Rezension: Die Liebe, das Glück und ein Todesfall

Die Liebe, das Glück und ein Todesfall - Kerry Fisher

Beschreibung des Verlages:
Maia stellt keine hohen Ansprüche ans Leben, aber etwas mehr als eine Sozialwohnung und ein Couchpotato-Mann wäre schön. Mit diversen Putzstellen versucht sie, ihre kleine Familie über Wasser zu halten – umso tiefer sitzt der Schock, als sie erfährt, dass ihre Lieblingskundin, eine nette Professorin, verstorben ist. Doch dann die Überraschung: Maia wurde im Testament bedacht, vielmehr: Maias Kinder. Aus dem Nachlass soll das Geld für eine teure Privatschule bestritten werden. Und plötzlich finden sich Maia und ihre Kinder in einer Welt wieder, in der ein Leben ohne Bio-Obst und Geigenunterricht undenkbar ist – und in der ein hinreißender Lehrer Maias Herz höher schlagen lässt ...

Meine Meinung:
Ich kann fast nicht zum Ausdruck bringen, wie gut mir dieses Buch gefallen hat und warum genau es sich so sehr von der teilweise doch sehr fantasielosen, immer gleichen, manchmal leider fast lächerlich vorhersehbaren Masse aus sogenannter "Frauenliteratur" abhebt. Ich beginne ganz vorne mit dem ersten Eindruck. Leider, leider ist das Cover so schlicht (aber trotzdem wunderschön), dass ich fast nicht auf das Buch aufmerksam geworden wäre und es sogar fast ein wenig auf meinem SuB habe vergammeln lassen. Zum Glück wurde ich rechtzeitig darauf aufmerksam und konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Ich bin ehrlich: in zwei Wochen habe ich mein Abschlusskonzert das gleichzeitig meine letzte Prüfung dieses Masters ist und ich habe eigentlich wirklich keine Zeit zum Lesen. Ich lese momentan nur, wenn ich im Bus unterwegs bin oder manchmal im Zug, wenn ich mich von meinen anderen Arbeiten loseisen kann oder ein, zwei Seiten vor dem Einschlafen. Aber irgendwie habe ich in diesem Buch immer gelesen. Beim Zähneputzen, beim Kochen, auf dem Weg zur Bushaltestelle...
Und was ich dabei entdeckt habe, war eine fantastische, fesselnde, kreative, tragisch-komische Geschichte voller ganz grosser Gefühle und dem ganz normalen Alltagswahnsinn.
Maia ist mit ihrem schrecklichen Colin schon lange zusammen und hat zwei Kinder mit ihm. Sie schmeisst den Haushalt, hält die Familie so ganz knapp mit Putzjobs über Wasser und koordiniert das Familienleben und er hängt zu Hause herum, beleidigt und blamiert sie, wo er kann und ist dabei so hilflos und abstossend, wie man nur sein kann.
Maia erbt zwar viel Geld, wie im Klappentext beschrieben, sie erhält dieses Geld aber nicht, damit es Colin nicht verspielen oder nicht für unnötige Ausgaben aus dem Fenster werfen kann, sondern die teure Privatschule, für die das Geld gedacht ist, bekommt dieses Geld direkt überwiesen.
Maia, für die Bildung etwas vom Wichtigsten ist und die ihren Kindern das bestmögliche Leben ermöglichen will, ist davon total begeistert, hat aber auch so ihre Bedenken. Die Probleme gehen nun nämlich erst richtig los. Zickenmütter, die sich für etwas Besseres halten, teure Schulmaterialien, Colin, der sich zwar kurz zusammen reisst, dann aber immer mehr Probleme macht, ihre Kinder, die alles haben wollen, das ihre reichen Freunde auch haben... Maia verzweifelt fast. Und diese Verzweiflung, dieser tatsächliche Kampf ums Überleben, diese Ohnmacht und die Mutterliebe, die sind so gut spürbar, dass es schmerzt, dass man mitleidet, dass man ihr ein paar Scheine zustecken möchte, dass man einfach nur mitfühlt und ganz genau versteht, was in ihr vorgeht.

Schreibstil und Handlung:
Den Schreibstil kann ich nur als unglaublich fesselnd und eindringlich beschreiben. Es gibt so viele Momente, in denen man Maia, die mutige Kämpferin und Alltagsheldin, einfach in den Arm nehmen möchte, in denen es mir beim Lesen so oft eng in der Brust wurde und ich leer schlucken musste und jede ihrer noch so schwerer Entscheidungen im Alltag nachvollziehen konnte, obwohl ich selber so ein komplett anderes Leben leben darf und obwohl ich sie manchmal gerne geschüttelt hätte. Und dann gleich wieder getröstet, weil es manchmal wirklich keinen anderen Ausweg gab, als das kleinste Übel zu wählen. Es ist faszinierend, wie sich die Figur der Maia während der Geschichte verändert, wie sie Stärke und Mut und Optimismus aufbringt, wo ich schon lange aufgegeben hätte, wo sie sich so kreativ zu helfen weiss, dass man sie nur bewundern kann.
Zum Glück hat Maja ihre warmherzige, chaotische, an- und zupackende Freundin Clover an ihrer Seite. Clovers Kinder gehen ebenfalls auf die Privatschule, aber Clover und Maia verstehen sich von Anfang an sehr gut. Die Sprache von Kerry Fisher schafft es, einen ganz anderen Charakter zu erschaffen, der trotzdem von Herz zu Herz mit Maias Charakter verbunden ist. Grundsätzlich sind die Beschreibungen authentisch, bunt, einfühlsam und so total kreativ, dass man einfach aus jedem Wort, jedem Satz, die Liebe zum Erzählen erkennen kann.
Auch die Handlung ist wunderbar gestaltet und aufgebaut. Das ist nämlich eines der bisher nur ganz wenigen "Frauenbücher" bei denen ich das Ende nicht auf das letzte Detail genau vorhersehen konnte. Ganz im Gegenteil. Ich wurde gegen Ende noch einmal richtig überrascht.
Auch der grundsätzliche Aufbau unterscheidet sich von anderen Romanen. Es passiert so viel, auf den vierhundert Seiten. So viel Handlung, so viel Dialog, so viel Witz, so viel Tragik, so viel Fantasie und trotzdem wirkt das Buch nie, nie, nie überladen. Es überwiegen die schwierigen Seiten, es ist kein leichtes Buch, es gibt so viele Momente, in denen alles kurz vor dem Zusammenbruch steht und das ist so fesselnd, so berührend, so eindringlich und es stimmt wirklich nachdenklich.

Meine Empfehlung:
Lest bitte dieses wunderbar erzählte, tragische, berührende und tiefgründige Buch, das trotzdem so witzig ist und unterhaltsam und das so viel Liebe beinhaltet, dass man die Figuren einfach ins Herz schliessen muss. Ihr werdet begeistert sein.

Zusätzliche Infos:
Titel: Die Liebe das Glück und ein Todesfall
Originaltitel: The School Gate Survival Guide
Autorin: Kerry Fisher, die fließend Italienisch, Spanisch und Französisch spricht, ist in Peterborough aufgewachsen und lebt heute mit ihrem Ehemann, ihren zwei wundervollen Kindern und dem Familienhund Poppy in Surrey. Im Anschluss an ihr Studium an der Bath University hat sie an der City University ein Aufbaustudium zur Journalistin absolviert – um nach einigen Jahren in ihrem vermeintlichen Traumjob zu erkennen, dass sie in Wahrheit vom Bücherschreiben träumt. Mehr Informationen zur Kerry Fisher unter: www.kerryfisherauthor.com und www.facebook.com/kerryfisherauthor.
Taschenbuch: 416 Seiten
Sprache: Deutsch
Originalsprache: Englisch
Übersetzt von: Marie-Luise Bezzenberger
Verlag: Goldmann
Erschienen: 14.03.2016  
ISBN: 978-3-442-48213-9

2 Kommentare:

  1. Huhu!
    Wenn dir das Buch von der Autorin gefallen hat, dann solltest du unbedingt ihr neues Ein wunderbarer Sommer lesen. Habe es gerade rezensiert und es ist noch besser als dieses.
    Lg Sonja

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    1. Liebe Sonja

      Vielen Dank für den Tipp, ich habe es bereits auf meine Wunschliste gesetzt.

      Alles Liebe
      Livia

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