz unten im Leben angekommen war, bevor sie sich aus eigener Kraft und mit viel Durchhaltewillen wieder nach oben gekämpft hat. Die Rückblicke in Auburns Vergangenheit sind sehr realistisch und feinfühlig erzählt und wenn auch das Buch mich nicht ganz so ergriffen hat, wie die anderen Teile, was meiner Meinung nach vor allem daran liegt, dass ich mich mit Auburn bisher am wenigsten identifizieren konnte, weil sie mir bis zum Ende zu unscheinbar blieb, so hat mich dieses in nur zwei Tagen ausgelesene Buch dennoch bestens unterhalten.

Schreibstil:
Manchmal denke ich mir, dass die Cover, Titel und generell die ganze Aufmachung der Reihe diesem vielschichtigen Inhalt nicht ganz gerecht wird (obwohl ich die Cover wunderschön finde). Und zwar deshalb, weil diese Aufmachung leichte (und seichte) Lektüre mit wenig Tiefgang suggeriert. Dem ist aber überhaupt nicht so, denn schon beim ersten Band, in dem die Protagonistin Laura über den Verlust ihres Mannes hinwegkommen muss, habe ich wirklich viel geweint, weil ich ihren Schmerz und ihre Trauer einfach so gut nachfühlen konnte. Vom dritten Band wollen wir gar nicht anfangen, ich habe Rotz und Wasser geheult. Ja, natürlich, auch diese Bücher sind kitschig-süss. Aber Debbie Johnson schafft es, so unendlich tragische Schicksale und so authentische, lebensechte Figuren mit Ecken und Kanten zu kreieren und dies alles dann trotzdem irgendwie in einen positiven, Mut machenden Kontext zu bringen, dass ich einfach immer wieder den Hut vor ihr ziehen muss. Diese Reihe hat es definitiv in sich und auch wenn ich gerade von diesem fünften Band nicht ganz so ergriffen war, so hat Debbie Johnson auch hier wieder total wichtige, menschliche Themen und Verstrickungen aufgegriffen, die man in jedem 08/15 Wohlfühlroman fast nie auch nur annähernd so stimmig erzählt und glaubhaft in die Geschichte eingewoben finden kann.

Meine Empfehlung:
Auch für diesen fünften Band der Reihe spreche ich eine herzliche Leseempfehlung aus und bin froh, meinen Lesemonat April mit diesem Buch beendet zu haben.

Zusätzliche Infos:
Titel: Caféglück am Meer
Originaltitel: Wedding at the Comfort Food Cafe
Autorin: Debbie Johnson ist eine Bestsellerautorin, die in Liverpool lebt und arbeitet. Dort verbringt sie ihre Zeit zu gleichen Teilen mit dem Schreiben, dem Umsorgen einer ganzen Bande von Kindern und Tieren, und dem Aufschieben jeglicher Hausarbeit. Sie schreibt Liebesromane, Fantasy und Krimis – was genau so verwirrend ist, wie es klingt.
Taschenbuch, Klappenbroschur: 352 Seiten
Sprache: Deutsch
Aus dem Amerikanischen von: Hanne Hammer
Erschienen am: 13. April 2020
ISBN: 978-3-453-42428-9

29 April 2020

Rezension: Periode ist politisch

 
Dieses Buch ist ein Rezensionexemplar aus dem Heyne Hardcore-Verlag, das mich via Bloggerportal erreicht hat. Vielen herzlichen Dank dafür.

Periode ist politisch. Ein Manifest gegen das Menstruationstabu - Franka Frei

Beschreibung des Verlages:
Was haben eine deutsche Hausfrau, die dänische Kronprinzessin und eine indonesische Fabrikarbeiterin gemeinsam? Sie menstruieren. Zumindest potenziell, denn sie gehören zu jenem Teil der Weltbevölkerung, der einen Zyklus hat. Die sagenumwobene Menstruation, Periode, Erdbeerwoche oder der Besuch von Tante Rosa machen weder Halt vor Herkunft noch vor Religion oder Klasse. Die Menstruation ist eine faszinierende Körperfunktion, dennoch gilt sie häufig als Tabu, was weitreichende Konsequenzen für die Umwelt, Wirtschaft und Geschlechtergleichstellung hat. Also ab in die Tonne mit dem Tabu! Franka Frei zeigt, wie das Menstruationstabu großen Schaden anrichtet, und dass es höchste Zeit ist, etwas dagegen zu tun.

Inhalt:
In kurzen und flüssig zu lesenden Kapiteln werden nicht nur diverse Periodenprodukte und deren Einsatz, sowie zahlreiche informative Fakten, sondern vor allem auch menstruierende Personen aus verschiedenen Teilen der Welt und ihre Lebensumstände vorgestellt. Die Autorin hat auf ihren Reisen Gespräche mit sehr vielen Menschen geführt und dabei herausfinden und nachvollziehbar aufbereiten können, inwiefern Menstruierenden oft der Zugang zu Bildung, Integration in die Gesellschaft und Selbstbestimmung erschwert oder gar verweigert wird und welche Probleme daraus für ganze Familien, Wirtschaftszweige und Länder entstehen können.

Meine Meinung:
"Periode ist politisch" hat mich fasziniert, sehr gut unterhalten, mit lesenswerten Infos versorgt und mir ein paar Zusammenhänge aufgezeigt, die mir zwar schon bewusst waren, deren Ausmass ich mir aber noch nie so ausführlich vor Augen geführt habe. Besonders gut gefallen haben mir die Vielseitigkeit dieses Buches und der Aufbau, der durch die sinnvolle Einteilung der Kapitel sehr stimmig wirkt. Zuerst wird ganz allgemein erklärt, in welchen Bereichen die Verteufelung der Menstruation seit Jahrhunderten anhält und die Autorin geht dieses Thema äusserst kritisch, aber auch humorvoll an und verleiht fleissig goldene Erdbeeren für diese Menschen/Gruppen, welche menstruierende Personen gezielt diskriminieren, Falschinformationen und Menstruationsmythen verbreiten und sich damit gegen die Wissenschaft, den Fortschritt und die Menschenrechte stellen.
Weiter werden die Steuer auf Menstruationsprodukte, die Werbefarcen von Herstellern ebendieser, die Rechte, Bildungschancen und Zukunftsperspektiven von Menstruierenden in Indien und Pakistan beleuchtet und es wird dargestellt, wie sich Periodenscham und Unterdrückung auf einzelne Personen, Länder, die Wirtschaft und letztendlich uns alle auswirken kann.
Ein kleiner Hinweis an den Verlag, den ich aber nicht in die Beurteilung einbeziehen werde, erlaube ich mir aber hier trotzdem noch zu platzieren: erstaunlich viele Druckfehler haben sich in dieses Buch geschlichen, da hätte ich mir ein genaueres Lektorat gewünscht.

Weshalb ist dieses Buch ein Muss für alle?
Periodenscham geht uns alle an, weil ca. die Hälfte der Weltbevölkerung viele Jahre ihres Lebens menstruiert und trotzdem fast gar nie über dieses wichtige Thema gesprochen wird. Damit wird aber bereits jungen Menstruierenden suggeriert, die Vorgänge in ihrem Körper seien irgendwie komisch und unrein und die damit einhergehenden Symptome seien naturgegeben. Wie aber soll man, wenn dieses Thema stets totgeschwiegen wird, erkennen, was denn eigentlich im Körper abgeht, welche Begleiterscheinungen noch zu erwarten sind und welche bereits gefährliche Symptome für schwere Erkrankungen sein können, die vielleicht einmal von einer Fachperson begutachtet werden müssten? "Stell dich nicht so an, ist doch nur Blut", "Du hast doch nur wieder deine Tage" oder "Das geht halt allen Frauen so" sind nicht nur Aussagen, die fast alle von uns kennen, sondern die erstens eine (wahlweise sexistische und/oder rassistische oder sogar religiös begründete) Herabwürdigung von menstruierenden Personen sind - also vor allem von Frauen, die so oder so schon benachteiligt werden und dann aufgrund ihrer Menstruation zusätzliche Benachteiligungen erleben müssen - sondern zweitens auch gefährlich sein können, weil sie dazu anregen, wichtige Symptome von ernsten Erkrankungen zu ignorieren. Noch heute wird beispielsweise Endometriose auch von Gynäkolog*innen oft nicht erkannt, einige Freundinnen von mir können davon ein Lied singen. Jungen Menstruierenden wird gedankenlos die Pille verschrieben und Alternativen zu Tampons und Binden sind kaum bekannt. Nur, wer sich aber ganzheitlich informieren und dann aus einem breiten Angebot auswählen kann und nur wer aufgrund der Menstruation keine Benachteiligung in der Ausbildung und beim Ausüben eines Berufs, aber auch in einer Beziehung, religiösen Gemeinschaft, im Verein und generell im Privatleben erfährt, kann sein Leben als Mensch vollwertig und gleichberechtigt leben. Genau in diese Richtung, also hin zu Aufklärung, Information, breitem Austausch und Ländergrenzen überwindender Gemeinschaft appelliert und arbeitet dieses Buch, weshalb ich es euch allen sehr gerne empfehle.

Meine Empfehlung als Fazit:
"Periode ist politisch" ist informativ, umfassend und sehr verständlich geschrieben und deshalb in meinen Augen ein Buch, das wirklich von allen Menschen, egal welchen Geschlechts und Alters, gelesen werden sollte. Komplexe und weitreichende gesellschaftliche und strukturelle Zusammenhänge und Schwierigkeiten werden aufgezeigt und können allen Leser*innen ins Bewusstsein rufen, dass eine - in unseren Augen - kleine Menge Blut eben nicht überall auf der Welt die gleiche Bedeutung hat.

Zusätzliche Infos:
Titel: Periode ist politisch. Ein Manifest gegen das Menstruationstabu 
Autorin: Franka Frei, 1995 in Köln geboren und im österreichischen Salzburg aufgewachsen, wurde quasi aus Versehen zur Expertin auf einem Gebiet, das sie seitdem nicht mehr loslässt. Seit ihrem Bachelor-Abschluss im Fach Angewandte Medien und dem plötzlichen Viral-Gehen in den sozialen Medien ist sie Menstruationsaktivistin – ein Vollzeitjob, der selbst im hippen Berlin Fragezeichen in die Gesichter zeichnet. Wenn sie nicht gerade in der Gender Studies-Vorlesung an der Humboldt-Universität sitzt, hält Franka Frei Vorträge an Universitäten, Volkshochschulen und Festivals im In- und Ausland und tritt bei Science Slams auf.
Hardcover, Pappband: 256 Seiten
Sprache: Deutsch
Erschienen am: 02. März 2020
ISBN: 978-3-453-27265-1

20 April 2020

Mein SuB kommt zu Wort, 20.4.2020

"Mein SuB kommt zu Wort"
Und schon wieder ist es ein Weilchen her, seit ich SuBrina an die Tastatur gelassen habe. Es war Januar, wir waren topmotiviert und in der Zwischenzeit habe ich schon wieder zwei Aktionen von Anna verpasst. Aber heute sind wir mit dabei, ohne grosses Geplänkel. Los, SuBrina, zeig ihnen unsere Fortschritte :-)

Wie groß bist du aktuell (Du darfst entscheiden, ob du nur Print oder eBook & Print zählst)?
Hallo ihr Lieben, hier wird fleissig abgenommen und mein Frauchen und ich sind ein besseres Team als je zuvor. Ihr erinnert euch vielleicht: bei meiner letzten Wortmeldung im Januar "wog" ich noch 132 Bücher und nun sind es nur noch 117.

Wie ist die SuB-Pflege bisher gelaufen – zeig mir deine drei neuesten Schätze auf deinem Stapel!
Hier darf gejubelt werden!!! Livia hatte im Februar und April Neuzugänge, die sie aber sofort gelesen hat und im März hatte sie sogar einen komplett neuzugängefreien Monat und somit ist seit Anfang Jahr kein einziges Buch auf meinem Stapel gelandet, im Gegenteil: heute erst hat mein Frauchen ausgemistet und meine Regale von sind nun wieder wunderschön eingeräumt (und es sind nur noch vier volle und ein fünftes, halbvolles, Regalbrett, wo vor einigen Wochen noch sieben volle Regalbretter waren). Partyyyyyyy🎉

Welches Buch hat dich als letztes verlassen, weil es gelesen wurde? War es eine SuB-Leiche, ein Reihen-Teil, ein neues Buch oder ein Rezi-Exemplar und wie hat es deinem Besitzer gefallen (gerne mit Rezensionslink)?
Zuletzt hat mein Frauchen "Kein Teil der Welt" von Stefanie de Velasco gelesen und war begeistert davon. Das Rezensionsexemplar wurde uns bereits im Oktober ganz überraschend vom KiWi-Verlag zugesandt und Livia hat es sich erst jetzt gegönnt, tztz... Aber bei Rezensionsexemplaren, die ihr unangefragt zugesandt werden, fühlt sie sich jeweils nicht verpflichtet, die Bücher auch sofort zu lesen, was sicher in Ordnung geht so.

Lieber SuB, die letzten Wochen waren vermutlich für niemanden leicht, deswegen möchte ich heute ein Buch oder Bücher sehen, welche deinen Besitzer*in auf jeden Fall zum Lachen bringen werden – egal ob Humorbücher oder lustige Romane oder einfach leichte Lektüre – alles ist erlaubt.
Oh, sehr gute Frage und mein Frauchen wollte auch unbedingt unterhaltsame Bücher lesen in dieser Zeit. Was ist passiert? Zwei humorvolle Bücher ("Die kleine Sommerküche am Meer" und "Totentracht") hat mein Frauchen abgebrochen, geliebt hat sie "Kein Teil der Welt", das die Geschichte einer jungen Frau, die bei den Zeugen Jehovas aufwächst, beschreibt und "Das Paradies meines Nachbarn", das unter anderem den Krieg im Iran thematisiert. Was lernen wir daraus? Keine Unterhaltung mehr...nein, Spass bei Seite. Frauchen wird bis zum nächsten Mal "Der Hundertjährige, der zurückkam, um die Welt zu retten" von Jonas Jonasson lesen. Das Buch hat sie von ihrem Bruder zu Weihnachten bekommen und ich werde es ihr in die Leseecke legen.

Und wie sieht es bei euch aus? Wie hoch stapelt ihr? Und was habt ihr euren Frauchen aufs Nachttischchen gelegt? Wir haben am Wochenende Stöberzeit eingeplant und schauen bei allen von euch vorbei, versprochen.

Alles Liebe und wir lesen uns
SuBrina und Livia

19 April 2020

Rezension: Kein Teil der Welt

Dieses Rezensionsexemplar wurde mir bereits im Oktober ganz überraschend vom KiWi-Verlag zugesandt, vielen Dank. Ich bin froh, dass ich nun endlich dazu gekommen bin, das Buch zu lesen.

Beschreibung des Verlages:
Vom Aufwachsen in der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas.
Klug, rasant und herzzerreißend: Stefanie de Velascos aufrüttelnder Roman gibt Einblick in eine verborgene Welt und erzählt von einem Emanzipationsprozess, der sämtliche Fundamente zum Einstürzen bringt.
Ein ostdeutsches Dorf kurz nach der Wende. Die junge Esther wurde über Nacht aus ihrem bisherigen Leben gerissen, um hier, am anderen Ende der Republik, in der alten Heimat ihres Vaters, mit der Gemeinschaft einen neuen Königreichssaal zu bauen. Während die Eltern als Sonderpioniere der Wachtturmgesellschaft von Haus zu Haus ziehen, um im vom Mauerfall geprägten Osten zu missionieren, vermisst Esther ihre Freundin Sulamith schmerzlich.
Mit Sulamith hat sie seit der Kindheit in der Siedlung am Rhein alles geteilt: die Fresspakete bei den Sommerkongressen, die Predigtdienstschule, erste große Gefühle und Geheimnisse. Doch Sulamith zweifelt zunehmend an dem Glaubenssystem, in dem die beiden Freundinnen aufgewachsen sind, was in den Tagen vor Esthers Umzug zu verhängnisvollen Entwicklungen führt. Während Esther noch herauszufinden versucht, was mit Sulamith geschehen ist, stößt sie auf einen Teil ihrer Familiengeschichte, der bislang stets vor ihr geheim gehalten wurde.
Poetisch, wortgewandt und mit unwiderstehlicher Kraft führt uns dieser Roman in eine Welt, die mitten in der unsrigen existiert und dennoch kein Teil von ihr ist. Und stellt eine unvergessliche junge Frau ins Zentrum, die alles daran setzt, selbst darüber zu bestimmen, welche Erzählungen ihr Halt geben.

Meine Meinung:
Nachdem ich etwa zwanzig Seiten lang nicht genau wusste, wie ich die Geschichte einordnen sollte und auch ein wenig irritiert war, weil ich so mitten im Geschehen landete und keinerlei Bezug zu Ort und Zeit hatte - ihr wisst ja, Klappentexte lese ich in der Regel nicht, hier würde ich es aber wirklich empfehlen, weil diese Umstände ansonsten erst nach und nach klar werden, obwohl es meiner Meinung nach wichtig ist, sie zu kennen - zog mich Stefanie de Velasco mit bildhaften, passend gewählten Worten, einer bewegenden Geschichte, zwei starken, jungen Protagonistinnen und weiteren, facettenreichen Figuren in ihren Bann. Dabei geschieht eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Machenschaften und Strategien einer solchen Glaubensgemeinschaft, die auch aufzeigt, wie schwer es Mitgliedern - und dabei vor allem Kindern und Jugendlichen, die bereits in diese Strukturen hineingeboren worden sind - gemacht wird, die sich aus dem emotionalen Gefängnis und der menschgemachten Abhängigkeit dieser Gemeinschaft lösen wollen. Wir erleben ausserdem, wie mit Menschen umgegangen wird, welche hinterfragen und mit Menschenverstand argumentieren, welche damit anecken und gegen herrschende Hierarchien aufbegehren.

Sprache:
Stefanie de Velasco schreibt unendlich wortstark und weiss genau, wovon sie erzählt, hat sie doch auch einen Teil ihrer Kindheit und Jugend bei den Zeugen Jehovas verbracht und den Ausstieg aus dieser toxischen Gemeinschaft geschafft. Ihre Schilderungen sind beklemmend und regen zum Nachdenken an und gleichzeitig ist es mir teilweise sogar gelungen, mich in beide Seiten einzufühlen und - zumindest ganz wenig - zu verstehen, wie solche Sekten funktionieren, wie Menschen "gefischt" werden und was die Beweggründe dahinter sein können. Wie wir alle wissen, dass der Glaube an einen Gott, eine Religion, eine gewisse Spiritualität Halt geben kann und das darf auch so sein und ist sicher sogar gut. "Kein Teil der Welt" regt dazu an, zwischen einem positiven, stärkenden Glauben und einer toxischen, unterdrückenden Gemeinschaft zu unterscheiden, was ich persönlich sehr wichtig finde. Die Beschreibung von Esther und ihrer besten Freundin Sulamith, sowie von den vielen Beziehungen (zu den Eltern, Geschwistern, Lehrpersonen, Freund*innen) möchte ich besonders hervorheben, weil die berührend und sehr vielschichtig gestaltet sind und viel zur Stimmung im Buch beitragen.

Meine Empfehlung:
Nach wenigen Seiten hat mich dieses Buch in seinen Bann gezogen, berührt und schockiert. Dies lag an der grandiosen, bildhaften Sprache und der bewegenden Verknüpfung von autobiografischen Erfahrungen und gekonnten Charakterstudien. "Kein Teil der Welt" ist genau deswegen ein sehr, sehr lesenswertes Buch, das ich euch allen herzlich empfehlen möchte.

Zusätzliche Infos:
Titel: Kein Teil der Welt
Autorin: Stefanie de Velasco, geboren 1978 im Rheinland, studierte Europäische Ethnologie und Politikwissenschaft. Sie schreibt regelmäßig für das Berliner Stadtmagazin Zitty, für die FAS und ZEIT Online. 2013 erschien ihr Debütroman »Tigermilch«, der in zahlreiche Sprachen übersetzt und für das Kino verfilmt wurde. 
Sprache: Deutsch
Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen: 432 Seiten
Erscheinungstermin: 10.10.2019  
ISBN: 978-3-462-05043-1

13 April 2020

Rezension: Das Paradies meines Nachbarn

 
Dieses Buch ist ein Rezensionexemplar aus dem btb Verlag, das mich via Bloggerportal erreicht hat. Vielen herzlichen Dank dafür.

Das Paradies meines Nachbarn - Nava Ebrahimi

Beschreibung des Verlages:
»Salam, hier schreibt Ali-Reza. Ich kannte ihre Mutter gut und verfüge über einen Brief, den ich Ihnen überreichen soll. Es ist wichtig. Für Sie mindestens so sehr wie für mich.«
Ali Najjar glaubt, seine Vergangenheit weit hinter sich gelassen zu haben. Er ist längst in Deutschland angekommen, als Produktdesigner erfolgreich. Der Iran, Teheran, seine Familie sind für ihn eine fremde Welt. Dann erreicht ihn die Nachricht eines Unbekannten. Und alles, woran er bislang festgehalten hat, gerät ins Wanken.

Inhalt:
Ali Najjar und Ali-Reza, zwei Männer, die auf den ersten Blick nicht viel verbindet. Und dennoch nimmt Ali-Reza mit Ali Najjar Kontakt auf, woraufhin für Ali Najjar und seinen Angestellten Sina eine Reise nach Dubai beginnt, welche die drei Männer alle dazu bringt, über ihr eigenes Leben, ihre Vergangenheit, über das Gefühl von Heimat, Wurzeln und Familie und über ihre soziale Verantwortung und individuelle Schuld nachzudenken.

Meine Meinung:
Immer wieder habe ich gelesen, wie schwierig es wäre, in dieses Buch hineinzufinden. Für mich hat sich das überhaupt nicht so angefühlt, ganz im Gegenteil. Die sehr poetische Sprache hat mich in eine Welt entführt, die mir fremd ist. Eine grausame und bittere Welt, eine Welt voller Krieg und Schmerz, aber auch eine Welt, in der es aufrichtige Liebe zwischen zwei Menschen gibt, Anerkennung, Wertschätzung und Bewunderung. Ali Najjar ist Sinas neuer Chef und Sina ärgert sich über diesen scheinbar kaltherzigen, arroganten und karriereorientierten Mann, der seine Vergangenheit als Kindersoldat nutzt, um Aufmerksamkeit zu generieren und seinen beruflichen Erfolg zu steigern. Doch bald sieht Sina hinter Alis Fassade und beginnt, sein eigenes Leben zu hinterfragen. Und so, wie Sinas Blick auf Ali sich verändert, rückt auch das unsichtbare Band, das drei Männer scheinbar zufällig miteinander verbindet, mehr und mehr in den Vordergrund und eine Geschichte, die weit in die Vergangenheit reicht, kommt ans Tageslicht.

Schreibstil:
Nava Ebrahimi ist es gelungen, eine poetische und packende Sprache zu kreieren, welche tragische und fesselnde Familiengeschichten erzählt und gleichzeitig von der inneren Schönheit von Menschen und ihrer Heimat berichtet. Wundervoll konstruierte Sätze ergänzen sich zu einer Geschichte, die erst gegen Ende erkennen lässt, worauf sie abzielt und die eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Themen "Schuld" und "soziale Verantwortung" beinhaltet und zum Nachdenken und Diskutieren anregt. Auch wenn die Figuren insgesamt ein wenig im Schatten bleiben und mehr Wert auf die Innen- als auf die Aussensicht gelegt wird, empfinde ich dies vielleicht sogar als grösste Stärke dieses Buches: jede Figur hat ihren ganz eigenen und unverwechselbaren Charakter, ist aber äusserlich nahezu komplett austauschbar und steht somit auch für eine ganze Generation an Menschen, die von den im Buch behandelten Themen betroffen sind und waren.

Meine Empfehlung:
Von mir gibt es eine herzliche Empfehlung für dieses fesselnde und bewegende Buch, das in einer wundervollen Sprache eine Geschichte aus fernen Ländern erzählt, die es in sich hat und die Figuren beschreibt, deren Leben von grausamen Ereignissen, einschneidenden Entscheidungen und ganz grossen menschlichen Gefühlen geprägt wurde.

Zusätzliche Infos:
Titel: Das Paradies meines Nachbarn
Autorin: Nava Ebrahimi, 1978 in Teheran geboren, zählt zu den aufregendsten Stimmen der deutschsprachigen Literatur. Für ihren ersten Roman »Sechzehn Wörter« wurde sie mit dem Österreichischen Buchpreis, Kategorie Debüt, sowie dem Morgenstern-Preis ausgezeichnet. Nava Ebrahimi studierte Journalismus und Volkswirtschaftslehre in Köln und arbeitete als Redakteurin bei der Financial Times Deutschland sowie der Kölner Stadtrevue. Sie war Finalistin des Open Mike und Teilnehmerin an der Bayerischen Akademie des Schreibens. Nava Ebrahimi lebt mit ihrer Familie in Graz.
Sprache: Deutsch
Hardcover mit Schutzumschlag: 224 Seiten
Verlag: btb Verlag
Erschienen am: 24. Februar 2020 
ISBN: 978-3-442-75869-2

09 April 2020

Abbruchrezension: Totentracht

 
Totentracht - Alexander Rieckhoff, Stefan Ummenhofer

Beschreibung des Verlages:
Vom Ku'damm zum Damwild – Marie Kaltenbachs Einstieg als Kommissarin in der Schwarzwälder Heimat beginnt eher mittelprächtig: Auf dem Weg zur Arbeit fährt sie erst mal ein Reh um, und mit ihrem neuen Kollegen Karl-Heinz Winterhalter liegt sie sich schon vor Dienstbeginn in den Haaren. Und dann gibt's direkt einen Mord! Ein Mann in Tracht liegt erdrosselt in einer Gruft – und ausgerechnet Winterhalters Sohn ist beim Geocaching über die Leiche gestolpert. Dass die beiden Hauptkommissare bei der Suche nach dem Mörder versehentlich in einer Ehetherapie landen, macht die Sache auch nicht gerade besser. Denn der Fall, den sie zu lösen haben, führt sie in dunkle Abgründe ...

Inhalt:
Die Kommissarin Marie Kaltenbach wird in den Schwarzwald, ihre Heimat, versetzt und gerät schon ziemlich bald mit ihrem Berufskollegen Karl-Heinz Winterhalter aneinander. Sie landen ausserdem bereits am ersten gemeinsam Arbeitstag mitten in einer Mordermittlung in der Kunstszene und erkennen schon bald, wie sehr sie persönlich involviert sind in diesen Fall. Zwischen Befangenheit, schwarzwälder Traditionsbesessenheit, konservativer Homophobie, politischen Verstrickungen und düsteren Geheimnissen entwickelt sich auch noch das Privatleben der beiden Kommissare eher unglücklich und bringt Marie Kaltenbach und Karl-Heinz Winterhalter um den Schlaf und in Erklärungsnot.

Meine Meinung:
Vielleicht war das einfach nicht mein Humor, vielleicht ist das Buch aber auch wirklich nicht witzig... Obwohl ich einige Formulierungen als sehr gelungen empfand, waren mir ansonsten fast alle Szenen ein wenig zu plump gestaltet. Ausserdem wird die Ermittlerin Marie Kaltenbach - bekennende und äusserst anstrengende Veganerin, die ausserdem nicht nur rückfällig, sondern auch stets auf ihren Veganismus reduziert wird - als ziemlich naiv, fast schon dümmlich dargestellt, während der konservative und homophobe Ermittler Karl-Heinz Winterhalter stets sehr bedächtig, bodenständig und erfolgreich auftritt. Vielleicht ist es auch diese stereotype und veraltete Rollenverteilung, die mich nervt? Obwohl es Kaltenbach ist, welche die Ermittlungen in eine entscheidende Bahn bringt, was Winterhalter sogar gönnerhaft bemerkt? Ich kann es nicht sagen, denn ich habe mich für einige Dialoge so sehr fremdschämen müssen, dass ich die unrealistische Ermittlungsarbeit, die zudem die Menschen im Schwarzwald schlecht wegkommen lässt (Kommissare, welche nur von Vetternwirtschaft profitieren, stets einen über den Durst trinken und neben allen kuriosen Techniken auch noch die Arbeit der SpuSi teilweise mehr schlecht als recht übernehmen), einfach nicht ernst nehmen können. Ausserdem war der stets in den Hintergrund rückende Fall so komplett langweilig erzählt, dass ich nicht einmal die letzten paar Seiten gelesen habe, um zu erfahren, wie der Täter ermittelt wird.

Fazit:
Nach 208 von 381 Seiten habe ich dieses Buch abgebrochen, weil einige wirklich intelligente und amüsante Wortgebilde, sowie der grundsätzlich sehr leichte Schreibstil leider nicht über die ansonsten sehr plumpen Flachsereien und stereotypen Figuren und die unrealistisch dargestellte Ermittlungsarbeit hinwegtrösten können.

Zusätzliche Infos:
Titel: Totentracht
Autoren: Alexander Rieckhoff, Stefan Ummenhofer
Sprache: Deutsch
Paperback: 381 Seiten (davon habe ich 208 Seiten gelesen)
Verlag: Bastei Lübbe
Ersterscheinung: 30.08.2019 
ISBN: 978-3-431-04131-6

01 April 2020

Lese-Statistik März 2020

Hallo ihr Lieben

Wie geht es euch denn so? Der März hatte es Corona-technisch ja definitiv in sich und ich habe zwei Wochen lang keine Seite gelesen, weil es so viel zu organisieren, klären und planen gab und weil mein Kopf ein fröhliches Gedankenkarussesl veranstaltete (und immer noch manchmal tut). Deshalb gibt es am Ende der Lese-Statistik noch ein kleines Geplaudere aus dem Leben, das sowohl ein wenig Gejammere, als auch einen Ausblick in meine persönliche Zukunft beinhaltet, wer also des Jammerns satt ist, soll doch gerne einfach nur bis zum Ende der Statistik lesen ;-)

Meine im März gelesenen Bücher:
Im März habe ich drei Bücher gelesen, ein Buch abgebrochen und unzählige Bücher begonnen oder Stück für Stück fortgesetzt. Bei den gelesenen Büchern war ein absoluter Flop, eine bewegende und unterhaltsame Lektüre und eine Sammlung berührender und komplett aus dem Leben gegriffener Briefe, die mich begeistert hat. Nun also zu den einzelnen Büchern:

Eine liebevoll gestaltete Briefesammlung, die berührt und mit spannenden Hintergrundinfos punktet:

Ein Roadtrip von Italien nach Bosnien, eine bewegende Familiengeschichte und viel schwarzer Humor:

Ein Buch, das komplett ohne Spannung, Logik und Mehrwert auskommt, weg damit:

Nach 42 Seiten abgebrochen, das war total langweilig, schade:

Alle Rezensionen im Überblick:

Und hier noch einmal alle Zahlen:
Gelesene Bücher: 3
Abgebrochene Bücher: 1
Somit in die Leseeule: 4 Franken
Gelesene Seiten: 868
Durchschnittliche Seitenzahl pro Tag: 28 Seiten
Geschenkt bekommene Bücher: -
Buchprämien: -
Rezensionsexemplare: -
Gekaufte Bücher: -
Eingesammelte Bücher: -
Gesamte Neuzugänge: - immerhin :-)
SuB am Monatsbeginn: 127
Aktueller SuB: 125 (im letzten Monat gingen wohl die beiden Rezensionsexemplare bei der Zählung vergessen)
Differenz: -2

Und was im Leben gerade so läuft:
Abgesehen von der Sorge um liebe Menschen, die mich seit einigen Wochen umtreibt, bin ich auch beruflich in einer kleinen Krise angelangt. Mein Job ist kein Beruf, sondern eine Berufung, ich bin sehr eng damit verknüpft und trenne privat und beruflich nicht sehr strikt, da es manchmal weder möglich, noch sinnvoll ist. Ihr könnt euch nun sicher vorstellen, dass der Boden unter den Füssen schon bedenklich wackelt, wenn man als freischaffende Musikerin plötzlich vor der Situation steht, dass nahezu sämtliche Jobs bis auf unbestimmte Zeit abgesagt werden. Klar geht es den meisten Selbstständigen gerade nicht sehr gut, aber effektiv nicht mehr arbeiten zu können und dürfen, ist noch einmal eine andere Hausnummer und zwar vor allem deshalb, weil es nicht wirklich Alternativen gibt. So sind nämlich auch online-Konzerte mit meiner Reichweite weder lukrativ, noch spannend, respektive vom Aufwand und meiner technischen Ausrüstung her gar nicht möglich. Und während andere Selbstständige noch munter Online-Shops einrichteten und Gutscheine für ihre Restaurants und Produkte bastelten, stand ich dann plötzlich ziemlich vor dem Nichts, da sich auch die Planung weiterer Konzerte nicht ganz einfach gestaltet. Aktuell geht nämlich kein Veranstalter das Risiko ein, Konzerte, die lediglich ein paar Monate in der Zukunft liegen, einzukaufen, also bleibt der Kalender  bis vielleicht sogar Ende Jahr ziemlich leer...
Meine Festanstellungen an zwei Musikschulen retten mir gerade ein wenig den Allerwertesten und auch wenn ich da nur 50% angestellt bin, habe ich die letzten zwei Wochen sechs Tage pro Woche online unterrichtet, vorbereitet, Begleitstimmen und Playalongs vorbereitet (Kammermusik ist online aufgrund der Latenz und der starken Auslastung des Netzes oft nur bedingt möglich) und bearbeite täglich zahlreiche tolle, inspirierte und inspirierende Videos meiner Schülerinnen und Schüler. Was aber, wenn das noch länger geht und auch die Pensen an den Musikschulen massiv schrumpfen? Es ist mir bewusst, dass ein bis zwei äusserst magere Jahre auf ein ca. 80jähriges Leben gerechnet nicht sehr viel sind und dass wieder bessere Zeiten kommen, aber dies alles bedroht mich jetzt und hat mir ein wenig den Schlaf geraubt, gelesen habe ich fast nichts und dass "Cold Case" (das ich anfangs März, vor der grossen Ernüchterung, gelesen habe) leider wirklich ein Schuss in den Ofen war, hat sicher nicht dazu beigetragen, meine Lust auf Bücher zu steigern.

Wie weiter?
Ich wäre wohl nicht ich, wenn ich nach der anfänglichen Krise (und sorry, ein wenig Panik, Selbstmitleid, Existenzangst und Heulkrampf gehören halt manchmal auch dazu), nicht einfach weitergemacht hätte. Wie genau? Die Zeit, die ich mit dem Vorbereiten von Unterrichtsstunden verbringe, wird von Woche zu Woche weniger, nähert sich sogar langsam ein wenig der Stundenzahl an, die ich lediglich arbeiten müsste, auch wenn diese Zahl wohl nie erreicht sein wird... Aber die Sache wird mehr und mehr zum Selbstläufer, die Kinder und Jugendlichen sind motiviert dabei und auch wenn ich weit davon entfernt bin, meine Bude auszumisten, eine Sprache zu lernen oder meinen SuB nun komplett abzubauen (seriously, wie macht ihr das im Homeoffice? Ist die Idee von "Homeoffice" nicht, dass man trotzdem arbeitet?), kann ich mich nun endlich wieder mir, meinen Büchern, meinen Pflanzen, meinem Körper, meiner Gesundheit und meinem anderen Job widmen und Musik machen. Meine Fertigkeiten auf dem Instrument wollen nicht einfach nur konserviert, sondern stetig weiterentwickelt werden und so plane ich dort weiter, wo es sicherer ist, dort, wo Hoffnung auf eine musikalische Zukunft auf mich wartet. Im April und Oktober 2021 sind bereits Konzerte geplant, aktuell erarbeite ich Sololiteratur und plane mit einer Freundin Wohnzimmer-Comeback-Konzerte. Da wir beide Solostücke lernen, sind wir nicht auf gemeinsame Proben angewiesen, sobald die Bestimmungen aufgehoben oder gelockert werden, können wir bei Bekannten die Wohnzimmer, Ateliers und aktuell leerstehenden Konzerträumlichkeiten mit Musik erfüllen und dies - da wir das Repertoire bis dann in den Fingern haben - sozusagen ohne Vorlauf. Die Absprachen laufen, das Programm wird zusammengestellt, die Instrumente glühen vom Eifer, mit dem wir die neuen Stücke hungrig verschlingen. Täglich versende ich Mails und Dossiers, bin mit Veranstaltern im Gespräch, aber auch mit Versicherungen, Freunden und Bekannten, es bleibt genug zu tun.

Kurz gesagt:
Es geht weiter, es ist einiges ungewiss, aber noch mehr in Planung, es gibt Hoffnung, es geht wieder aufwärts und auch wenn nicht einfach alles schön und gut ist, wenn es noch ein Weilchen äusserst aufreibend und auch nicht wirklich vorhersehbar bleiben wird, werde ich hoffentlich bald wieder von positiven Ereignissen berichten können und bin aktuell natürlich vor allem froh, dass meine Lieben gesund sind, dass wir einigermassen privilegiert mit der Situation umgehen können, dass es uns an nichts mangelt und dass wir nun tatsächlich auch die eigenen vier Wände einmal richtig ausnutzen dörfen ;-)

Bitte nehmt es mir nicht übel, dass ich euch so lange keinen Besuch abgestattet, dass ich euch wieder und wieder vertröstet habe und auch jetzt nicht weiss, wann ich dies alles aufholen kann. Aber ich werde es machen, versprochen und ich freue mich darauf, nur habt noch ein wenig Geduld, ich möchte mir dann nämlich richtig Zeit nehmen und den Austausch mit euch wieder längerfristig reger gestalten und ihn vor allem auch geniessen.

Passt auf euch auf, bleibt gesund, lasst mir die Links zu euren Posts da, ich komme auf jeden Fall vorbei.
Alles Liebe
Livia