Die blinde Kommissarin - Patrizia Rinaldi
Klappentext:
Es ist Herbst in Neapel. Blanca Occhiuzzi, Hauptkommissarin der örtlichen Polizei - schön, charismatisch und blind - wird immer dann gerufen, wenn ein Fall aussichtslos erscheint. Als der bekannte Musiker und Lebemann Jerry Vialdi ermordet wird, gibt es viele, die ein Motiv haben. Zu viele. Ein Fall für Blanca und ihr besonderes Gespür für menschliche Abgründe. Lüge und Täuschung: Niemand macht der Kommissarin etwas vor, denn Stimmen lügen nicht. Diese Gabe bringt oft den Erfolg. In diesem Fall bringt sie Blanca jedoch in höchste Gefahr...
Inhalt:
In Neapel geht es hoch her. Ein Mordfall erregt grosse öffentliche Aufmerksamkeit. Beim Opfer handelt es sich um niemand geringeren als einen bekannten Schlagersänger. So erstaunt es nicht, dass auf dem Polizeipräsidium selber bald die vertraktesten Gerüchte die Runde machen. Hat man es mit einer Serie zu tun? Warum wählte der Mörder ein leeres Fussballstadion, um seine Leiche zu drapieren? Was haben Jerry Vialdis Frauengeschichten mit dem Mord zu tun und geht es am Ende vielleicht doch nur um Geld?
Dieser sehr stille Krimi beschreibt ein Feld der Kriminalarbeit, das sonst eher zu kurz kommt. Blanca Occhiuzzi, die blinde Hauptkommissarin, führt uns nämlich in ihre Welt ein, in der sie die Augen mit ihrem Gehörsinn ersetzt und so noch feinste Nuancen in Stimmen und Geräuschen heraus filtert, erkennt und vergleichen kann. Diese Eigenschaft macht sie zu einer unverzichtbaren und nicht zu täuschenden Ermittlerin.
Meine Meinung:
Ich wollte dieses Buch unbedingt lesen, weil mich die Geschichte über eine blinde Kommissarin interessierte. Ausserdem finde ich das Cover wunderschön und sehr geheimnisvoll und wollte das Buch unbedingt in meinem Regal stehen haben. Nur leider wurde ich dann sofort ein wenig enttäuscht. Ich hatte es mit einem sehr rätselhaften, stillen, unpersönlichen, nicht überaus spannenden und sehr, sehr ungewöhnlichen Krimi zu tun, erfuhr aber fast nichts über Blanca, die laut Klappentext und Titel eigentlich die Protagonistin hätte sein sollen.
Generell werden die Personen sehr wenig ausgeleuchet und ich hatte bis am Ende grosse Mühe, die Namen auseinander zu halten und mich zurecht zu finden. Dass aber Blanca nur ab und zu am Rande erwähnt wird, hat mich dann schon sehr negativ überrascht. Sie ist zwar - neben Kommissar Martusciello und den Zeugen und Verdächtigen - die einzige Figur, die man als Leser nach Hause begleitet und bei der man etwas über ihr Privatleben erfährt. Trotzdem kommt sie nicht einmal in der Hälfte der Kapitel vor und ihre Rolle, die sie im Aufklärungsdrama um den Mord an Vialdi spielt, ist verhältnismässig klein. Sie trägt zwar einiges zur Auklärung bei und liefert immer wieder wichtige Informationen, darf sich aber selber fast gar nicht an den Ermittlungen beteiligen und erhält von der Autorin nicht die ihr gebührende Aufmerksamkeit, was ich sehr, sehr schade finde.
Spannung im eigentlichen Sinne ist aber in diesem Buch nicht wirklich vorhanden. Wer schnelle Unterhaltung und Wortwechsel erwartet, ist mit "Die blinde Kommissarin" nicht gut beraten. Viel mehr wird eine sehr filligrane Stimmung erzeugt, die durch ihre poetische Sprache eine subtile "Spannung" kreiert und ihren grossen Vorteil vor allem in den rätselhaften Hinweisen findet. Auch die vom Mörder erzählten Kapitel tragen sehr viel zur gewollten Verwirrung bei. Nur leider wurde diese nie ganz aufgelöst und der Schluss kam so überraschend und irgendwie erzwungen, dass das Buch bei mir einen komischen Nachgeschmack hinterlassen hat.
Sprache und Handlung:
Eine unglaublich poetische, sehr ausgeklügelte aber leider nicht genug ins Detail beschreibende Sprache ist der grosse Pluspunkt dieses Buches. Patrizia Rinaldi hat definitiv das Zeug zur grossartigen Autorin, sie konnte aber mit diesem Kriminalroman nicht annähern ihr ganzes Potenzial ausschöpfen.
Die an sich wirklich gute Idee dieser Geschichte wird mit zu vielen verwirrenden und sich nicht wirklich ergänzenden Passagen immer wieder aufgebrochen und die Protagonistin wird viel zu wenig thematisiert. Auch macht es für mich keinen Sinn, einen so starken Titel zu wählen und dann die blinde Kommissarin als zerbrechliche und zweifelnde Figur darzustellen.
Fazit:
Eine Aneinanderreihung fantastischer schriftstellerischer Elemente wie der tollen Idee, der faszinierenden und sehr stimmungsvollen Sprache, der an sich interessanten aber zu wenig ausgearbeiteten Figuren und der so gut gewählten Landschaft, die aber leider überhaupt kein italienisches Flair verbreiten kann, obwohl sich das wirklich angeboten hätte, machen einfach noch kein gutes Buch aus. Es fehlt vor allem an der zu Ende gedachten Umsetzung, was ich wirklich sehr schade fand.
Zusätzliche Infos:
Autorin: Patrizia Rinaldi
Taschenbuch: 224 Seiten
Sprache: Deutsch
Originalsprache: Italienisch
Übersetzt von: Ulrike Schimming
Verlag: ullstein
ISBN 978-3-548-28613-6
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