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09 Dezember 2010

Weihnachtskrimi Folge 9


Der nächste Tag verlief ohne Zwischenfälle aber auch ohne irgendwelche Erkenntnisse. Die Ermittlungen blieben nahezu stecken und die Launen taten es ihnen gleich. Es schneite ohne Unterlass, es wurde immer häufiger auf weisse Weihnachten spekuliert und die Temperaturen sanken über Nacht ins bodenlose.
Forchel gönnte sich an diesem Abend einen Drink mit seinem langjährigen Freund und Nachbar Adam Lasser.
Die beiden suchten eine nahe gelegene Bar auf und setzten sich ein wenig abseits vom Geschehen an einen Tisch.
Sie bestellten Bier und hängten ihre Mäntel an den Garderobenständer.
„Na Bruno, wie läufts so?“, fragte Lasser bald einmal.
Forchel beantwortete ihm die Frage wie gewöhnlich mit „Gut“ und liess dann sogleich noch eine Schilderung seiner momentanen Arbeitssituation folgen.
Lasser hörte aufmerksam zu und schüttelte immer wieder angewidert oder verständnislos den Kopf.
Er, der seinen einzigen Sohn bei einem Autounfall verloren hatte, wusste, wie es war, plötzlich ohne Kind dazustehen.
„Wie kann man nur. Wie viel Hass und Enttäuschungen muss man als Eltern erlebt haben, um seine Kinder zu hassen?“, fragte er still vor sich hin.
„Denkst du, dass sie ihre Tochter hassten?“
„Warum sonst hätten sie so reagieren sollen“, erklärte Lasser.
„Vielleicht hatten sie sich einfach nichts mehr zu sagen. Wie in einer Beziehung, auseinander gelebt“, warf Forchel ein.
„Aber nicht bei Kinder. Eine Beziehung kann zerbrechen, eine Freundschaft kann im Sand verlaufen. Aber ein Kind bleibt immer ein Kind. Und wenn es nicht mehr da ist, dann ist es, wie wenn ein Teil des eigenen Körpers plötzlich fehlt“, er brach ab.
„Adam, ich weiss, dass dies bei dir so war. Aber ich kann mir vorstellen, dass Dinge passieren, welche so grausam sind, dass wir sie beide nicht verstehen können. Ich denke, dass dies auch hier der Fall war. Je länger ich mich damit beschäftige, desto dringender will ich wissen, was passiert ist, warum es so weit gekommen ist.“
„Ich finde es gut, dass du dich mit diesem Thema beschäftigst. Es ist sehr wichtig, dies zu verstehen. Ich könnte mir vorstellen, dass diese Eltern-Kind-Beziehung ein Schlüssel zu Auflösung des Falles ist“, sagte Lasser.
„Du hast gesagt, dass sie auch sonst keine Freunde oder Verwandte hatte?“. ergänzte er seine Überlegungen.
„Nichts“, antwortete Forchel, „keine weiteren Familienmitglieder, keine Freunde, keine Beziehung. Die Frau war total abgeschottet.“
„Wen wollte sie wohl damit schützen. Sich selber, oder ihre Umgebung?“
„Dies“, antwortete Forchel, „dies werden wir erst wissen, wenn wir den Fall gelöst haben.“
„Wenn du den Fall gelöst hast“, lächelte Lasser.
„Also gut, ich löse ihn“, scherzte Forchel.
„Auf dich“, sagte Lasser und hob sein Glas.
Forchel stimmte mit ein und die beiden redeten noch die halbe Nacht.

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