Beschreibung des Verlages:
Ein junger Lehrer verzweifelt an der
Skrupellosigkeit seiner Schüler und muss feststellen, dass auch er
selbst nicht frei von Schuld ist. Als er schließlich in einen Mordfall
verwickelt wird, kann er sein Gewissen nicht länger verleugnen …
Wie Fred Uhlman in ›Der wiedergefundene Freund‹ (detebe 23101) und
Alfred Andersch in ›Der Vater eines Mörders‹ (detebe 23608) erkundet
Horváth in seinem Meisterwerk die Geburt des Faschismus aus dem Ungeist
deutscher Schulen im frühen 20. Jahrhundert – und erzählt zugleich eine
packende Kriminalgeschichte, die in den Bann schlägt.
Meine Meinung:
Ich weiss noch, dass im Gymnasium einige meiner Klasse dieses Buch in Kleingruppen gelesen haben und weil ich mich damals schon sehr für deutschsprachige Kriegs- und Nachkriegsliteratur interessiert habe, habe ich nach und nach einige unserer damaligen Klassen- und Gruppenlektüren bestellt und werde auch immer wieder einzelne davon lesen.
"Jugend ohne Gott" hat mich an die Abgründe der menschlichen Seele geführt, mich mit Spannung und einer durchs Band düsteren Atmosphäre gepackt. Der Protagonist, der junge Lehrer, wird so authentisch dargestellt und steht doch für eine ganze, wegschauende Gesellschaft, die ihre eigene Schuld nur schwer oder erst zu spät eingestehen kann und so dafür sorgt, dass noch mehr unschuldige Menschen leiden müssen.
Auch die einzelnen Schüler, die immer über die Stränge schlagen, Grenzen ausreizen und überschreiten und dabei gedankenlos die rassistischen Parolen ihrer Eltern nachplappern, passen so gut in dieses Bild des hier geschilderten katastrophalen, nationalistischen Schulsystems, welches nur dazu gedacht war, neue Krieger heranzuzüchten. Anonym, schnell, skrupellos.
Und so beginnt der Lehrer zu zweifeln. An sich, an Gott, an der Menschheit und wie es der Titel schon sagt wird dieser eigentlich so dringend benötigte Gott in einer schweren, brutalen, ungewissen Zeit so dringend vermisst und zwar vor allem in Form von Anstand, Moral, Respekt und Toleranz.
Meine Empfehlung:
Ich empfehle dieses grandiose, gesellschaftskritische Buch mit Sogwirkung sehr, sehr gerne weiter. Wer Angst vor einem zu komplexen Inhalt hat, kann ich beruhigen: ein eindrücklicher Nachruf von Klaus Mann und drei autobiografische Skizzen des Autors lassen Inhalte und Zusammenhänge noch klarer erscheinen und machen vor allem den Autor und seine Seelenwelt richtiggehend fassbar.
Zusätzliche Infos:
Titel: Jugend ohne Gott
Autor: Ödön von Horváth, 1901 im ungarischen Fiume geboren, schrieb im Alter
von 14 Jahren seinen ersten deutschen Satz. Von Berlin, wo er mit seinen
›Geschichten aus dem Wienerwald‹ große Erfolge feierte, floh er nach
der Machtübernahme der Nationalsozialisten zunächst nach Wien und
emigrierte später über Budapest und Prag nach Paris. In seinem Spätwerk,
den Romanen ›Jugend ohne Gott‹ und ›Ein Kind unserer Zeit‹, setzte er
sich mit dem Faschismus auseinander. 1938 wurde Horváth auf den
Champs-Élysees während eines Gewitters von einem Ast erschlagen.
Taschenbuch: 176 Seiten
Sprache: Deutsch
Verlag: Diogenes
Erschienen am: 01. April 2009 (diese Ausgabe)
ISBN: 978-3-257-23914-0
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